Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/7
Das Bürgerhaus in der Schweiz (7. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Glarus
Zürich, 1919
Seite: XXXV
(PDF, 15 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_07_1919/0037
Art als die vielen, die dort in den letzten
Dezennien des 18. Jahrhunderts durch reich
gewordene Kaufherren errichtet worden
waren, nicht in die Höhe, sondern in die
Breite entwickelt, hat nur Parterre und
einen Stock, und jenes enthält bereits die
allerbequemsten Wohnzimmer. Dieser räumlichen
Orientierung entsprechen der weite
Korridor, die grossen Fenster und die angenehme
Verteilung der übrigen Zimmer,
während am Äussern die lange Linie des
schön geschwungenen, zeltförmigen Daches
und der leichte, kleine Dreieckgiebel auffällt
, der sich hübsch davon abhebt. Das
alles weist auf fremden und zwar auf holländischen
Einfluss. Der Bauherr Dr. med.
Joh. Heinrich Trümpi, Bruder des vorgenannten
Kirchenvogtes Fridolin, war
jahrelang als Militärarzt in Holland gewesen
und, mit einer Holländerin, Gertrud
Offarel, verheiratet, 1807 heimgekehrt. 1811
bezog er sein schönes, ungemein behagliches
neues Haus, und im selben Jahre wurde
er daraus abberufen. Später gehörte es
durch Jahrzehnte Dr. Jenny, Vater und
Sohn, woher der Name; heute ist es im
Besitz von Kaufmann Speich-Angst. Beachtenswert
ist das schöne Portal mit flach-
bogig überhöhter, von hübsch geschnitzter
Säule geteilter Türe und rundbogigem Ab-
schluss, dessen Oberlichtgitter ein. Geflecht
nach einfachem Stabmotiv zeigt.

Das Haus Wild - Von der Krone in Mit-
lödi. 1829—30. Dieses Haus, das nördlichste
des Dorfes an der alten Strasse, ist der vollendete
Typus eines kleinern Bürgerhauses
im Empirestil. Kein anderes im Kanton
spiegelt die damals in Frankreich herrschende
Bauweise so rein und klar wieder
wie dieses. Da ist nichts mehr zu sehen
von all den Prunkformen des 18. Jahrhunderts
, den Schweifungen, Ausbauchungen
und Krümmungen an Portalen, Fenstern und
Gesimsen, wie die schöngeistig angehauchte,
leichtlebige Gesellschaft der Aufklärungszeit
sie liebte. Vielmehr fügt sich die ganze
Formgebung der nüchternen Strenge des
kühl vornehmen Klassizismus. Die Front
sieht in der Hauptsache einfach aus: zwei
Stockwerke mit fünf Fenstern in der Breite
tragen ein niedriges, giebelloses, nach allen
Seiten geradlinig abgeschnittenes Dach.

Reich und kunstvoll dagegen ist die Mitte
der Front mit dem Eingang gestaltet. Das
Haus lehnt sich an den Abhang über der
Strasse, so dass die Frontseite beträchtlich
tiefer liegt als die Rückseite. Nun führt
von unten ein breiter, aus wuchtigen Quadersteinen
erbauter Treppenaufgang gleichzeitig
von rechts und links zur Haustüre
empor, und der geräumige, von schweren
Säulen gestützte Podest, der hiedurch entsteht
, ist malerisch überragt von einem weit
vorspringenden, kräftig profilierten Balkon
oder Terrassenbau, der getragen ist von zwei
schönen, nach oben sich verjüngenden und
mit polsterförmigen Kapitalen abschliessenden
Rundsäulen, glatten Monolithen, welche
die ganze Höhe des Stockwerkes einnehmen.
Ein einfaches schmiedeeisernes Geländer umgibt
die aussichtsreiche Terrasse, die man
von dem in der Mitte des ersten Stockes
(Frontseite) gelegenen Saale betritt. Diesem
Treppen- und Balkonvorbau ist ein mit Gesträuchern
bepflanzter kleiner Garten vorgelagert
, zu dem ein stattliches, von Säulen
flankiertes Gitterportal führt, und im Treppenunterbau
zwischen die Stützpfeiler eine zierliche
, rundbogige Brunnennische eingebaut,
die jenem etwas von der Wucht seiner
Schwere benimmt. In der Höhe endlich
schliesst ein breites, rundbogiges Dachfenster
, das an die Stelle des Giebels tritt, den
ganzen Mittelbau harmonisch ab.

Auch im Innern trägt alles das Gepräge
der Empirezeit: die Gipsdecken mit antikisierenden
Stukkaturen, die runden, weissen
Öfen, im Saale die farbenprächtigen Bildertapeten
mit flotten, phantasiereichen Schilderungen
von Tropenlandschaften, Palmenhainen
, Panterjagden, Negerkämpfen und
dgl. ähnlich denen in der „Wiese" in Glarus
(S. XXV), alle noch im Glanz der ersten
Frische strahlend. Nicht weniger stimmt
zum übrigen auch das ganze Mobiliar der
Hauptzimmer, das noch bestens erhalten ist,
wie es 1830 von Paris gekommen: Kanapee,
Fauteuils, Chiftönieren, Konsolen, Tafelklavier
, ein Sekretär mit schwarzen Säulchen
und vergoldeten Kapitälchen u. s. f., alles
einheitlich, stilrein und unverdorben.

Der Erbauer, Johann Heinrich Wild von
Mitlödi, geb. 1785, war als Knabe mit unter
den 1200 armen, infolge der Anwesenheit
fremder Kriegsheere im Kanton vom Hunger-

XXXV


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