http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_07_1919/0038
tode bedrohten Kindern gewesen, denen das
Erbarmen der Miteidgenossen in den Städten
der Mittel- und Westschweiz Aufnahme gewährte
. Er hatte als eines der letzten in
Genf bei einer Familie de Saussure Zuflucht
gefunden, wurde dort tüchtig geschult und
kam dann nach Paris, wo er Anstellung
fand, bald ein eigenes Geschäft errichten
konnte und sich durch Fleiss und Tüchtigkeit
allmählich zu bedeutendem Wohlstand
emporschwang. 1829 kehrte er mit seiner
Familie nach Mitlödi zurück, baute sich sein
schönes Heim und widmete seine Mussezeit
dem öffentlichen Dienst als Richter, Ratsherr
und Landseckelmeister, bis er hochbetagt
1869 starb. Das Haus blieb seither unverändert
und pietätvoll gehütet in der Hand
seines nunmehr 88jährigen Sohnes alt Ratsherr
Kaspar Johann Heinrich Wild - Von
der Krone.
Portale. Ausser den bei den einzelnen
Häusern schon charakterisierten Portalen
verdienen noch Erwähnung das schmiedeeiserne
Gartentor beim Haus zum „Wiesli"
von Oberrichter Bartlome Heinrich Tschudi
in Glarus. Es befand sich ursprünglich an
der Umfassungsmauer des 1763 erbauten,
aber 1861 beim Brand untergegangenen,
durch imponierende Grösse und vornehmen
Zuschnitt sich auszeichnenden, reichen, stolzen
Hauses „Hof", das mit seinem Treppen-
türmchen und dem Wahrzeichen vier hoher
Pappeln die mit der Bahn in Glarus Ankommenden
zuerst begrüsste. Es besteht
aus einem von mächtigen Sandsteinsäulen
mit blumenkorbartigen Aufsätzen umrahmten
, hohen, dreiteiligen Gitter, das, ein
schönes Werk der Kunstschlosserei im Barockstil
, im Schmuck hübsch gegliederter,
von Zierfiguren durchwobener Stabreihen
prangt. Bronzierte Girlanden wallen belebend
von der Mitte der Felder herab, und
über der malerisch geflochtenen Bekrönung
schwingt sich leicht und frei eine über dem
ganzen Gitterwerk schwebende grössere
Girlande, zwischen welcher sich als abschliessende
Spitze eine zierliche Vase erhebt
(Tafel 35). — 2. Am Doppelhaus im
„Kleinrunsingen" in Ennenda, das Grosskaufmann
Kaspar Jenny 1780 für sich und
seinen Schwiegersohn, den nachmaligen
Kantonsrichter und helvetischen Senator
Joh. Jakob Becker, erbauen liess, tragen
die nebeneinander stehenden Haustiiren in
ihren Oberlichtern den Schmuck schön geschlungener
, mit Barockverzierungen verschnörkelter
schmiedeeiserner Gitter, in
die beim einen die Initialen C J, beim andern
die Jahrzahl 1780 eingeflochten sind
(Tafel 56). — 3. Das Tafel 57 abgebildete
steinerne Portal, das sich an Stelle eines
frühern hölzernen Türgerichtes am nördlichen
Heimwesen „Im Halten" in Ennenda
befindet (Besitzer Oberrichter Fr. Dinner-
Becker) und am Sturz die Jahrzahl 1849
trägt, hat die Beachtung der Architekten
um der Verzierungen willen gefunden,
welche sowohl die Gewände als den Sturz
in reichem Masse umspielen. Leicht und
zierlich winden sich Weinranken und Trauben
um das harte Gestein und wallen bis auf
den Sockel nieder, als wollten sie den Besucher
zu den Genüssen eines reich assortierten
Kellers einladen. In das Bild bringt das
davon umschlossene schmiedeeiserne, aus
kreisförmigen Reifen geflochtene Gitter im
Oberlicht eine angenehme Abwechslung.
Schluss.
Die im Vorangehenden vorgeführte Auslese
von Glarner Bürgerhäusern wird jeden
von der grossen Mannigfaltigkeit der künstlerischen
Anschauung und des Geschmackes
der dabei betätigten Bauherrn und Baumeister
überzeugt haben. Aus allen aber,
selbst aus denen, welchen fremde Einflüsse
anzuspüren sind, spricht eine tiefe Heimatliebe
, alle tragen, wie der Glarner sich ausdrücken
würde, ein landliches, d. h. heimisches
Gepräge und sind dem Charakter des
Landes und Volkes angepasst. Die hohen
Giebel scheinen mit den Bergen an Kühnheit
und Schwung der Linien wetteifern zu
wollen. In der Klarheit der innern Einteilung
, die an den Reihen zusammengeschlossener
Fenster so frei nach aussen zutage
tritt, dass man von der Strasse her in
die Häuser hineinsieht und erkennt, was
sich darin abspielt, spiegelt sich der ehrliche,
offene, arglose Sinn, der nichts zu verbergen
hat, und die muntere Aufgeschlossenheit und
XXXVI
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_07_1919/0038