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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_08_1920/0032
die Stadt auch die erste Probe mit der
aerostatischen „Luftkugel" Montgolfiers, die
er 1784 mit Hilfe der Herren zu Schützen
bewerkstelligte.

Der französische Einfluss auf die Bürger
in Nahrung, Kleidung und Sitten macht
sich durch das ganze 18. Jahrhundert auch
im Bauwesen geltend. Die dem Umbau oder
der Renovation unterworfenen Objekte erhielten
Zopfstil, vom feinsten Louis XV. bis
XVI. Die Vorbilder holte man sich aus
Paris oder bei den in französischen Diensten
gestandenen Mitbürgern. Das Holztäfer des
16. und 17. Jahrhunderts verschwindet in
einzelnen Räumen, um dem Brusttäfer Raum
zu geben. Die Holzplafonds weichen der
hohlkehle- und stabumzogenen Gipsdecke,
die je nach der Würde des Raumes figuralen
oder ornamentalen Schmuck trägt. Pariser
Tapeten und Damast bezogene Panneaux
kleiden die Wände. Entsprechend ist Mobiliar
und Beschläge, das in ihren Formen, wo
nicht direkt aus Paris, etwas massiger, ortsüblicher
ist.

Eine Bestätigung, dass es auch im 18.
Jahrhundert exorbitante Bauüberschreitungen
gab, finden wir in dem von Werkmeister
Vit. Rey aufgestellten Voranschlag einer
Renovation des Engelbergerhauses am Kapellplatz
, dat. 1769. Rey verlangt unklagbar
3400. — Gld., allerdings mit dem Zusatz
„was man dermallen sächen kann". Der
Umbau dauerte dann 10 Jahre und verschlang
die Summe von 11000.— Gld. Rey forderte
noch 1163. — Gld. über die Vertragssumme
hinaus.

Was die Fundamentalfragen der Baumethode
betrifft, so scheint man sich in
etwas örtlich modifizierter Art, in der Materialherstellung
, der Bau Orientierung etc.,
dem unter Cäsar Augustus amtierenden
Kriegsingenieuren und Architekten Vitruvius
angeschlossen zu haben. Naturproben verschiedener
Bindemittel im Vergleiche mit
Manuskripten aus dieser Zeit, lassen auf ein
solches Rezeptieren deutlich schliessen.

Der 1792 von Franz Xaver Schumacher
publizierte Stadtplan von Luzern zeigt die
Stadt in ihrem französischen Stuckfassaden-
gewande.

Die meisten um das Weichbild der Stadt
gruppierten Familiensitze resp. deren Landhäuser
entstammen (auf alter Baustelle) der

Mitte des 18. Jahrhunderts und ihre Bauart
ist demgemäss französischen Charakters.
So: Reussport, Fluhmatt, Allen winden, Hitz-
lisberg, Oberlindenfeld, Oberlochhof, 1745,
Hünenberg, Ebikoner Schlössli, Dorenbach,
Uttenberg, 1756, Dietschiberg, Lützelmatt,
Schlössli, Seeburg, rechts der Reuss; und
links derselben: Guggi, Himmelrich, Steinhof
, Steghof, Sternmatt, Rodtegg, Birregg
(bekannt durch Baronin v. Krüdener), All-
mendli, Untergeissenstein 1756 und Wein-
bergli, ehem. Aufenthalt der Karline Weibel.
Die Landhäuser Tripschen, Stutz, Kastanienbaum
und St. Niklausen erhielten in diesen
Jahren zeitgemässe Änderung.

1783 errichtete der Rat im Gymnasium
unter Melchior Wyrsch von Buochs, gewesenem
Direktor der Malerakademie in
Besancon, die erste öffentliche Zeichen-, Mal-
und Modellierschule, zur Heranbildung tüchtiger
Meister. Sein Nachfolger als Professor
war 1796 der an der Wienerakademie gebildete
Augustin Sclimid von Schussenried,
der dem bau- und geometrischen Zeichnen an
der Schule volle Aufmerksamkeit widmete.
Dem feinsinnigen Künstler verdankt Luzern
verschiedene Panoramen in Acqua tinta,
Lithographie und Aqu arell, sowie einen Stadt-
grundriss und verschiedene Bauprojekte zur
Verschönerung des Stadtbildes.

Luzern wurde 1798—99 die Hauptstadt
der helv. Republik. Die innern Parteikämpfe
bis 1833 waren für die Baugeschichte nicht
erspriesslich. Der Bauwert der Häuser verdoppelte
sich gegen Ende des Jahrhunderts.
Man bezahlte für ein mittleres Wohnhaus
3000-5000 Gulden.

XIX. Jahrhundert: Die französische Revolution
, mit der das Jahrhundertende sich
mit dem folgenden verbrüderte, in Freiheit
und Gleichheit, schuf auch in Kunst und
Wissenschaft jene mondäne Verflachung, die
sich vorab im Stile des „Biedermeier" bekundete
, um sich nachher einer professoral
theoretischen Wiedergeburt der Klassik hinzugeben
. Die Stadt Luzern scheint dieser
Neuordnung der Dinge augenscheinlich bis
zur Mitte des 19. Jahrhunderts teilnamslos
gegenübergestanden zu haben, was in Betracht
der politischen Komplikationen nichts
Aussergewöhnliches war. Umso schmerz-

XXX


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