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da man den Palast zum Rathause bestimmte.
1578 den Jesuiten abgetreten, erhielt er durch
einen Luzerner den Dachstuhl und nahm in
seinem Westflügel die erste Jesuitenkirche
auf. 1588 erfolgte der Bau der zweiten Jesuitenkirche
, eingeweiht 1591, an Stelle der
Zunfthäuser zum Affenwagen und zu Safran,
zur Rechten des Palastes, die aber schon
sechsundsiebzig Jahre nachher baufällig-
keitshalber abgetragen werden musste. Den
Ersatz fand sie durch die 1667—1678 erbaute
dritte Kirche zu St. Xaver, reussaufwärts.
Die Kollegiumsbauten, heute der Kantonsregierung
als Verwaltungsgebäude dienend,
entstanden 1756 als Ost- und 1757 als Westflügel
durch Jakob Singer aus Ehrenberg,
Tirol, so dass der Rittersche Palast sich nun
als Mittelbau präsentiert. Der südliche halbrunde
Grossratsaalbau entstand 1841—43
unter der Leitung des Architekten Berry
von Basel, an Stelle der dort ehemals offenen
Loggien des Hofes.
Sind die Architektur- und Steinmetzarbeiten
des Gebäudes ganz vorzügliche zu
nennen, so trifft dies bei deren Versetzarbeit
nicht zu, da der Bau in den kritischen Jahren
die Meisterhände wechselte. Zweifellos sind
die feinen Skulpturen der äussern Fensterstürze
, sowie diejenigen der innern Türgewände
und der Treppentore, der bewährten
Künstlerhand des unglücklichen Meisters Lyn
zuzuschreiben, der als Spezialist berufen
wurde. Die Schönheit und Zartheit der trefflich
komponierten Renaissanceornamentik
vermag heute noch den Beschauer so zu
faszinieren, dass er die „verpfuschte" Versetzarbeit
übersieht, Pilasterkapitäle stimmen
nicht auf die Verkröpfungen und den Schaft,
Ornamente und Rosetten sind barbarisch verstümmelt
, die Treppenstufen und Tragvoluten
nebst Doggengeländer passen nirgends zusammen
. Diese Fehler sind dem damaligen
Stadtwerkmeister zuzuschreiben, und man
begreift es, wenn sich Meister Peter in einer
Eingabe von 1561 beim Rate gegen denselben
wehrt und sagt: „ Wan diser Werckmeister
sich daruff nüt verstadt als wenig als ein
kind" und: „Lerne er auch zwölf Jar wie
ich, und mache dan werck wie ich."
Die Baute erreichte ihre planierte, private
innere Raumeinteilung nicht und ihre Fassade
entstand nur bis zum zweiten Stockwerk. Die
nach der Zweckentfremdung zusammengestellte
Architektur ist Konglomerat, entstanden
aus den in der Steinmetzhütte fertig
liegenden Werkstücken und Skulpturen, mit
Zuzug von Teilen etwas späteren Geschmak-
kes. Bis zur Verwendung des Baues als
zeitweiliges Rathaus, scheint derselbe als
eine Art Steinbruch verwendet worden zu
sein. Herrührend aus dem Gesetze der Kom-
munalbeisteuer erlaubt 1559 der Rat dem
Schultheissen Jost Pfyffer, „das Stein werk
ab Schultheiss Ritter sei. Hus, an sin hus
zu verwenden." Ein steinernes Prunk-
chemine'e befindet sich gegenwärtig auf
Schloss Schauensee und der im Hofe vorgesehene
Brunnen wanderte in die Sakristei
der 1678 erbauten Kirche zu St. Xaver, wo
ihm eine reiche barocke Stuckumrahmung
ward. Andere Teile dürften am Rathause
Kornmarkt Verwendung gefunden haben.
Doch trotz alledem bleibt der Rittersche
Palast in seiner stolzen Rustika, einer der
hervorragendsten Bauzeugen aus Luzerns
Vergangenheit.
Haus Willmann
am Kapellplatz.
Tafel: 22.
Der Bautyp des im Laufe der Zeit durchgreifend
modifizierten Hauses gehört der
Renaissance an. Durch Gerichtsschreiber
Martin Schryber 1509 als gotisches Steinhaus
erbaut, bildete es mit dem einige Jahre
jüngeren Hertenstein- (Holbein) Hause den
Eingang zum Platze unter den Bäumen
(Sternenplatz). 1591 von Pauli Stalder an
Justina von Hertenstein verkauft, erwarb
es im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts
Schultheiss Ludwig Schumacher, mit noch
zwei anstossenden Steinhäusern, die er mit
dem Eckhause niederreissen und als eine
ganze Baute neu erstehen liess. Unter seiner
Bauherrschaft entstund die im vorigen
Jahrhundert entfernte originelle Fassaden-
bemalung, die jedenfalls Hans Jac. Wys-
haupt, dem Maler von Werthenstein, zuzuschreiben
ist. Der Pietät des Herrn Goldschmied
Bossard sei. war es zu verdanken,
diesen Fassadenschmuck in Kopie an sein
Haus an der Weggisgasse verwendet zu
haben, von wo er, mit dessen Schicksal,
1914 leider verschwand.
Vom alten Eggbaue ist der Engel unter
XXXIII
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