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(Gugler) anno 1375. Bemerkenswerte Bauten
sind: Die barocke Hl. Blutkapelle, die Stadtkirche
in ihrem feinen Empirekleide, erbaut
1810 durch Nikolaus PurtschertlL. mit noch
romanischem Turm und das 1726 neu erbaute
Rathaus. Durchaus städtischen Charakter
trägt das 1690—94 erbaute Landvogtei-
schloss, mit Sgraffitodekorationen an seinen
Fassaden. Angebaut an den südlichen Ringmauerturm
, dient es heute der Verwaltung
der Korporationsgemeinde sowie Unterrichtszwecken
. Ehemals bildeten seine Gelasse
die Amts- und Familienwohnung des
residierenden Luzerner Landvogtes. Wir
finden daher die Amts- und Gerichtslokale
im Parterre. Von hervorragender Schönheit
sind hier der barocke Stuckplafond des
Gerichtsraumes, mit bezüglichen Deckenbildern
im Gewölbe, sowie der getäferte
Nebenraum mit einem Gipsplafond aus feinornamentiertem
Weinlaub. Eine Treppe, mit
von Akkantusranken durchbrochenem, leider
im Unterteile verkürztem Geländer, führt
zur Wohnetage. Die Zimmerflucht ist nach
Norden orientiert. Ein holzbekleideter,
rokkokobemalter Raum mit eingebautem
Büffet, bildet das Esszimmer, dem sich ein
getäferter, kassettenplafondgeschmückter
Wohnraum nach Osten angliedert. Wärmespender
ist hier ein mit Wappenaufsatz und
Blumenvasen reich dekorierter Küchler Ofen.
Von Seltenheit ist das mitten im Zimmer
hängende, echte Leuchtermännchen, den auf
Wolken thronenden Patron Petrus mit den
Schlüsseln darstellend.
Der Flecken Münster.
Tafel: 77-83.
Der städtisch gebaute Marktflecken verdankt
seine Entstehung dem Kollegiatstifte
Bero-Münster, als dessen Stifter Graf Bero
de Lenzeburch (Bernhard von Lenzburg)
gest. 981, genannt ist. Der Flecken Münster,
dem die sieben Gemeinden Gunzwil, Eich
und Oberkirch, Ermensee, Neudorf, Pf effikon,
Rikenbach und Schwarzenbach als Gerichtskreis
angehörten, gruppierte sich vorerst
unter dem Chorherrenstifte in offener Dorfform
um den Marktplatz, um später mit den
Chorhöfen das Stift zu umschliessen.
Die Grundanlage des jetzigen Stiftsbaues,
resp. dessen Kirche, möchte dem Ende des
XI. Jahrhunderts angehören. Ebenfalls die
St. Stefanskirche, die für das Volk gebaut,
unter den Lenzburgern Diakonalkirche war.
Sie wird urkundlich schon 1036 genannt.
Fast das ganze obere Winental gehörte zur
Grundherrlichkeit der Grafen von Lenzburg,
und die meisten Chorherrengüter waren
Lehensabtretungen derselben. Als Grundbesitz
des Stiftes kamen noch hinzu: Neudorf
mit Kirche und Zubehör, Hochdorf mit
Kirche, in Sarnen die Kirche mit dem untern
Hof, Teile der Kirchensätze zu Küssnacht
und Udligenswil (^s), zu Buttisholz
(Vs), zu Starkenkirch (2/3), zu Richental, zu
Küttigen mit Weinberg, zu Hägglingen,
zu Schongau und die Liegenschaften zu
Langnau in Ermensee, in Büttikon und
Beinwil.
Dio Nachkommen Beros von Lenzburg
waren bis zum Jahre 1172 Kastvögte des
Stiftes. Nach deren Aussterben, durch Kaiser
Friedrich I. reichsunmittelbar geworden,
stand es bis 1415 unter der Reichsvogtschaft
der Grafen von Kyburg und Habsburg.
Friedrich von Österreich, durch das
Konstanzerkonzil in Acht erklärt, verlor
Münster durch Eroberung an die Luzerner,
die sich den Besitz 1418 durch Kaiser Sigismund
bestätigen Hessen. Von dieser Zeit
an stand es unter der Landvogtei des Michelsamtes
.
Mehrere Brandunglücke verheerten im
Laufe der Jahrhunderte Flecken und Stift.
Zweimal verheerten es die Eidgenossen,
1352 und 1386 nach der Schlacht bei Sem-
pach. Die letzte Heimsuchung fällt auf den
18. März 1764, bei welcher 90 Wohnstätten
dem Feuer zum Opfer fielen. Stift und
Chorhöfe konnten gerettet werden. Das
Häuserbild des Fleckens, wie es sich aus
all den Zeiten heraus entwickelt hat, zeigt
mit den weiten Dachvorsprüngen mehr aargauischen
Charakter, während die Chorhöfe
des Stiftes und die Stiftsgebäude typisch
stadtluzernisch anmuten. Kein Wunder, bezog
doch das hochadelige Stift die meisten
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