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St. Urban, das direkt an der Aargauischen
Kantonsgrenze liegt, wurden im Mittelalter
eigenartige reich ornamentierte Backsteine
hergestellt. In Zofingen, wo das Kloster
Güter besass, fand man einzelne Steine,
und es darf angenommen werden, dass sich
dort Konstruktionen mit diesem Material
befanden. Ein Raum im Landesmuseum
gibt uns ein Bild, wie derartige Backsteinbauten
ungefähr ausgesehen haben. Diese
Technik ist vollständig ausgestorben im
Gegensatz zu Norddeutschland, wo auch
Mönche den Backsteinbau einführten. Vom
17. Jahrhundert an kommen einzelne Konstruktionen
vor: die massiv in Haustein ausgeführt
sind. Der Erker am Weibezahlhaus
in Aarau zeigt uns am besten, was diese
Zeit leistete. Dieses wie ähnliche Werke
zeugen von einer guten handwerklichen
Praxis, der aber eine künstlerische Auffassung
meist abgeht. Die Renaissanceprofile
und Architekturteile, besonders Verdachungen
sind bis Ende des 17. Jahrhunderts oft
nicht im Sinne der italienischen Vorbilder
ausgeführt, also eigentlich falsch verstanden.
Im 18. Jahrhundert verschwanden endlich
die gotischen Nachklänge. Die Ausführung
der Architekturteile und deren Verteilung
an der Fassade ist im allgemeinen nach
den nun von Westen her kommenden Vorbildern
richtig aufgefasst. Der Aargau hatte
in Fr. L. Wind einen Bildhauer, der das
Material virtuos zu behandeln wusste. Das
beste einheimische Material für alle Steinhauerarbeit
bildet der Muschelkalk, der in
Othmarsingen, Mägenwil und Würenlos gebrochen
wird. In Lenzburg, das nahe von
diesen Brüchen liegt, wurde dieses Material
ausgiebig angewandt. Ferner kommen zur
Verwendung Molasse-Sandstein, Jurakalkstein
, und im Rheingebiet Keuper-Sandstein.
Das Holz als das ursprünglichste Baumaterial
hat im Aargau in verschiedener
Art Verwendung gefunden. Beispiele von
Riegelbauten mit profilierten und geschnitzten
Hölzern sind der Schwanen in Meren-
schwand und die Weibelwohnung am Rathaus
in Zofingen. Inbezugauf Überdeckungs-
Konstruktionen bieten die erhaltenen Holzbrücken
in Bremgarten, Mellingen und
Wettingen mehr Interesse als die Dachstühle
. Von diesen treffen wir meist den
üblichen liegenden, selten den älteren stehenden
Stuhl. Der sogenannte Neubau in
der Unterstadt von Bremgarten besitzt originelle
freitragende Binder. Die formale
Behandlung des Holzes durch Profilieren
und Schnitzen war im Mittelalter in unserm
Kanton mehr in Übung als Steinbearbeitung.
Flachschnitzereien sind verschiedene erhalten
, zum Teil nur in Bruchstücken. Die im
Museum von Aarau befindliche Truhe des
Abtes Wülflinger von Wettingen zeigt uns
ein Prachtsbeispiel gotischer Schnitzerei.
Vom 17. Jahrhundert an entstanden im
Aargau die reich geschnitzten Büge, welche
das Dachgesims des Giebels stützen. Die
Art der Behandlung geht ohne Zweifel auf
das Bauernhaus zurück; für das Übergahgs-
stadium von diesem zum Bürgerhaus gibt
uns der Giebel vom alten Teil der Burghalde
in Lenzburg das beste Beispiel. Aarau
und Lenzburg, aber auch andere Orte, zeigen
eine ganze Anzahl solcher Büge mit tüchtiger
Holzbildhauerarbeit. Künstlerisch am wertvollsten
sind die vier Büge am Salzhof in
Suhr, zwei männliche und zwei weibliche
Halbfiguren darstellend. Im benachbarten
Kanton Luzern findet sich eine ähnliche
Bearbeitung der Büge.
Die Trennung von Zimmermanns- und
Schreinerarbeit trat erst mit der Renaissance
ein, als die gestemmte Arbeit mit Rahmen
und Füllung üblich wurde. Diese Konstruktion
wurde wie so vieles andere vom neuen
Stil nicht verstanden und deshalb äusserlich
nachgemacht. Wir finden deshalb Türen,
die aus Brettern mit innern Einschubleisten
konstruiert sind, auf deren Aussenseite aber
Rahmen und Füllung eingestochen wurden.
Schöne Schreinerarbeiten finden sich in den
schon genannten Innenräumen. Es soll beigefügt
werden, dass Intarsia verhältnismässig
selten zur Anwendung kam.
Metalle, vor allem das Eisen, wurden
ursprünglich im Hochbau nur zu Beschlägen
verwendet. Schöne Beschläge bis ins Mittelalter
zurückreichend finden sich im Gewerbemuseum
in Aarau und in der Sammlung
auf Schloss Lenzburg. An Ort und Stelle
sind solche noch in verschiedenen Bauten
erhalten, zum Beispiel im Weibezahlhaus
in Aarau. Für Kunstschlosserarbeiten boten
im 18. Jahrhundert die Brüstungsgeländer
bei den Fenstern eine dankbare Aufgabe.
Zofingen besitzt einige schöne Gartenportale
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