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Jahre 1558 ergibt 242 Feuerstellen innerhalb
der Stadtmauer und 18 ausserhalb
derselben. Die Zahl der Einwohner dürfte
rund 1200 betragen haben und damit den
Tiefstand, dem anno 1443 rund 1660, anno
1798 die Zahl von 1939 und heute 5031 Einwohner
in 1233 Gebäuden gegenüber stehen,
überwunden haben. Gegen das Ende des 16.
Jahrhunderts setzte eine rege Bautätigkeit
ein. Aus einer Reihe von tüchtigen Bauhandwerkern
dieser Zeit ragen einzelne besonders
hervor, so der Meister im Steinwerk
Anthoni Stab, der seinen zahlreichen Bauten
privater und kirchlicher Art noch den
Stempel der gotischen Bauweise aufprägte.
Seine Ornamentik spiegelt indessen die zeitgenössische
Formengebung. Sein etwas jüngerer
Kollege vom Holz, Michael Erb f 1649
gehört zu den tüchtigsten Handwerksmeistern
der Zeit.
Für das Strassenbild war nicht minder
von Belang die damalige, auch in Zofingen
geübte Gewohnheit, die Hausmauern zu bemalen
. Dies ist uns bezeugt vom Rathausneubau
der Jahre 1606/7, von der Lateinschule
und verschiedenen Privathäusern, so
jenem, genannt zur „Katze", dem Maler
Ammann gehörig, dem „Pfauen" und anderen
mehr. Die letzten Spuren dieser
Bemalung fanden sich noch an Dachhimmeln
, welche dank ihres weiten Vorsprungs
und der geschützten Stelle sich
zur Anbringung jenes Schmuckes besonders
eigneten.
Die zahlreichen Neubauten, welche um
die Wende des 17. Jahrhunderts entstanden,
gaben Veranlassung zu baupolizeilichen
Bestimmungen, welche 1623 in den erneuerten
Stadtsatzungen Aufnahme fanden. Sie
bezogen sich vor allem auf die Anmeldepflicht
der Neubauten, das Verbot des Überbauens
von Gassen und auf feuerpolizeiliche
und nachbarrechtliche Verhältnisse. Die
nachfolgenden Zeiten änderten wenig am
äusseren Stadtbild. Dagegen bedeutet das
18. Jahrhundert und die nächste Folgezeit
für Zofingen eine Epoche wirtschaftlichen
Aufschwunges, welche nicht spurlos vorüber
ging. Zofingen zählte auch damals unter
seinen Bürgern tüchtige Baukünstler — es
sei nur daran erinnert, dass Nikiaus Sprüngli
von Zofingen stammte — und der rege
geschäftliche Verkehr, namentlich mit Frankreich
musste sich beim Patriziat der Stadt
bemerkbar machen. Neben dem eingebauten
Bürgerhaus entstanden mehr und mehr,
und trotz der Abneigung des städtischen
Regimentes, Siedelungen ausserhalb der
Stadtmauern. Dieselben dienten in erster
Linie den Bedürfnissen der zahlreichen
Textilfabriken, welche in Zusammenhang
mit landwirtschaftlichen Betrieben und einem
Herrenhaus häufig reizvolle Bauobjekte
ergaben und heute noch Zierden der offenen
Quartiere bilden.
Lit.: Schweiz. Baukunst 1910, Heft 17, Zofingen
von Dr. C. H. Baer. J. Zemp, die Backsteine von
St. Urban (Festgabe auf die Eröffnung des Schweiz.
Landesmuseums).
Das Rathaus mit Weibelwohnung.
(Tafeln 2—4.)
Der Mittelpunkt des bürgerlichen Lebens
von Zofingen befand sich am Marktplatz.
Dort stand ursprünglich das Rathaus, der
„burger hus", an dessen Arkaden heute noch
jene der Gewerbehalle erinnern. Anlässlich
eines der Stadtbrände, entweder jenes von
1396, oder desjenigen von 1424, fand ein
Neubau statt, an der Stelle, wo es sich heute
noch befindet. Des alten Rathauses als vorhanden
, gedenkt aber noch eine Urkunde
von 1509.
Den ältesten, erhaltenen Bestandteil des
jetzigen Rathauses stellt der massive Archivturm
, „der burger Gwölb" dar, über dessen
oberer Eingangstüre die Jahrzahl 1482 einge-
meisselt ist. Die Dokumente erwähnen eines
Neubaus im Jahre 1540, dessen Werkmeister
Heinrich Iriker gewesen. Wir wissen vom
Aussehen des Gebäudes nichts. Auffällig
sind die grossen Ausgabeposten für Gipserarbeiten
an diesem Neubau. Im Laufe der
Jahre und im Zusammenhang mit dem
wachsenden Wohlstand der Stadt fanden
wiederholte Verschönerungs- und Ausbauarbeiten
statt, so noch 1601, als der Stadtschreiber
und Tischmacher Gabriel Gross
die grosse Stube mit reichem Holzwerk
ausschmückte. Doch schon 1606 kam es
wiederum zu einem Neubau, den Moritz
Ringier leitete. Die Baukosten beliefen sich
auf 2888 Gulden, ohne die 355 Ib., welche
dem Maler Hs. Jak. Weber für die Ausschmückung
der Fassaden bezahlt wurde.
XVII
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