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sade. Aus dem Jahr 1643 stammt der Gerechtigkeitsbrunnen
, welcher abgebrochen
und im Gewerbemuseum deponiert ist. Aa-
rau besass ausserdem noch andere Figurenbrunnen
. Das Weibezahlhaus aus den Jahren
1664/65 ist das erste einigermassen vollständig
erhaltene Bauobjekt, dann folgt das
Saxerhaus aus dem Jahr 1693, noch mit
gotischen Fensterprofilen. Erst die Zunftstube
hat sich mit Ausnahme eines einzigen
Profiles an der Haustüre von der Gotik frei
gemacht. Der erste Bau mit ausgesprochen
französischem Einfluss ist das von Däniken-
haus an der Pelzgasse. Dann folgt der Gasthof
zum goldenen Löwen, jetzt Mittelbau
vom Regierungsgebäude. Eine grosse Anzahl
Gebäude müssen im 18. Jahrhundert neu errichtet
oder umgebaut worden sein, denn
die Häuser mit dem für diese Periode charakteristischen
Sturz mit Segmentbogen an
Fenstern und Türen sind zahlreich. Wo die
Mittel für eine reiche Ausführung nicht vorhanden
sind, wird wenigstens die Haustüre
besser ausgestaltet. Auch in den Beschlägen,
die nun oft in Messing ausgeführt sind wird
ein gewisser Luxus getrieben.
Die Stadtansichten mehren sich im 18.
Jahrhundert. Sie sind meist malerisch auf-
gefasst und für architektonische Studien
nicht so brauchbar wie die Prospekte der
beiden Fisch. Wichtiger sind die drei Stadtpläne
aus dem Ende des 18. Jahrhunderts,
wovon einer im Besitze der Stadt Aarau
und zwei Eigentum der Zentralbibliothek
in Zürich sind. Die Revolution von 1798
veränderte die politischen Verhältnisse; Aarau
wurde vom 12. April bis 20. September
1798 Hauptstadt der Schweiz. Sogar der
Spital musste ausgeräumt und die Pfründner
in Königsfelden untergebracht werden,
um die vielen Beamten unterbringen zu können
. Im April 1798 wurde ein Stadterweiterungsplan
mit französischem Text herausgegeben
, der eine Vergrösserung gegen Osten
vorsieht. Es sind vorgesehen ein Sitzungsgebäude
für die beiden Kammern, Wohnungen
für die Direktoren, ein Theater, viele
Bürgerhäuser und ein grosser neuer Platz.
Da die Hauptstadt schon im Herbst 1798
nach Luzern verlegt wurde, kam der Plan
nur zum kleinsten Teil zur Ausführung.
Die Stadt hat sich zwar im 19. Jahrhundert
in der geplanten Richtung gegen den Bahnhof
ausgedehnt. Aarau wurde dann Kantonshauptstadt
, und da sich gleichzeitig die Industrie
entwickelte, so sind in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Anzahl
guter Bauten entstanden.
Literatur: W. Merz, Burganlagen und Wehrbauten
; die Stadt Aarau; Wappenbuch der Stadt
Aarau.
Capranihaus, Milchgasse.
(Tafel 23.)
Der Bau besteht aus zwei Teilen mit
eigenen Treppen. Das Zusammenlegen von
Häusern kommt öfters vor, in Aarau zum
Beispiel beim Weibezahlhaus, aber es sind
auch Bauten geteilt worden, und wenn wir
die durchgehende Fenstergruppe im I. Stock
desCapranihauses betrachten, so kommt man
auf den Gedanken, dass hier ein ursprünglich
zusammengehörendes Ganzes getrennt
wurde, denn die Zwischenmauer, die gegen
ein Fenster totläuft, ist später eingezogen
worden. Heute gehören beide Teile demselben
Besitzer.
Weibezahlhaus.
(Tafel 24-26.)
Das an der Ecke Rathausgasse-Kirchgasse
gelegene Haus gehörte im 16. und
17. Jahrhundert der Familie Egglin, die seit
1534 in Aarau eingebürgert, daselbst eine
Apotheke betrieb. Bei dem Umbau im Jahre
1923 wurde eine Zwischenwand in Holzkonstruktion
freigelegt mit spätgotischen
Flachschnitzereien, die wahrscheinlich aus
dem 16. Jahrhundert stammen. Ferner fanden
sich im I. Stock Wandmalereien mit dem
Allianzwappen Egglin-Meier aus dem Jährig
. Hans Georg Egglin (1610-16.9), der
der diese Malereien anbringen liess, nahm
20 Jahre später in den Jalm-n 1664/65 einen
durchgreifenden Umbau vor, der dem Hause
die Formen gab, welche in den Aufnahme-
zeichnungen festgehalten sind. Eine Fenstergruppe
gegen die Kirchgasse trägt die
Jahreszahl 1664, ein Winterthurer-Ofen im
I. Stock 1665. Die Wappen des Bauherrn
und seiner zweiten Gemahlin Susanna Steiner
finden sich aussen am Erker, an den Bügen
des Giebels, an dem obgenannten Ofen, an
der Decke im Erker und an einigen Beschlägen
. Eine durchgehende Brandmauer
zwischen dem Eckbau und dem an der
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