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der vorderen Haustüre gelangen wir in
einen Gartensaal, einer der wenigen Anlagen
dieser Art im Aargau. Im ersten Stock
sind zwei schöne Öfen erhalten von Jakob
Frey und Andreas Frey. Ein Kaininschirm
im Saal zeigt eine Hafenpartie mit Napoleon,
umgeben von Offizieren, darunter die Worte:
Je veux la France florissante, honorde, res-
pecte'e. Kurze Zeit nach Vollendung des
Baues müssen die vielen Fenster die Wohnlichkeit
der Räume beeinträchtigt haben;
man baute deshalb in einzelne Fensternischen
Schränke ein. Das grosse eiserne
Gartenportal ist nicht mehr vorhanden; auf
einer im Hause aufbewahrten Lithographie
ist dasselbe noch angegeben. Im Laufe des
19. Jahrhunderts kam die Besitzung an die
Familien Mojon, dann Schulthess, und jetzt
ist Frau Dr. Müller Eigentümerin.
Lit.: Keller-Ris, Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde
, N. F. XII.
Burghalde.
(Tafel 59—61.)
Die Anlage besteht aus zwei Teilen, die
ganz verschiedenen Bauperioden angehören.
Das ältere Haus ist eines der ersten vor
der Stadtmauer erstellten Gebäude, welches
trotz Verbot des Rates zur Ausführung kam.
Das Wohnhaus ist mit einer Trotte zusammengebaut
, wie das auch später im 18. Jahrhundert
bei den Reb- oder Herbsthäusern
zum Beispiel beim Bickgut bei Würenlos,
üblich war. Am Treppenturm der Burghalde
ist die Jahreszahl 1628 angebracht,
ausserdem ist im Innern eine Wappenscheibe
aus dem Jahr 1631 erhalten, auf der Jakob
Spengler als Erbauer des Hauses bezeichnet
wird. Ein im I. Stock befindliches Büffet
aus dem Jahr 1552 mit dem Allianzwappen
v. Luternau-v. Erlach ist von anderswo übernommen
und eingebaut worden. Die Treppe
ist dadurch bemerkenswert, dass sie mit
Holzblockstufen und hohler Spindel konstruiert
ist. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
baute man im rückwärtigen Teil
des Hauses einen Saal, jetzt Bibliothek, ein,
der durch 1V2 Stockwerke reicht. Dieser
Saal enthält eine für den Aargau frühe Stuckdecke
mit frei herausmodellierten Figuren
und vier Eckmedaillons, Darstellungen der
Jahreszeiten enthaltend. Das Gemälde im
Mittelfeld ist nicht mehr vorhanden. Im
18. Jahrhundert war die Burghalde im Besitz
der Familie Seiler; 1764 erhält ein Seiler
aus der Burghalde eine Eiche zu einem
Trottbaum aus den städtischen Waldungen.
Der neue Teil der Bur^halde wurde
1782/83 in klassizistischen Formen gebaut.
Die Ecklisenen der Fassaden sind glatt,
ohne die Quaderteilung, welche bisher in
Lenzburg üblich war. Im Innern erinnern
Rokoko-Öfen an die frühere Stilperiode,
sonst entsprechen die gut ausgebauten Räume
der äusseren Bauart. Des Treppenhaus ist
zentral gelegen und schön ausgebildet. Das
schmiedeiserne Gartenportal gehört zu den
schönsten derartigen Arbeiten im Aargau.
Im 19. Jahrhundert kam die Burghalde in
den Besitz von Nationalrat Ringier und ging
später über an seine Tochter, die Schriftstellerin
Frau Oschwald-Ringier. Der Dichter
V. Scheffel, der im nahen Seon wohnte, war
oft Gast in diesem Hause. Die Burghalde
wurde dann Mietswohnung und kam, wie
verschiedene andere Landsitze im Aargau,
in Verfall, bis sie in dem Schriftsteller Dr.
E. Ziegler wieder einen verständnisvollen
Besitzer fand.
Die Zeichnung vom Gartenportal ist von
Architekt Richard Hächler von Lenzburg.
Schafisheim.
(Tafel 62.)
In der bei Lenzburg gelegenen Gemeinde
befinden sich das Schlössli Schafisheim und
zwei Herrenhäuser. Beim Schlössli wurde
die Wendeltreppe zufolge einer Tafel im
Innern mit dem Allianzwappen Hallwil-
Breitenlandenberg im Anfang des 17. Jahrhunderts
erbaut. Ausserdem sind einige
schöne Details vorhanden. Für die Entwicklung
des Grundrisses vom Wohnhaus sind
die beiden Herrenhäuser wichtiger. Sie wurden
erbaut von der Familie Brüte], die 1685
nach Aufhebung des Edikts von Nantes, von
Monpellier auswanderte und sich in Schafisheim
niederliess.
Der ältere Bau ist das „Neuhaus" auf
freiem Felde in ziemlicher Entfernung vom
Dorf erstellt. Bauherr war Etienne Brütel
(1683—1756); von ihm ist an der Kirche
auf dem Stauf berg ein Epitaph mit Wappen
erhalten. Die Bauzeit ist nicht genau bekannt
. Ein Ofen im Innern von Balthasar
Fischer trägt die Jahreszahl 17 B. F. 58.
XXXVI
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