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teilweise vorhandene Mauer umschloss ein
grösseres Gelände um das Haus. Hier wurden
im 18. Jahrhundert Reben gepflanzt; das
Ökonomiegebäude mit Trotte ist erst vor
einigen Jahren verschwunden. Der Weinbau
ist auf den Abhängen links der Reuss ganz
aufgegeben worden, auf der rechten Seite
hat er sich bis heute erhalten.
Baden.
Das römische Baden mit Brücke über
die Limmat befand sich an Stelle der heutigen
Bäder. Die mittelalterliche Stadt, früher
auch Oberbaden geheissen, entstand zwischen
den beiden Burgen, dem Stein und
dem Niederhaus, später Landvogteischloss,
welche den Brückenübergang schützten.
Baden wird als Siedlung 1127 erstmals genannt
und erhielt 1298 Stadtrecht. Vom
Schloss Stein aus wurde die Grafschaft Baden
verwaltet, und die Herzoge von Österreich
förderten die Entwicklung Badens in jeder
Hinsicht. Die Eröffnung einer Wechselbank
im Jahr 1369 zeugt von lebhaftem Handel
und Verkehr. Bei der Eroberung des Aargaus
1415 wurde der Stein bei Baden von den Eidgenossen
zerstört. Hingegen behielt Baden,
das als die schönste der deutschen Vogteien
bezeichnet wird, seine Bedeutung bei. Von
1424 an versammelt sich hier jedes Jahr
um Pfingsten die Tagsatzung, was neben
der Entwicklung der Bäder viel zur Förderung
der Stadt beitrug. Im alten Zürichkrieg
und in den Religionskämpfen hatte
Baden viel zu leiden. Das im 17. Jahrhundert
neuaufgebaute Schloss Stein wurde
im zweiten Villmergerkrieg zerstört, und
die 1712 erfolgte Verlegung der Tagsatzung
nach Frauenfeld fügte der Stadt empfindlichen
Schaden bei. 1714 wird im Frieden
von Baden dem langen spanischen Erbfolgekrieg
ein Ende gemacht. Aus Berichten
erfahren wir, wo alle die Gesandten und
Abordnungen wohnten, und wie der Tagsatzungssaal
und einzelne Gasthöfe hergerichtet
wurden. Zur Zeit der Helvetik war
Baden die Hauptstadt eines Kantons mit
diesem Namen, der die Grafschaft Baden
und das Freiamt umfasste.
In baugeschichtlicher Hinsicht stellt
das grosse Kornhaus an der Limmat den
Typus eines mittelalterlichen Baues dar. Für
das 17. und 18. Jahrhundert sind das Bernhaus
und das Haus zum Schwert charakteristisch
. Die Entwicklung Badens als
Kurort und Industriestadt im 19. Jahrhundert
haben es mit sich gebracht, dass
wir dort weniger gut erhaltene alte Bürgerbauten
finden, als man das seiner geschichtlichen
Bedeutung entsprechend annehmen
dürfte. In der Bäderstadt sind fast alle alten
Bauten einschliesslich der Kirche zu drei
Königen verschwunden, um neuen Gasthöfen
Platz zu machen.
Lit.: Barth. Fricker, Geschichte der Stadt und
Bäder zu Baden. W. Merz, Burganlagen und Wehrbauten
.
Rathaus oder Stadthaus.
(Tafeln 91—93.)
Das heutige Rathaus setzt sich aus einer
Gruppe von Gebäuden zusammen, die dominierend
am Rande des obern Stadtteiles
liegen. Der Abhang gegen die untere Stadt
an der Limmat fällt steil ab. Das grosse
Gebäude in der Mitte mit dem Tagsatzungssaal
ist der älteste Teil. Die beiden Treppen-
giebel der seitlichen Brandmauern sind schon
auf der Ansicht von Baden aus dem Jahr
1548 von Stumpf zu bemerken. In der Richtung
gegen die Stadtkirche schliessen sich
zwei weitere Gebäude an; das erste war
früher Zeughaus, jetzt ist im Erdgeschoss
das Archiv untergebracht. Die Strassenfas-
sade des Zeughauses hat im untern Teil
ausgesprochene Renaissanceformen; nach
einer im Stein eingehauenen Jahreszahl ist
dieselbe 1614 erbaut worden. Das oberste
Gebäude besitzt ein Portal mit dem Stadtwappen
und Löwen als Schildhalter aus
dem Jahr 1706. Um diese Zeit hat wohl ein
Rathausumbau stattgefunden, denn auch die
untern Teile haben ähnliche Fenstereinfassungen
wie der Bau von 1706. Auf der andern
Seite vom Hauptbau wurde das ehemalige
Baidingerhaus zugekauft, das im
Erdgeschoss eine bemerkenswerte Steinarchitektur
besitzt. Leider ist dieselbe auf der
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