Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/14
Das Bürgerhaus in der Schweiz (14. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Graubünden, 2. Teil: Nördliche Talschaften A
Zürich, 1924
Seite: XXXII
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_14_1924/0034
nicht so hochgiebelig und schmalgedrückt
wie in deutschen Städten, so sind sie doch
immerhin richtige Stadthäuser mit bedeutender
Tiefe und kurzer Front. Hier aber
sieht es aus, als sei das Gemeinwesen durch
jene frühmittelalterliche Entwicklung, wo
der Bauer zum Bürger wurde, nur oberflächlich
berührt worden. Dort sind auch
die Häuser Bürger, städtisch gewordene
Wesen, mit entlegenen Erinnerungen an
lang vergangene Zeit, — hier Bauern, die,
weil es gut und sicher war, zu einem Zu-
sammenschluss in engem Ring sich, ungern
zwar, bequemten, im übrigen aber ihre
breite, bäuerliche Art nicht aufgaben. Die
Häuser gestatten es sich manchmal, mit der
langen Traufseite zur Strasse zu stehen, und
wo sie die Giebel zeigen, haben sie oft ganz
geringes Gefälle. Es sind Bauten von ostentativer
Mauer Wirkung, von grosser kubischer
Kraft, die einem Volk wohl anstehen, von
dem der Mayenfelder Chronist der Bündner-
wirren Barth. Anhorn herrisch berichtet, es
seien ihnen bei dem Fläscher Gefecht „600
Landsknecht' aus den Füssen kommen",
ohne dass sie einen Mann verloren. Und
was jenem bayerischen Ritter „finster" vorkam
, das war vielleicht eher ein ihm unbehagliches
fremdes Wesen und unterschichtige
trotzige Kraft. Ungeachtet der im Mittelalter
schon sehr starken Germanisierung dieser
Siedlung ist der Charakter der Bauweise
durchaus rätoromanisch geblieben. Nicht nur
die klobige Wucht des Mauerwerkes macht
dies deutlich, sondern auch die rundbogigen
Einfahrten durch das Haus, die Sulere geworden
wären, wenn sich die Tenne hier
angeschlossen hätte und nicht im Hof sich
separierte.

Haus Enderlin Wie das einem Bassin entfliessende Rinnsal
sich manchmal weiter abwärts noch in
einem kleineren Becken sammelt, so wirkt
der Hof des von Montzwick'schen Hauses
im „Winkel" (Tafel 58, 60) mit Torbogen
und zinnenbekrönter Mauer wie eine „Raumfiliale
" des „Platzes", nur dass er nicht das
Leben des Gemeinwesens sammelt, sondern
einem abgeschlossenen, privaten Bezirke
dient. Die ganze, mit dem Rücken an die
Ringmauer angelehnte, herrenhaft abgeschlossene
Anlage ist vom unteren Turm
her heraufge wachsen. Hier weisen noch spätgotische
Gewände und Gurten ins Ende des

von Montzwick.

Das
Brügger-Haus.

15. Jahrhunderts, und vermutlich wurde
nach 1600 der obere Teil mit dem zweiten
Treppenturm angefügt, um dem Bau jene
Symmetrie zu geben, die man damals suchte.
So verspannt dieser Sitz wie eine Klammer
die Zeit des ersten Aufschwunges nach dem
Schwabenkrieg mit jener Epoche, da in der
Ruhezeit nach den Bündnerwirren auch in
Mayenfeld die Bauleidenschaft mächtig ausbrach
.

Damals vor allem bekam der „Platz"
durch die weitläufigen Pläne des Obersten
Andreas Brügger sein heutiges Gesicht.
Kriegsdienst hatte ihn belohnt und Heirat
ihm das Vermögen vermehrt, so dass er als
Grundkäufer grossen Stiles aufzutreten imstande
war. Was erreichbar war, brachte
er an sich, nicht nur ausserhalb der Mauern,
besonders am oberen Tor, sondern vor allem
im Städtchen. Die erworbenen Häuser am
Platz, am unteren Tor, riss er nieder und
stellte das Familienhaus hin, dem sein Sohn
dann noch den Flügel gegen die Kirche zu
anfügte (Tafel 57). Die Stadtmauer war
diesem herrischen Mann zu eng. Er legte
sie nieder und schob, der Einsprache der
Bürger nicht achtend, die Türme sogar in
den Graben, worüber sich der Rat bei den
Bünden beschwerte. Auch an der Front
lüftete sein Bau das Gewand. Hier traten,
in unserem Gebiet zum ersten Mal, die offenen
Arkaden im Erdgeschoss auf, wie sie
die Schlösser in Seewis und Zizers später
variierten. Dies war aber die einzige Konzession
an die neue Zeit, und im übrigen
liess auch er der Fassade die ernste, verschlossene
Miene.

Das geschah im Städtchen. Der landhungrige
Mann hatte aber nicht nur seiner
Stieftochter das Gut Pahlen an der Strasse
nach Rofels, wie ein altes Schriftstück unverblümt
sagt, „abgetruckt," er hatte auch vor
dem oberen Tor einen Bau begonnen, den
Carl von Salis beendete. Nach einem Blitzschlag
(1664) erhielt er die Gestalt, die wir
heute als „Marschallhaus" kennen (Tafel
61-66).

Dieser Bau steht an der Stelle, wo der Das Marschall-
Fläscher Weg sich mit der Strasse gabelt, Haus'
die an Salenegg vorbei auf die Luziensteig
führt. Wer aus dem Reich kam, den erwarteten
hier die ersten Abordnungen der
Bündner Herrenhäuser, und wie sehr in

XXXII


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