Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/14
Das Bürgerhaus in der Schweiz (14. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Graubünden, 2. Teil: Nördliche Talschaften A
Zürich, 1924
Seite: XXXVII
(PDF, 25 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_14_1924/0039
zillilt, dass dessen junge Frau Anna Paula,
die ihm vom Bothmar nach Marschlins gefolgt
war, Heimweh befiel, wenn sie morgens
den väterlichen Sitz in Malans in der Sonne
liegen sah, indes Marschlins noch im Schatten
der Berge lag. Denn während der imposante
Gesamtanlage Wehrbau des Mardchal de camp mit den
und Garten. iccqossa|en) gedrungenen Ecktürmen nicht

viel nach der Sonne sah, breitet der Bothmar
die beiden Flügel aus, damit der Lichtstrom
voll auf seine Brust fällt. Besonders
aber musste es der melodische, ja märchenhafte
Reiz dieses seltsamen Hauses sein,
der eine schwermütige Seele nie mehr ent-
liess. Nichts ist hier übersichtlich und mit
einem Blick zu umfassen, überall aberliegen
Verborgenheiten und Überraschungen bereit.
Eine Gartenanlage wie die von Bondo oder
beim alten Gebäu in Chur ist in ihrer Hauptlinie
sofort klar und die Ausblicke, die an
den Kreuzungen sich öffnen, geben nur Bereicherungen
, Variationen und Paraphrasen.
In eine einzige durchlaufende Achse ist nicht
nur der Garten, sondern der ganze Bau eingestellt
. Anders ist es hier. Anna Paula von
Salis konnte wohl von Marschlins aus den
väterlichen First sehen, von irgendeinem
Platz des Dorfes Malans selbst hätte sie ihn
vergeblich gesucht. Der ganze grosse Both-
markomplex mit allen Bauten, Bäumen und
Brunnen ist für das Dorf überhaupt nicht
vorhanden. Noch vom Tor aus, einer repräsentativen
Pforte mit feinen Teilungen (Tafel
79), von Voluten und dreifachen Wappen
bekrönt, ist kaum die Zwiebelhaube des
Türmchens zu fassen. Die Anfahrt biegt
rasch aus dem Blick und wo sie in den
Baumschatten taucht, wird sie von der
Hauptachse des Gartens unversehens seitlich
getroffen. Diese Achse, über Treppen
geführt, von zwei Bassins unterbrochen, —
Knotenpunkten, die wieder Seitenstrahlen
aussenden — läuft nun nicht etwa auf eine
Hauptpforte, sondern stösst am Westflügel
vorbei, um sich im Baumgarten zu fangen
(Tafel 79). Das Merkwürdigste aber sind
die gravitätischen Buchsgewächse, die hier
nicht etwa nur in spielerischen Kleinformen
am Wege stehen, sondern mit hohen Hecken
und mächtigen Pylonen gewaltige Riegel
quer durch die Anlage legen, zwischen denen
ein schmaler Durchpass gerade noch frei
bleibt. Diese raumabschliessenden, dichten,

dunkelgrünen Gebilde, ernst wie die Paladine
eines höfischen Aufzuges, haben den
geheimnisvollen Zauber von Zwischenwesen:
sie sind Natur, ihre Blätter, zwar hart und
kühl, sind lebendig, sie atmen wie die anderen
Pflanzen dieses Gartens, aber in ihrer
Gestalt gleichen sie toten Formen, Pfeilern
oder Säulen, und damit sind sie wie verwunschene
Wesen, die irgendeine magische
Formel hierher gebannt hat (Tafel 80, 81).
Und dies labyrinthisch Verzauberte ist der
geheimste Reiz der Anlage, wie es die lateinische
Durchsichtigkeit bei dem anderen
Salis-Sitz an der Südgrenze des Landes in
Bondo ist. In der ganzen Aussenanlage ist
ein ständiger Wechsel von Nebeneinander
und Ineinander von Räumen. So sendet der
Westflügel wieder seine eigene Achse aus,
die auf ein kunstvolles Boskett mündete, das,
nun kaum mehr kenntlich, mit Säulengängen
und einem Rondell aus beschnittenen Tujen
und Taxeen, mit künstlicher Ruine und
Voliere einen eigenen romantischen Bezirk
bildete. Und so liegt auch vor dem Kern
der Hauptanlage, dem Mittelbau, als eigener
umschlossener Raum das Pfauenhöfchen,
das die Hauptzufahrt aufnimmt und das
sich hinter einem Tor aus Filigranwerk von
spiralförmigem Bandeisen mehr verbirgt als
zeigt (Tafel 79). Ähnlich verhält es sich mit innen-
dem Gebäude selbst, einem langsam von äekoratlc
der Mitte aus gewachsenen und verzweigten
Komplex, in dessen Innerem man in ständigem
Wechsel der Aspekte Jahrhunderte
durchschreitet. Der Mittelbau steht über dem
bescheidenen, bürgerlichen Grundriss, den
die spätgotische Zeit ausbildete, mit den
beiden nach vorn gelegenen Stuben und der
aus dem Vorplatz ausgesparten Küche auch
den bäuerlichen Einteilungen des benachbarten
Prätigau bekannt. Sogar den alten
Treppenturm hat sich, nun zum Dienstbotenaufgang
degradiert, dieser Hausteil bewahrt
(Tafel 84).

Von ganz anderer Art als dieser in einem
fast quadratischen Grundriss zusammengedrängte
, nach innen gekehrte Bau ist der
schmal nach Südosten auslangende Seitenflügel
mit lichten, stuckverzierten Sälchen,
mit gemalten Göttern und Göttinnen des
Weines und Waid Werkes, ausmündend auf
eine grünverhangene, in den Garten führende
Terrasse. Im Oberstock aber beherrscht

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