Augustinermuseum Freiburg i. Br., B 933/14
Das Bürgerhaus in der Schweiz (14. Band): Das Bürgerhaus im Kanton Graubünden, 2. Teil: Nördliche Talschaften A
Zürich, 1924
Seite: XLII
(PDF, 25 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_14_1924/0044
geworden war, von der alten Haldensteiner
Feste herab. Das Schloss, das er sich in der
Südecke des Dorfes, dem sogenannten Rhein-
Port, baute, war zwar nicht eigentlich bewehrt
, trägt aber doch ein burgartiges Wesen
zur Schau (Tafel 107—112). Die Gebäudetrakte
schliessen sich im Viereck um einen
Innenhof mit Brunnen. Gegen diesen Hof
zu liegen die Korridore, während die Zimmer
nach aussen blicken. Ein Grundriss so
unkompliziert wie das äussere Bild. Hier
sprechen am stärksten die Horizontalen: die
zinnengekrönte Mauer des aufgeschütteten
Gartens, der ziemlich niedere, langgestreckte
Bau mit gleichmässiger Reihe kleiner Fenster
und das nicht besonders hohe Dach.
Als Vertikalpfeiler aber wirken die vier
Türme, zwei Mauei türme an den Gartenecken
und zwei Treppentürme am Bau selbst.

Zweimal(1678 und 1732)wurde dasSchloss
durch Brand verwüstet, das zweite Mal, als
es eben von Gubert von Salis mit grossem
Aufwand erweitert worden war. Nur eine
schwache Vorstellung ist daher heute noch
möglich von dem ehemaligen Glanz des
Schlosses, das Campell mit einem königlichen
Hof verglich, das Casparus Bruschius
in einem lateinischen Tetrastichon pries
und von dem der Chronist Baron Rudolf
von Salis berichtet, man habe „im halben
Schloss bei 90 Zimmer gezählt, die nach
dem schönsten und besten Geschmack eingerichtet
waren, Galerien mit Gold ausgearbeitet
und mit den schönsten und lebhaftesten
Farben geziert, welche Jagden, Landschaften
und alles, was das Auge ergötzen
mag, vorstellten." Immerhin ist der einzige
Raum, der aus dem Castion'schen Bestand im
wesentlichen unverändert (die Decke allein
stammt aus dem Jahre 1607) auf uns gekommen
ist, das Täfer im Kunstgewerbemuseum
in Berlin, von einem Reichtum der Ausarbeitung
, der auch die Bürgerratsstube und
die Ilanzer Zimmer in den Schatten stellt.
Von einer ruhigen Pracht ist dieses rare,
aus edlen Hölzern gefügte Stück deutscher
Renaissance. Die Wände sind von glatten
Halbsäulen mit Blattkapitälen, die vor Pi-
lastern stehen, kräftig gegliedert. Sie tragen
in Dreiviertelhöhe ein Kranzgesims, über
dem jener wundervolle Fries erlesener Einlegearbeit
hinläuft, der diese Stube so einzigartig
macht: wechselnde Bilder von

Strassenperspektiven, Hofinterieurs, Türmen
und Toren, ein Architekturdefile mit
immer anderen Aspekten, in der gehaltenen
, gedämpften Farbigkeit Gobelins vertretend
, die sonst diese Stelle zieren. Die
Portale sind, ein barocker Zug, ganz als
isolierte Schmuckstücke behandelt und zwar
so sehr, dass sie sogar auf Übereinstimmung
unter sich verzichten. Die Säulen des einen
umwinden Traubengehänge, indes das andere
Paar eingelegte Spiralen zieren; hier
krönt eine reich geschnitzte Giebelverdach-
ung den Sturz und dort springt eine balkonartige
Balustrade frei ausladend in den
Raum (Tafel 108—110).

Mit dem Brand von 1732 war hier der
letzte grosse bauliche Aufschwung gebrochen.
Nur wie zum Ausklang einer prunkvollen
Existenz — zum Ausklang auch einer heiteren
Epoche — schmückt sich um 1780 noch einmal
der Theatersaal. Diese Stukkaturen sind
von ganz besonderer Art und von anderer
Hand wie alle ähnlichen Arbeiten in Graubünden
. Ihr Reiz ist die Präzision und die
ganz besondere Feinheit des Details. Um
Kartuschen mit subtil gebildeten Darstellungen
benachbarter Burgen, mit Frucht-
und Blumen-Arrangements schlingen sich
in sehr beschwingter Zierlichkeit Ranken
eines kleinblättrigen Gezweiges, klar, aber
nicht kleinlich modelliert, mit einem grossen
Reichtum an Eintiefungen die feinplastischen
Möglichkeiten des Stuckes so sehr
ausschöpfend wie kaum eine Arbeit dieses
Gebietes. Zu dem Ernst des ganzen Baues
ist dieser Saal der heiterste Kontrast (Tafel
111, 112).

* *
*

Hier die Betrachtung zu unterbrechen
legt die landschaftliche Gestaltung nahe.
Gehörte das Gebiet, dem dieser zweite Band
galt, auch politisch zwei verschiedenen Bünden
an, Chur und die Fünf Dörfer dem
Gotteshausbund, die Herrschaft aber den
Zehn Gerichten, so bilden sie doch räumlich
eine natürliche Einheit. Im Bereich des
gleichen völkerverbindenden Flusses von
besonders schicksalhafter Bedeutung teilen
sie die Bedingungen des Bodens und der
Luft. Ihnen gehört die gleiche Rebe, der
gleiche Baum und die gleiche Strasse. Werden
wir auch jenseits der grossen, natürlichen

XLII


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