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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_16_1925/0011
gutsurbar vom Jahr ^831 eine .überraschend
grosse Zahl deutscher Namen aufweist. Oedländer
, Waldgebiete, auch Weiden, die zwischen
den einzelnen Gemarkungen unbewohnt
geblieben waren, ganze Talschaften
wie das Lugnez wurden nach fränkischem
Recht vom König als herrenlose Gebiete in
Besitz genommen. Auf vielen Burgen, den
Handelsweg entlang und ihn beschützend,
sassen fränkische Edle. Königshöfe entstanden
und Zinslehen wurden an Getreue
vergeben. In der Pionierarbeit sah man die
Kutte neben dem Kittel des Bauern. Disentis
war Eigenkloster des Königs, von alemannischen
Mönchen, vermutlich von Reichenau
aus, besiedelt; der Einfluss dieser Brüder
vom Orden des hl. Benedikt auf die Kulturarbeit
war wohl ebenso bedeutend wie jener
der Prämonstratenser zu St. Jakob im Präti-
gau und zu Churwalden. Weit den Rhein
herauf reichte auch die Wirkung der Abtei
von Pfäfers, ja sogar des Klosters Reichenau
selbst, das in Tamins und Trins Höfe hatte.
Dass dem Gotteshaus Disentis in Uri und im
Wallis Grundbesitz gehörte, wurde schon erwähnt
. So trafen im späteren Mittelalter gerade
in der Gruob von drei Seiten germanische
Strömungen wie in einem Strudel zusammen:
die über den Oberalp herüberschlagende
Welle aus den Urkantonen und dem alemannischen
Wallis traf auf alemannische Einflüsse
, die den Rhein herauf wirkten, und dazu
erfolgten um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert
noch die Seitenstösse der Walser aus
dem Hinterrheintal ins Vals und gegen das
Lugnez heraus, wie über den Safierberg nach
Sahen. Welch ein Gewirr von Fäden im Gegeneinander
von Kette und Einschlag und
welch eine organisierende Kraft des Volkes,
hier nicht zu verflachen, sondern im Gegenteil
der eigenen Art eine eigene Form zu
geben. So ist auch die Bauweise im Oberland
nicht eine Kopie der innerschweizerischen
Art, sondern das Ergebnis einer Angleichung
und Umwertung.
Elemente des Was jeden Besucher des Oberlandes am
Holzbaues. mejg^en überraschen wird, das ist die Energie,
mit welcher Elemente des Holzbaues in dieses
romanische Gebiet eingedrungen sind. Es ist
dies um so verwunderlicher, als die Germani-
sierungstendenzen, von denen die Rede war,
nur dünne Schichten des Volkes wirklich
ergriffen hatten, die immer wieder abgeschält
wurden und den Volkskörper nicht
wesentlich veränderten. Holzbauten, die sich
an Wucht und Mächtigkeit mit dem imposanten
Valär'schen Haus in Jenaz messen
können, stehen am „Platz" in Truns. Gekuppelte
Fenster aus drei oder vier Gliedern
trifft man in Ruis, Truns, Somvix ebenso wie
im Lugnez. Gerade in diesem Tal, das sich
zäh gegen die Vorstösse der deutschen Walser
aus dem Vals heraus wehrte, ist der Strickbau
bei den Bauernhäusern so gut wie allgemein
. Sehr häufig ist der unterste Balken
geschnitzt, sind die Konsolen gemalt und besonders
in Ruis und Somvix sehen wir die
luftigen Lauben, die der romanische Bau
kaum kennt, nicht selten. Ein Grundriss, Grundriss.
wie der eines Hauses von 1647 in Ruis, das
die Tradition der Familie Deflorin zuschreibt,
kann als Beispiel für viele dienen: der Eingang
liegt seitlich und führt durch ein Vorhaus
geradenwegs in die Küche, indes ganz
nach deutscher Art Stube und Nebenstube
an der Südfront beisammen sind. Der Küchenteil
, meist in der Nordostecke angeordnet
, bildet — der Feuersicherheit wegen —
oft einen gemauerten Kern. Diese Bauformen
allerdings liegen noch nicht in der Schicht,
der unsere Betrachtung sich eigentlich widmet
. Sie gehören dem bäuerlichen Niveau
an, sind aber wohl geeignet, uns zu zeigen,
wie sehr sich dieses Gebiet dem Holzbau
überhaupt geöffnet hat. Das Bürger- und
Herrenhaus, in den Bünden immer aus dem
Bauernhaus herausgewachsen, hatte also
die Disposition zu allen Dingen der Zimmermanns
- und Schreinerkunst als Erbgut mitbekommen
. Eine gotische Decke mit Gebälkschnitzerei
, wie sie das alte Capolhaus in
Flims (jetzt Meiler) aufweist, würde mitten
in alemannischem Gebiet nicht fremd sein
und es ist ein eigentümliches Spiel der Beziehungen
, dass jene Täfer, die neben dem
Haldensteiner als die reichsten berechtigte
Bewunderung genossen, gerade Oberländer
Häuser zierten, nämlich die „Casa gronda"
zu Ranz und das Schlössli zu Flims. Bei diesem
schon vor mehreren Jahrzehnten nach
New-York ausgewanderten Stück im Capol-
schen Schlössli ist durch einen Zufall die Spur
sogar sichtbar geblieben; denn es ist kaum
ein Zweifel, dass der aus dem Kirchenbuch
von Sagens auftauchende Schreiner Tadei
Acker von Feldkirch hinter diesem edlen

IX


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