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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_buergerhaus_16_1925/0039
baues war, wie etwa im Oberland, bleibt er
unverputzt, und es lag nahe, dies so bildsame
und weiche Materiel mit Skulptur zu
schmücken. So Hessen in die Öfen des Hofes
zu Truns die Äbte ihre Wappen schneiden
(Tafel 20).

16. Jahrhundert. Die Ära der vollkommen keramischen Ofen
beginnt, wie anderwärts, mit den grünen,
glasierten Kacheln, bei einfacheren Exemplaren
flach mit Ornamenten gepresst, bei
Prunkstücken in tiefen Modeln reliefmässig
geprägt. Als Repräsentant der Art, wie das
16. Jahrhundert sie ausbildete, mag der
Haldensteiner Ofen dienen (N. Bd. A, Tafel
109). Dies ist ein ganz renaissancemässiger
Bau, mit klarer Scheidung der architektonischen
Glieder in tragende und füllende Teile
und horizontaler Gliederung. Die Gesimse
zeigen Fruchtgewinde und die Pflaster Hermen
mit weiblichen Büsten; als Motiv für die
Füllungen wurden die damals sehr beliebten
Allegorieen der Erdteile sowie der Erzengel
Michael im Kampf mit dem Satan verwendet.
Die Krönung der Kupfe ist noch ein geschlossenes
, wenig gezacktes und vor allem
undurchbrochenes Band mit dem Ziermotiv,
das wir als Füllungskachel auch am Ofen
der grossen Stube im Schlössli zu Parpan
finden: den Putten, die auf Seepferden reiten.
Übergänge. Schon im 16. Jahrhundert tritt die gemalte
Ofenkachel auf; der grosse Ofen zu Davos
ist der erste unseres Gebietes, wo sie Pilaster
und Simse bildet, und es ist reizvoll zu sehen,
wie sich weit bis ins 18. Jahrhundert dieser
Auseinandersetzungsprozess zwischen den
plastischen und den bemalten Kacheln hinzieht
und zu den vielfältigsten und reizvollsten
Kombinationen führt. Meist bleiben den geprägten
grünen Tafeln die Füllungen vorbehalten
, die immer wieder den alten Lagerbeständen
entnommen oder mit den alten
Modeln neu hergestellt werden, indes die
Pilaster und die Gesimse, die Krone und die
Füsse sich mit bunter Malerei schmücken. So
ist es bei den Pfauöfen des Marschallhauses
(N. Bd. A, Tafel 65, 66) und von Salenegg,
indes die Winterthurer Arbeiten im unteren
Schloss zu Zizers, eine neue Variante findend,
geprägte grüne Pilaster mit gemalten Füllungen
und gemalter Krone zusammenbringen
(N. Bd. A, Tafel 99).

17. Jahrhundert. Da diese Ofen ganz als Architekturen gedacht
sind, so ist es natürlich, dass sie die

baukünstlerischen Tendenzen der Epochen
widerspiegeln. Die auf horizontale Gliederung
bedachte Renaissance formte daher diese
Bauten so breit und gedrungen wie die Öfen
in der Bürgerratsstube zu Chur und in der
grossen Stube zu Salenegg, die beide der Zeit
zwischen 1630 und 1640 angehören (N.Bd.A,
Tafel 16 u. 71). Aber schon die zwei Stücke
im Marschallhaus, ungefähr drei Jahrzehnte
später entstanden, zeigen einen neuen Zug.
Die älteren Arbeiten hatten ihr stämmiges
Aussehen besonders dadurch bekommen,
dass das Untergeschoss um ein gutes Stück
höher war als das obere (ohne Krone gemessen
). Nun aber wächst die Kupfe, indem
zugleich ihr Durchmesser sich verringert, und
dadurch bekommen diese Öfen den schlankeren
Wuchs, der die Arbeiten des 18. Jahrhunderts
deutlich von denen der früheren
Zeit unterscheidet. Diese Vertikaltendenz
wird häufig nun noch dadurch unterstützt,
dass die schmalen und hohen Füllungen
andersfarbig sind als die Pilaster, oft sogar
nur aus einfarbigen, vertieften Kacheln bestehen
, und der ganze Bau damit durchgehende
vertikale Streifen bekommt.

Dies sind deutliche Ansätze dazu, den Ofen 18. Jahrhundert.
nicht mehr, wie es dem Renaissanceempfinden
nahe lag, als zwei aufeinander getürmte
Einzelgeschosse, sondern als Einheit zu konzipieren
. Diesem Ziel strebt die weitere Entwicklung
zu, und das Rokoko fand die Lösung
in der zusammenfassenden, mit Knauf,
Vase oder einem Vogel bekrönten Kuppel,
in der die in Kurven geführte, mit Voluten
beschwingte Umrisslinie zusammenläuft
(Öfen in Salenegg, im bischöfl. Schloss und
in Grüsch, sowie im „Seehof" in Davos-Dorf).

In der Bemalung der Kacheln wird der Bemalung.
gleiche Zug von der Einzelbehandlung der
architektonischen Glieder zur einheitlichen
Zusammenfassung deutlich. Bei den Öfen in
der Bürgerratsstube und in Salenegg sind
die Füllungsbilder mit einem satten, dunklen
Kobaltblau sehr entschieden eingerahmt und
selbständig abgesondert. Die späteren Arbeiten
aber stufen die Ton werte immer feiner
ab und bereichern sie durch Zwischennuancen
, um einen malerischen Gesamtton herzustellen
. Das farbige Gewebe wird nun immer
zarter, ja man begnügt sich manchmal sogar
mit einem hellen leichten Blau, wie es die
Kacheln Ruostallers in der Residenz (N. Bd. A,

xxxvn


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