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Fig. 18 „Schlüsselzunft", Fenster — Erdgeschoss
Unten Schlußstein I. Stock
wurde der ehemalige gotische Eckschmuck
(vielleicht einst der Sockel einer Heiligenfigur
?) oben in die Mitte der Fassade versetzt
(Taf. 4, 3). Die Schlüsselbärte auf
den Schilden der vermutlichen Konsole
sind wie auf den beiden schönen Rehefs,
die sich im Innern ebenfalls aus gotischer
Zeit erhalten haben, verschieden geformt
(Taf. 4, 1 und 2).
Von merkwürdiger Bildung sind die
Fenster des ersten Stockes. Vor das
Fenstergestell, das auf einem Gesimse aufruht
und den gerundeten Giebel trägt,
erscheint nochmals ein besonderer Fensterrahmen
gelegt. Vom Fussgesimse treten
auf diese Weise nur die äusseren Zipfelchen
hervor (Taf. 4, 5). Eine verwandte
Anordnung zeigen die Mitteltüren des
Markgräflerhofes, wo das Deckgesimse
ähnlich hinter dem Türrahmen hervorkommt
(Taf. 27, 1). Bis zu einem gewissen
Grade mag auch an die Türen des Augustinerhofs
(Taf. 102, 2) und des Antonier-
hauses (Taf. 148, 9) erinnert werden. Die
Segmentgiebel (Textabb. 18) gemahnen
an die Getäferaufsätze in dem um 1785
vom berühmten Kupferstecher Christian
von Mechel erbauten Erlacherhof, St. Johannvorstadt
17 (Bd. III, Taf. 40, 1 und
7), was vielleicht einen Anhalt zur Datierung
der Schlüsselfassade bietet. Für diese
Zeit sprächen auch die im Zopfstil so gern
angewandten Guirlanden, die an den
oberen Ecken herabhängen. Die Fenster
des Erdgeschosses sind — wie es nur am
de Bary'schen Landhause (Taf. 95) der
Fall ist - bis auf den Boden herunter
geschlitzt. Die schönen Brüstungsgitter
(Taf. 4, 5) mit den prachtvoll geschmiedeten
Rocaillen haben, wie wir schon in der
Einleitung erwähnten, wenig Gegenstücke.
Die inneren Dachkonsolen an der Rückseite
des gotischen Bogenfrieses könnten
auf einen ähnlichen Zinnengang wie am
Rathause schliessen lassen. Seit der Erhöhung
des Zunftsaales sind sie nicht
mehr vorhanden. Unsere Zeichnung (Taf.
3, 1) gibt noch den alten Zustand mit der
niedrigen, mit Balken im Dachstuhl aufgehängten
Decke.
Als Kuriosum sei zum Schlüsse erwähnt,
dass die hübsche Renaissanceumrahmung
der Sonnenuhr im Hofe mit den die
Jahreszeiten darstellenden Putten (Taf. 4,
8) früher keinem Geringeren zugeschrieben
wurde, als Hans Holbein d. J. selbst.
Das alte Zeughaus, Petersplatz 1
Tafel 5—8
Der prachtvoll lang hingestreckte Trakt
des Zeughauses mit seinen charakteristischen
mittelalterlichen Zinnengiebeln -
den einzigen, die sich in Basel erhalten
haben — ist nicht erst ein Bau des 18. Jahrhunderts
, sondern in der ganzen Masse ein
Werk des 15. Jahrhunderts.
Das Jahr 1437 hatte Misswachs gebracht
, 1439 fielen die Armagnaken bei
Dammerkirch und Altkirch ins Elsass ein.
Inmitten solcher Geschehnisse beschloss
man Vorsorge zu treffen und ein öffentliches
Kornhaus zu bauen. 1438 begann
man mit dem Bau auf dem zerstörten
Judenfriedhof. Wie sich aus den Angaben
in den folgenden Jahren ergibt, sollte das
Gebäude zugleich „zem Werghus" bestimmt
sein, also das Zeughaus aufnehmen.
1573 wurde die ehemalige Kirche des
Klosters Gnadental, Spalenvorstadt 2,
zum Kornhaus umgebaut. Indessen scheint
man das nun ausschliesslich Zeughaus genannte
Gebäude am Petersplatz noch immer
zur Ablagerung von Getreide benutzt
zu haben, hat man doch 1721 zu den darin
befindlichen Fruchtschütten nochmals eine
Haberschütte eingerichtet. 1582 hat man
dem Herzog Johann Casimir von Württem-
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