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erkennen, daß um das Jahr 1530 die Privathäuser
zum größten Teil schon in Stein
aufgebaut waren. Doch weisen die sichtbaren
Bauten der Hintergasse die typischen
Arkaden auf, die wir heute noch im
Stadtbild vorfinden, nur daß sie damals
meist noch durch Holzkonstruktionen gestützt
waren, während die späteren Umbauten
des XVI. und XVII. Jahrhunderts
diese durch gemauerte Stützen ersetzten,
wie sie heute am Hause Meyer-Rotenfluh
und an den rückwärtigen Fronten der
Hintergasse in offeneren und geschlosseneren
Formen vorkommen.
Tafel 3
Der Grundriß des Hauses Meyer-Rotenfluh
kennzeichnet die Art der Innenanlage
für jene Häuser, die an den Burghügel
anstoßen. Die hintere Hauswand sitzt direkt
auf der alten, bis zum I. Stock niedergelegten
Festungsmauer auf. Der Baumeister
des Hauses — Ully Styerli — hat
seiner Zeit Rechnung getragen, dadurch,
daß er das Erdgeschoß zur weiten Vorhalle
mit Gewölbe ausbaute, das Stiegenhaus
an die rechte Brandmauer verlegte
und die eigentlichen Wohnräume im Gefühl
barocker Weite auf die drei Stockwerke
verteilte. In der Straßenfassade
mischen sich gotische Erinnerungen an
die typischen Kleinfensterreihen (im ersten
und zweiten Stock) mit den neuen
Elementen der Renaissance, die vor allem
in der symmetrischen Anlage der Türen
und Fenster unter den Arkaden und in
diesen selbst zum Ausdruck kommen. Das
oberste Stockwerk, durch den Ausfall der
Rücksicht auf den Erker etwas freier geworden
, weist in der Fensteranlage eine
völlige Neuordnung auf, die weder auf den
Arkadenstock noch auf die Gliederung der
beiden übrigen Stockwerke Bezug nimmt.
Der ursprünglich steil ansteigende, ungebrochene
First des hohen Satteldaches hat
erst in späterer Zeit den Ausbau von zwei
Lukarnenpaaren erfahren, wobei die linksäußere
als Aufzug geplant, das durchgehende
Dachsims unterbrach und damit
die geschlossene ursprüngliche Wirkung
der Fassade nicht unwesentlich beeinträchtigte
. Der Erker, der sich über den
ersten und zweiten Stock hinzieht, ist im
halben Sechspaß angelegt und aus Stein
erbaut. Er weist verschiedene Steinmetzzeichen
auf. Eine Fratze dient als Träger,
oben schließt ein Turmaufsatz von gleichem
Grundriß das Ganze verjüngend ab.
Der Stein des Erkers ist bemalt.
Tafel 4/5
Das Fideikommißhaus Breny am Herrenberg
, das durch einen niederen Verbindungsbau
mit dem alten Stadtturm
verbunden ist, weist in seinem Grundriß
die gleichen räumlichen Anlagen auf, wie
das Haus Meyer-Rotenfluh. Auch hier ist
das Erdgeschoß zu einer weiten Eingangshalle
ausgebaut, von der die Treppe zum
ersten Stock emporführt. (Die untere
Halle ist in neuester Zeit mit Erinnerungsbildern
aus der Geschichte Rapperswils
dilettantisch ausgemalt worden.) Im ersten
Stock empfängt den Besucher eine
geräumige Wohndiele, die gegenüber dem
Hause Meyer-Rotenfluh die ältere Baugesinnung
zum Ausdruck bringt. Hier
herrscht noch durchaus gotisches Raumempfinden
. In der Ausstattung macht sich
durchgehends das Ringen der Renaissance
geltend, doch bleiben die Fensterpfosten,
die tragende Säule in der Mitte der Halle
(mit dem Datum 1503) und die einfache
Täferung von Wand und Decke noch deutlich
den gotischen Werkgesinnungen verbunden
. Der um diese Zeit im Besitz der
Familie von Hohenlandenberg liegende
Bau dürfte im Jahre 1503 einen gründlichen
Umbau erfahren haben. Dafür
spricht die gotische Anlage des Erdgeschosses
mit dem Spitzbogentor und
den kleinen Hallenfenstern, die wohl
einem älteren Bau zugehört haben. Die
Anlage der Fenster in den beiden oberen
Stockwerken zeigt schon den Sinn für
neue Verhältnisse und Raumaufteilung.
Das steile Dach ist dann wiederum Zeugnis
dafür, wie schwer es hielt, alte Bautraditionen
zu überwinden.
Das Straßenbild der Stadt Rapperswil
gibt dem Besucher noch häufig Gelegenheit
zu solcher Beobachtung, wie die verschiedenen
Bauzeiten an einem und demselben
Objekt um ihre Geltung ringen. So
ist z. B. das Gasthaus zum Bären ein Muster
der Durchdringung. Aus spätgotischer
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