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Bauzeit sind die charakteristischen Fensterzeilen
des ersten Stockwerkes geblieben
, während die Arkaden des Erdgeschosses
im XVII. Jahrhundert eine massige
, schwere Verkleidung der ehemaligen
Holzkonstruktion erfuhren, deren heutige
Gedrungenheit allerdings zum Teil auf die
Erhöhung des Straßenniveaus zurückzuführen
ist. Die Obergeschosse verkünden
nun deutlich das neue Raumgefühl in der
Verteilung der Mauerfläche und der Anlage
der symmetrisch angeordneten Fenster
bis hinauf zum Aufzug, der knapp
unter dem leicht geneigten Dach sitzt.
Tafel 7
Während den Privathäusern, die sich
um den Hauptplatz herum ziehen, eine
reichere Entfaltung von Fassadenwirkung
möglich war — Beispiel hiefür ist vor allem
das im XIX. Jahrhundert völlig umgebaute
Haus zur „Laube" —, stand den
Zeilenhäusern der Gassen nur selten ein
freierer Raum der Entfaltung zur Verfügung
. Mochte bei einzelnen Umbauten
wohl hie und da die Möglichkeit einer Zusammenlegung
von zwei engbrüstigen
Zeilenhäusern geboten sein, wie dies offenbar
beim Eckhaus Marktgasse Nr. 365 der
Fall war, so blieb doch im allgemeinen dem
Zeilenhaus der Gasse der bescheidene
Raum des alten Holzhauses zur Verfügung
was im XVI. und XVII. Jahrhundert im
Streben nach der Höhe und im Ausnützen
des Firstes durch ein nach der Straße zu
geöffnetes Walmdach sich bekundet (vgl.
Taf. 5 Haus Elsener).
Der Grundriß dieser Enghäuser (Taf. 7)
weist den natürlichen Drang auf, die
Wohnräume möglichst an die beiden Straßenseiten
zu verlegen, wogegen Treppenhaus
und Küche gezwungenermaßen ins
Dunkel der Hausmitte gedrängt werden.
So werden mittelalterliche Baugrundsätze
bei allem Wandel der technischen Mittel
zwangsweise in unsere Zeit hinübergetragen
. Was nun die Front dieser Häuser an
räumlicher Breite kargt, das sucht man
durch reiches Einfangen des Lichtes in
gotisch nachempfundenen Fensterzeilen,
oder später in gedrängten Fensterserien
zu ersetzen. Die Stockwerküberkragungen
(Hirschen) entspringen dem gleichen Bedürfnis
nach Raum und Licht dieser
schmalfrontigen Zeilenhäuser.
Tafel 8
Wenn das architektonische Gesamtbild
der Stadt somit noch stark von den bescheidenen
Raumverhältnissen der alten
Holzbauten bestimmt ist, auch wenn die
große Bauzeit von 1580 bis 1620 durchgehende
neuzeitliche Formen und Verhältnisse
an Stelle der alten Bauart setzte,
dann suchte der bürgerliche Besitzer sich
gelegentlich in schmückendem Beiwerk
über die Einfachheit der gegebenen Raumverhältnisse
hinwegzutrösten. Diesen Regungen
entsprechen vor allem die Erker,
von denen der eine am Hause Messerschmied
Elsener noch rein gotische Fensterprofile
aufweist, trotzdem der heraldische
Schmuck der Wappen Ricken-
mann-Rüssi den künstlerischen Charakter
der Spätrenaissance aufweist (Jahrzahl
1596). Die Freude an solch bewußtem
Besitzersinn hat im Jahre 1909 die alte
heraldische Zier sinngemäß erneuert und
ergänzt.
Zahlreich sind sodann die plastischen
oder heraldischen Fassadenzierden mit
den Wappen der Besitzer oder der Stadt
und sinnvollen Sprüchen. Auf dem Hauptplatz
weitet sich dieses Schmuckbedürfnis
in eine neuzeitlich weitergeführte Tradition
von eigentlicher Fassadenbemalung
mit geschichtlicher Deutung. Im Innern
der Häuser beschränkt sich das Schmuckbedürfnis
der älteren Zeit auf einige meist
heraldisch verzierte Fensterpfosten (Frauenhof
-Volkshaus) mit gotisch nachklingenden
Profilierungen oder neuzeitlicher
Figurallösung (weibliche Träger) mit saftigem
Rollenwerk und Wappenzier.
Tafel 6
Den Öfen kam schon seit dem XVI.
Jahrhundert eine eigentliche schmückende
Raumbedeutung zu, wofür die beiden
Proben (Taf. 6) als Ausdruck heimischer
Kunst Rapperswils zu würdigen sind. Der
ältere aus der Herrengasse (1707) ist das
Werk des Hafners Marx Fuchs, der jüngere
aus der Halsgasse (1792) wird von
XVI
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