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erhöht wird. Die Nähe des waldreichen
Weißtannentals hat hier den Innenausbau
des wuchtigen Steinhauses mit dem wärmeren
Material nahegelegt.
Daß dieser Good'sche Privatbau und
das Rathaus zu gleicher Zeit und wohl
auch vom gleichen Baumeister errichtet
wurden, das geht aus der charakteristischen
Art hervor, wie die Hausecken hier
und dort mit weißen Pilastern betont
werden, die beim „Schlüssel" ungebrochen
bis unter das Dach führen, beim
Rathaus dagegen einen kapitälartigen
Abschluß erfahren.
Tafel 18
Wer sich im Sommer zu einem Ausflug
ins Weißtannental verlocken läßt und dort
eine unberührte Alpenlandschaft kennen
lernt, der wird im Dorfe Weißtannen im
heutigen Postgebäude einen Massivbau
von bündnerischer Strenge der kubischen
Grundform erkennen. Der aus dem Jahre
1772 stammende, mit breitem, nach unten
leicht gebrochenem Satteldach versehene
Steinbau, ist mit mächtigen Felsenkellern
ausgerüstet. Die Innenmauern sind als
Riegelwände gebaut, die Stuben des ersten
Stockwerkes mit einfachem Tannengetäfer
ausgerüstet ; in den Balkenkreuzungen
der Holzdecke sitzen Rosetten. Der Bau
war ursprünglich Okonomiegebäude für
die Alpwirtschaft des Frauenstiftes zu
Schänis. Der rätische Anklang der strengen
Körperform findet seine Analogie in
den meist romanischen Flurnamen der
einstmals von Waisern bebauten Alpen.
Das Wohnhaus Tschirky am oberen
Dorfausgang ist dann wieder rein alemannischen
Bauernhaustraditionen hörig
. Das Mauerwerk ist über Kellerhöhe
geführt, darauf liegt der einfache Blockbau
mit den nach außen stoßenden Balkenköpfen
der Seiten- und Innenwände.
Das über die seitlich angeklebten Lauben
des zweiten Stockwerkes übergreifende
Satteldach ist mit gekreuzten Balkenträgern
gestützt, deren Enden leicht ornamentiert
sind. Unter den Fenstern läuft
in jedem Stockwerk ein Zierwerk des
Balkens, das in Verbindung eines wellenmäßigen
Kerbschnittes mit einem geometrischen
Doppelschnitt von verschobenen
Rechtecken ein einfaches ornamentales
Gefühl der bäurischen Zimmermannskunst
zur Schau trägt. Die Haustüre ist
aus gegenseitig schräg zusammenlaufenden
Riemen gezimmert und weist einen
einfach getriebenen Ring als Türklopfer
auf.
Tafel 19
Sargans
Das an der Südhalde des Schloßhügels
von Sargans liegende Städtchen greift in
seinen Bauten auf relativ kurze Zeiten
zurück. Seine historischen Erinnerungen
an den einstigen Glanz der Grafen von
Montfort und an den Übergang an die
7 alten Orte der Eidgenossenschaft im
Jahre 1483 konzentrieren sich im neurenovierten
Schloßbau, der mit wuchtigem
Baukörper und weithin winkendem
Käsbissenturin die Gegend beherrscht.
Im Jahre 1811 brannte das Städtchen
Sargans, „eine Handvoll hinter grauen
Ringmauern und Toren halbversteckter,
flachgiebeliger Riegelbauten mit Schindelbedachung
" bis auf die Kirche und ein
Kaplanenhaus nieder (8. Dezember). Den
Wiederaufbau an gleicher Stelle erkämpfte
damals temperamentvoll der Großrat und
nachmalige Gemeindeammann von Sargans
, Johann Baptist Gallati. Die neue
Regierung des Kantons St. Gallen hatte
nämlich den Vorschlag gemacht, das
Städtchen am Fuße des Schloßberges in
der Ebene aufzubauen, um bessere Verhältnisse
der Durchgangsstraße zu schaffen
. Baumeister Haitiner von Altstätten
hatte der Regierung bereits einen Bebauungsplan
ausgearbeitet. Im heutigen Rathaus
von Sargans erkennen wir das von
Johann Baptist Gallati als Familiensitz
errichtete neue Wohnhaus, das mitten im
Städtchen für den unabhängigen Amtsmann
und Führer der Selbständigkeitsbewegung
Zeugnis ablegt. Da kaum anzunehmen
ist, daß Gallati den für die
Regierung tätigen Baumeister Haitiner
für den Neubau seines Hauses beigezogen,
müssen wir den Bau einem auswärtigen
Baumeister unbekannten Namens zuschreiben
. Denn die auffallende Harmonie
der Außenfassade und die geschickte Anlage
des Grundrisses lassen hier nicht an
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