http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0016
Andrea Mantegna, Der hl. Georg.
Venedig, Akademie. Auf Holz, h. 0.61, br. o.32,
Photographie von D. Anderson in Rom.
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Diese Beschränkung auf die
Wirklichkeit, diese innere Sammlung
, das vollständige Beschäftigtsein
mit den eigenen Gefühlen
und Gedanken, diese Konzentration
der Person in sich ist bezeichnend
für alle Gestalten in
den Kunstwerken Mantegnas. Sie
lassen sich nicht durch den Beschauer
von ihrer Beschäftigung
oder aus ihrem träumerischen
Sinnen ablenken, mit einem
Worte, sie sind wahr, sie posieren
nicht vor dem Beschauer,
wie, mehr oder weniger, fast
alle Figuren der Kunst seit der
Hochrenaissance.
Mantegnas künstlerische Bedeutung
kann nicht sowohl in
Fortschritten der Technik gesucht
werden, obwohl auch er einen
Teil jener Verdienste für sich in
Anspruch nehmen dürfte, als
vielmehr in der genialen Intuition
neuer künstlerischer Naturbeobachtungen
. Schon in seinen
frühesten Werken giebt er die
Offenbarung einer bis dahin un-
geschauten Welt von Kunstformen
, von Bewegungen und
Gefühlsäusserungen, die er mit
wunderbarer Frische und Kraft
zur Anschauung bringt. Die Darstellung
des Charakteristischen,
nach der die Kunst des Quattrocento
überhaupt strebte, hat er
vermittelst einer neuen ganz persönlichen
Auffassung der Natur
zu erreichen gesucht.
Aus der Wirkung seiner
Fresken in der Eremitanerkirche
in Padua auf seine Zeitgenossen
können wir wohl ersehen, dass
der junge Künstler mit ihnen
gewissermassen eine neue Epoche
in der Kunst Oberitaliens eingeleitet
hat. Kaum einer der
bedeutenden Künstler neben und
nach ihm hat sich ganz dem
Einflüsse seiner hier schon in
festen Zügen ausgeprägten Kunstweise
entziehen können. Mantegna
selbst hat sich eigentlich
nicht so sehr weit über das Niveau
seiner ersten Werke hinaus ent-
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