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Lorenzo Bernini.
DIE Reifezeit der italienischen Kunst ist das liehen Stuhl nach einander inne hatten und die in
sechszehnte Jahrhundert. Der Glanz dieses ihren Nepotenlinien das Mäcenatentum als ein nobile
Jahrhunderts war so stark, dass er die Kunst der Nach- officium übten. Von diesen beiden Familien über-
barnationen überblendete und die Triebkraft ihrer ein- nahmen die Barberini die päpstliche Würde, und
heimischen Kunstübung
auf lange hinaus erstickte
. Im siebzehnten Jahrhundert
aber trat eine
Wendung ein und fast
ein Rückschlag: Spanien
und die Niederlande
brachten Künstler hervor
, denen Italien bei
aller immer noch grossen
Fülle der Talente keine
gleichwertigen entgegenzusetzen
hatte bis auf
einen. Bernini ist der
einzige Italiener dieser
Spätzeit, der mit Velaz-
quez und Murillo, mit
Rubens und Rembrandt
in eine Linie gehört,
und dies nicht nur, weil
er überhaupt ein ebenbürtiger
Genius war, sondern
aus dem viel bestimmteren
Grund, weil
seine Kunst inmitten einer
Umgebung, die epigonenhaft
auf Raphael
oder Correggio eingeschworen
blieb, den Weg
zu neuen Entdeckungen
fand, wie sie ähnlich den
spanischen und niederländischen
Künstlern gelangen
, Entdeckungen eines
Kunstideals, das man
„Illusionismus" zu nennen
sich gewöhnt hat.
Giovanni Lorenzo Bernini
ist 1598 in Neapel geboren, aber zeitig nach Rom
gekommen, wo er sein ganzes Leben lang gewirkt hat.
Er fing als Bildhauer an, und seine frühen Skulpturen
sieht man noch heute in den Sammlungen derBorghese
und Ludovisi zu Rom, eben der Familien, die im
Anfang des siebzehnten Jahrhunderts den päpst-
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Bernini, Apollo und Daphne.
Rom, Villa Borghese. — Marmorgruppe.
dem neuen Papst dieses
Hauses, der sich Urban
VIII. nannte, wird
(da er immer schon ein
Gönner des jungen Bernini
gewesen war) die
Aeusserung zugeschrieben
: es sei ja wohl ein
Glück für Bernini, dass
sein Gönner Papst geworden
sei, aber ein
noch grösseres Glück
erfahre sein Pontifikat,
da es mit dem Leben
Bernini's zusammenfalle.
Eben dieser Papst drängte
Bernini auf die Bahn
des Architekten. (Was
war das immer noch für
eine Zeit, da sich so etwas
befehlen Hess!) Bernini
war im Zug, die
Fassade von St. Peter umzubauen
, als Urban VIII.
starb. Der Nachfolger
war ihm anfänglich nicht
gnädig gesinnt und nahm
ihm die Würde eines
Architekten von St. Peter.
Bernini konnte ohne die
Gunst des Papstes sein
— in diesen Jahren der
Ungnade ist das Altarrelief
der heiligen Theresa
für die Kirche S. Maria
della Vittoria entstanden
—, aber auf die Dauer
erwies sich, dass das
Papsttum nicht ohne Bernini sein konnte. Er
hat nach Urban VIII. noch fünf Pontifikate erlebt
, in allen mit grossen Aufgaben beschäftigt.
Dazwischen ist er, schon ein Sechzigjähriger, nach
Paris berufen worden, wo, von Ludwig XIV.
angefangen, die ganze grosse Welt durch sein
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