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in derselben Weise mit und in
dem eigentlich Ornamentalen, in
der Gesamtheit der Decoration
auf, wie die Bilder der späteren
Zeit. Sie sind auch in vielem
übrigen von diesen verschieden.
Sie haben das, was jenen gänzlich
fehlt, Intimität und Stimmung
. Natürlich sind auch hier
Schilderungen mythologischer
Stoffe, die in der Antike zu
keiner Zeit ganz fehlen, aber
daneben tritt die Wirklichkeit des
Lebens, der die spätere Generation
nur die niedrigsten Seiten
für die Kunst abzugewinnen
wusste, in den Kreis der Darstellungen
hinein. Es sind
namentlich Kabinetstücke kleineren
Umfangs, die nach dieser Aus der Aldobrandinischen Hochzeit.
Seite hin als charakteristische
Aeusserungen des künstlerischen Könnens und Em- decoration eingefügt gewesen ist. Es ist wie alle
pfindens dieser Zeit gelten können. Ein Beispiel diese Wandbilder mit Freskofarben auf Stuck ge-
ist auf S. 50 in einem kleinen Gemälde aus Her- malt. Die Ausführung ist sehr flott und bestimmt,
kulanum abgebildet. In einem Gemach sitzt auf Der Künstler hat die Figuren in mittleren Farben
breitem Lager eine Frau und trägt auf zwei In- angelegt und dann mit eilender Hand lichte und
strumenten zugleich ein Musikstück vor, zwei dunkle Töne aufgesetzt in Flecken und kräftigen
Frauen und ein Mann hören gespannt, fast erregt Strichen, ohne, wie man nach manchen der vordem
gewiss sehr kunstvollen und schwierigen Vor- handenen Copien, auch der von Poussin, glauben
trage zu. Die Schilderung dieser einfachen und an- könnte, die Töne zu allmählichen Uebergängen inziehenden
Situation ist mit allem Reize feiner einander zu arbeiten. Er hat vielmehr die ver-
Stimmungsmalerei durchgeführt, in der Erfindung schiedenen Töne über- und nebeneinander unver-
so reizvoll wie in der coloristischen Behandlung, mittelt stehen gelassen und dadurch eine sehr lockere
die alle — später so gewöhnlich werdende — Effekt- malerische Formengebung und eine grosse Lebendig-
hascherei und Aufdringlichkeit verschmäht. Dieses keit und Frische der Gesamtwirkung erreicht. In
Concert ist nur ein Beispiel. Aus vielen anderen dieser selben Art sind jene Kabinetstücke gemalt.
Bildern klingen uns dieselben Töne entgegen, spricht Was sie im Kleinen geben, das giebt das Bild der
dieselbe Freude an der Wirklichkeit, dieselbe zarte Aldobrandinischen Hochzeit im Grossen mit seiner
Empfindung zu uns. Häusliche Vorgänge werden feierlichen, einen bedeutenden Vorgang schildernden
dargestellt: Zu festlichem Anlass wird ein Götterbild Komposition.
geputzt, ein Mädchen empfängt aus den Händen der Das Bild ist sehr in die Länge gezogen und
Genossinnen den bräutlichen Schmuck. Einfaches enthält nur wenige Figuren. Dadurch wird die
Beisammensein, Conversation, Musik, dann ein be- Einfachheit in der Behandlung des Räumlichen
stimmterer Vorgang, wie ein Dichter oder Schau- sehr auffallend. Fast über die ganze Fläche hin
Spieler die Vorbereitungen zur szenischen Aufführung ist eine Mauer geführt, die, wenig gegliedert,
trifft, und Ähnliches, das sind Motive, die gern ge- einen einheitlich ruhigen Hintergrund für die
sucht und mit aller Bewahrung ihrer intimen Reize Figuren abgiebt; sie ist in hellem, rötlich grauem
zur Darstellung gebracht sind. Diese Bilder wären Ton gehalten, über sie weg sieht man den blauen
den Menschen der Neronischen Zeit langweilig ge- Himmel. Vor der Mauer steht in der Mitte
wesen. Sie sind keine Prunkstücke; ihre Schönheit ein prunkvoll ausgestattetes Ruhebett; ein Jüngling
will gesucht sein. hat seine Braut, die ihm soeben vermählt worden
Der Zeit und Kunstart, die wir in ihnen kennen ist, in sein Haus eingeführt. Die Braut, züchtig
lernen, gehört auch das Gemälde der Aldobran- verhüllt, hat sich auf das Lager niedergelassen
dinischen Hochzeit an, das ursprünglich, wie es und erwartet von den Genossinnen, die sie geleitet
scheint, als Fries einer gemalten Architektur- haben, die letzten in dem Hochzeitsceremoniell vor-
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