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Reconstmierte Ansicht des ausgemalten Zimmers
in der Casa Bartholdy in Rom.
Südwand: Overbeck, Verkaufung und (über einer Tapetenthür) Veit, Versuchung
.— Westwand: Cornelius, Wiedererkennung und (Lünettc) Overbeck,
7 magere Jahre. — Nordwand: Schadow, Der blutige Rock und -Schadow,
Gefängnis. — Auf der hier fehlenden Ostwand: Cornelius, Traumdeutung; daneben
nach Süden eine Thür, in der Lünette Veit, 7 fette Jahre.
eben unsere Fresken — für seine gelungensten
Werke halten, weil in ihnen der Zug von Dürerischer
Herbheit, die seine früheren Arbeiten kennzeichnet,
mit dem abgeklärten Schönheitsgefühl am reinsten
verschmolzen ist.
Er traf in Rom mit Genossen zusammen, welche
die denkbar verschiedensten Richtungen vertraten.
Auf der einen Seite Thorwaldsen und die Klassicisten,
auf der anderen die Schwärmer eines neuen Kunstglaubens
, an ihrer Spitze Overbeck, verbunden im
Widerspruche gegen das akademische Wesen der
damaligen Zeit, tief durchdrungen von ihrer Mission.
Man kann diese Romantiker, die sogenannten
„Nazarener" und ihre Werke kaum betrachten, ohne
an die Geistes-Erneuerung erinnert zu werden,
welche das Auftreten des heiligen Franciskus in
Italien hervorgerufen hatte. Er fand glühende
Verehrer unter den Malern. In Friedrich Overbeck
hat sich der Wundermann von Assisi in seinem
seraphischen Wesen einen späten Bekenner erweckt.
Und dieser hat dem Heiligen an der Stätte seines
Wirkens in Assisi auch eine künstlerische Huldigung
dargebracht, ein Freskogemälde in der Portiuncula-
Kapelle, das nicht lange nach den Arbeiten für
Bartholdy entstand und vermöge seiner feierlichen
Schönheit beredtes Zeugnis für Overbecks Gesinnung
ablegt. Unverwandtes inbrünstiges Betrachten
des Urquells aller Schönheit und Wahrheit
verlieh ihm ähnlich wie dem Franciskus, der die
Wunden Christi an seinem Leibe trug, eine Art
körperlicher Berührung mit den heiligen Gestalten
des christlichen Glaubens. Profane Gegenstände
hat er seitdem fast gar nicht mehr dargestellt, aber
eine sehr bemerkenswerte Ausnahme bilden die
Wandgemälde in der (jetzt fast ganz unzugänglichen
) Villa Massimi am Lateran, Scenen aus
Tasso's Befreitem Jerusalem, holdselige Darstellungen
, die nur dem Gegenstande nach weltlich
sind und den Geist der Legende atmen. Je länger
je mehr hatte für ihn die Kunst nur Geltung und
Berechtigung, wenn sie sich eins fühlte mit dem
Glauben und ihre Aufgaben innerhalb der sichtbaren
römischen Kirche fand, zu der er sich denn
auch mit reinster Hingebung bekannte.
Aehnlichen Geistes war Philipp Veit, doch steht
er an künstlerischer Bedeutung Overbeck nach. Als
jüngster unter den Genossen hatte er zuerst den
Mut, sich nach den Vorschriften von Carl Eggers
in der Malerei auf nassem Kalk (Fresko) zu versuchen
und mit so gutem Gelingen, dass die
Freunde ebenfalls Hand anlegten, um — freilich
unter Mühen und Seufzen ihr Werk durchzuführen
.
Die Nazarener oder Klosterbrüder von Sant'
Isidoro, wie sie nach dem Kloster genannt wurden,
wo sie arbeiteten und sich gegenseitig Akt standen,
waren von vorn herein das Stichblatt des Spottes
der Andersgläubigen. Goethe tadelt, dass sie sich
völlig rottenweise abgesondert und Anderen, namentlich
den jungen Ankömmlingen in Rom, zu Leibe
gingen, wenn sie sich nicht bekehren Hessen und
nicht zum Katholicismus übertreten wollten. Von
anderer Seite wurde ihnen nachgesagt, sie trügen
die Miene der Auserwählten herausfordernd zur
Schau und man brächte in Rom vor diesen Leuten,
die mit langwallendem Haar und einem gewissen
Sanscülottismus einhergingen, die Kinder in Sicherheit
, weil sie bösartigen Bettlern oder Magiern
glichen. Das sind nun freilich übelwollende Ueber-
treibungen, aber zu leugnen ist nicht, dass die
Neuerer meist ziemlich anmassend auftraten. Die
Künstler von klassischer Richtung warfen ihnen die
ausschliessliche Verehrung der altitalienischen Meister
im Gegensatz zu den Heroen ersten Ranges vor.
Und das traf in der That bei den Meisten zu.
Aber wenn sie sich in ihren Werken dem Stile
der vorraphaelischen Kunst näherten, so beruhte
dies fast durchweg auf wahrhafter Uebereinstimmung
der Anschauungen. Nur Overbeck verdient den
Tadel einer absichtlichen Rückbildung der Formensprache
, von welcher manche seiner Genossen
nicht freizusprechen sind, keineswegs. Denn gerade
er hat früher als Andere das Vorurteil fallen
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