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ERLÄUTERUNGEN
1. Van Dyck: Lord Philipp Wharton. Die vornehme Eleganz
in der Haltung des 19 jährigen Lord, die reiche aber gedämpfte
Färbung sind für die Auffassung, mit der van Dyck am Hofe
Karls I. sein Glück machte, ebenso charakteristisch wie das
künstliche Arrangement. So wenig der Schäferstab zu der
aristokratischen Hand und dem blasierten Ausdruck des schönen
Jünglingskopfes passt, so willkürlich wirkt die Anbringung des
grünen Vorhanges vor der braunen Felswand des Hintergrundes
Davon abgesehen zählt das Bildnis zu
den glücklichsten
Schöpfungen van Dycks aus seiner englischen Zeit. Sehr
geschmackvoll ist das ■ Kostüm, ein grauviolettes Wams mit
kühlen Glanzlichtern und ein schön drapierter Mantel aus
gelber Seide. (Die Bezeichnung des Bildes, rechts unten, ist
schwerlich gleichzeitig.)
2. Botticelli: Der Frühling. (Das Reich der Venus.) Die
Vorstellungen von der „Antike", welche durch Polizianos
gelehrte Dichtung der Florentinischen Gesellschaft der Fi üh-
renaissance geläufig geworden waren, erhielten durch Botticellis
künstlerische Gestaltung Seele und Körper. Frau Venus, als
Göttin der wiedererwachenden Natur, über ihrem Haupte
schwebend als Sinnbild ihrer Macht der pfeilentsendende blinde
Gott der Liebe, erscheint in königlichem Schmuck in ihrem
Reiche; sie umkreisen jene mythischen Geschöpfe, von denen
die Alten zu erzählen wissen, dass sie der Herrin Venus die
Schönheit und der Jugend Blütezeit zur Erde herabbringen
halfen. Wir sehen (rechts auf dem Gemälde), wie Flora durch
Zephyrs Hauch und Berührung zur Blumenspenderin wird;
ihnen voraus schreitet, Blüten streuend, ein junges Weib, die
reifende Pracht des Frühlings verkörpernd. Neben ihr schwingen
sich die drei Grazien im Reigen, die Göttinnen herber Jugendanmut
. Hermes endlich scheucht mit seinem Schlangenstabe
die Wolken aus dem Reiche der Liebe.
3. Vermeer van Delft: Der Maler in seinem Atelier. Das
Atelier, wie es unser Bild zeigt und wie es nicht unähnlich
auch andere Künstler, Rembrandt und Ostade z, B., geschildert
haben, pflegte damals ganz wie heutzutage ein recht con amtre
ausgestatteter Innenraum zu sein, mit Stoffgehängen und seltenem
Mobiliar gezielt, kurz eine Umgebung, die die Phantasie anregt
und unerfreuliche Eindrücke fernhält. Aus der Kostümkammer
des Künstlers scheint das zerschlissene schwarzseidene Wams
herzurühren, das er selbst auf unserem Bilde anhat. Links das
Modell, nach dem er aibeitet, soll wohl eine Kalliope vorstellen.
In dieser Figur gelangt der gesunde, aber zuweilen etwas hausbackene
Realismus der Niederländer zur Geltung, ein Darstellungsprinzip
, zu dessen Pflege auch der „Delft'sche Vermeer" eingut
Teil beigetragen hat.
4. Leonardo da Vinci: Bildnis der Mona Lisa. Vier Jahre
hatte Leonardo, so erzäh't Vasari, an unserem Bildnis gemalt,
um es endlich als unvollendet aus der Hand zu geben. Der
Künstler hat die anmutige Gattin des Francesco del Giocondo
in einer offenen Halle sitzend dargestellt, das Angesicht voll
dem Beschauer zugewandt; der feine Mund lächelt, aber auch
in den Augen spielt das Lächeln; geistvoll, leise ironisch umzuckt
es die Mundwinkel, so dass wir in einem lebendigen
Kontakt mit dem Urbild des Porträts uns zu befinden meinen.
Wenn man sich endlich von dem Eindruck des Kopres zu
befreien vermag, so gewahrt man mit Entzücken den Ausblick,
den die Loggia weit ins Land gewährt — die freudige Klarheit
eines schönen Tages, die wundervoll mit dem Sonnenglanz
harmoniert, den ein zaubervolles Lächeln, von Meisterhand fest-
gehalten, über das Angesicht der „Gioconda" verbreitet.
Göttergruppe vom Parthenonfries. Der Parthenon in
Athen ist in den vierziger und dreisMger Jahren des fünften
Jahrhunderts \or Chr. erbaut. In den Giebeln war auf der Ostseite
die Geburt der Aihena, auf der Wes'seite der Streit der
Athena und des Poseidon um das attische Land dargestellt. Die
Reliefs der Metopen schilderten Szenen aus den Kämpfen der
Lapithen und Kentauren, aus dem Streite der Götter und
Giganten, aus der Eroberung Trojas. Um die Cella herum zog
S|ch aussen das Schmuckband eines Frieses mit dem Bilde
des Panathenaeischen Festzuges. Die hier abgebildete Platte
des Frieses stammt von der Mitte der Ostseite, wo die Götter
dargestellt sind, wie sie die herannahende Prozession erwarten.
Man sieht Poseidon und Apoll, daneben Peitho, die Göttin der
Ueberredung, die hier als Begleiterin der Aphrodite an dem
Feste teilnimmt. Diese Gruppe ist die am besten erhaltene des
Frieses, der durch seine geschützte Stelle am Bau überhaupt
weniger gelitten hat, als die allen Einflüssen der Witterung frei
ausgesetzten Bildwerke der Metopen und Giebel. Die stärkste
Beschädigung hat den Tempel und seinen plastischen Schmuck
im Jahre 1687 bei der Belagerung der damals von den Türken
besetzten Burg durch die Venezianer betroffen: eine Bombe
brachte das im Parthenon lagernde Pulver zur Explosion und
riss das Gebäude auseinander. Im Anfange unseres Jahrhunderts
ist dann der grössere Teil der nach dieser Katastrophe noch
erhaltenen Skulpturen durch Lord Elgin von dem Tempel entfernt
und nach London gebracht worden.
6. Schwind: Die Hochzeitsreise. Das abgeschlossene Landstädtchen
, auf dessen Marktplatz mit dem patriarchalischen
Wirtshaus und dem Krämerladen die Berge hereinschauen, und
wo unter der Linde der alte Brunnen rauscht, umflossen von
einer Morgensonne, deren Schein Menschen und Tiere behaglich
zurückstrahlen, das hatte der Künstler selbst empfunden, als er
sein junges Weib der Familie daheim in Wien zuführte! Der
junge Ehemann ist Schwind selbst, dem Hausknecht hat er mit
liebenswürdigem Humor die Züge seines Freundes, des Komponisten
Lachner, gegeben.
7/8. Schlüter: Das Reiterstandbild des Grossen Kurfürsten
. Das bronzene Reiterstandbild des Kurfürsten Friedrich
Wilhelm ('[ 1688), das Meisterwerk Andreas Schlüters, ist in
engem Zusammenhange mit dem Bau der Langen Brücke, dem
ersten steinernen Brückenbau in Berlin, entstanden. Auf einem
Ausbau steht das Monument in ähnlicher Anordnung wie das
Heinrichs IV. auf dem Pont neuf zu Paris. Die Anordnung ist
bei dem 1895 erfolgten Umbau der Brücke beibehalten, das
Denkmal jedoch dem erweiterten Standplatze entsprechend um
6 Stufen gehoben worden. Die beiden Hauptteile, Marmorsockel
und Reiterbild, sind im glücklichsten Verhältnisse zu
einander entworfen. Die Statue, dem Zeitgeschmacke folgend
in antiker Tracht mit Perrücke, auf lebendig gebildetem Streitrosse
, erscheint als die Verkörperung von Kraft und Herrscherwürde
und bringt gleichwohl die Persönlichkeit des Kurfürsten
in bildnisartiger Treue zum Ausdruck. Haltung und Bewegung
der gefesselten Sklaven am Sockel tritt in wirksamen Gegensatz
zur Ruhe des Herrscherbildes über ihnen. Diese Eckfiguren
sind, wiewohl gleichfalls von Schlüter entworfen, erst einige
Jahre nach Vollendung der Reiters'atue, 11. Juli 17öS, hinzugefügt
. Sie sind von wesentlicher Bedeutung für den Aufbau
und die Abrundung des Ganzen geworden. — Die Figuren
und Bronzeteile sind nach Schlüters Modellen von Johann Jacobi
gegossen.
9. Vigee-Le Brun: Selbstbildnis. 1789 veiiiess unsere
Künstlerin, ein Liebling des Hofes, den gefährlichen Boden ihrer
Vaterstadt. In Rom, 1790, entstand das Selbstporträt, für die
Galerie von Künstlerbildnissen in den Uffizien, einem in Florenz
gegebenen Versprechen gemäss, bestimmt. Es trägt deutlich
die Meikmale einer talentvollen, unwiderstehlich liebenswürdigen,
aber etwas oberflächlichen Künstlernatur. Das Stellungsmotiv,
entstanden aus den Vorbedingungen des Selbstporträts, ist das,
dass die Künstlerin beim Malen eines Bildnisses (der Marie-
Antoinette) prüfend einen Blick auf das Modell wirft — in
Wirklichkeit kokettiert sie anmutig mit dem Beschauer.
10. Mantegna: Das Martyrium des hl. Jacobus. Die Ausschmückung
der Capella di S. Cristoforo in der Kirche der
Augustiner (Eremitani) in Padua wurde einige Jahre nach 1443
Squarcione in Auftrag gegeben und von dessen Gehilfen noch
vor 1460 vollendet. Der Hauptanteil an dem Werke kommt
Mantegna zu, der, noch ein Jüngling, hier zum ersten Male
Gelegenheit fand, in einem grossen Freskowerke sein Talent zu
zeigen und zu entwickeln. Im einzelnen ist seine Teilnahme
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