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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0084
an der Ausführung noch nicht festgestellt worden. Sicher sind
von ihm die beiden unteren Fresken zur rechten Hand, die
Darstellungen aus der Legende des h. Christopherus enthalten,
und die Gemälde zur Linken mit Szenen aus dem Leben des
h. Jacobus, denen unser Fresko entnommen ist. Vgl. auch
Text S. 7.

II. Van de Velde: Der Künstler mit seiner Familie. Das

hier abgebildete Hauptwerk des vielseitigen Adriaan van de Velde
hat einen ungewöhnlichen Gegenstand und besonderen novellistischen
Reiz: Der Maler selbst mit seiner Frau und seinen
Kindern an einem heiteren Sommernachmittag im Freien. Das
Bild atmet ruhige Feiertagsstimmung, eine wohlhabende bürgerliche
Würde, eine glücklich ruhende Existenz. Zu dem warm
leuchtenden Gesamtton der Landschaft, die übrigens in der
Formation ein wenig an Adriaans Lehrer, an Wynants, erinnert,
in der Klarheit der schönen Lokalfarben, dem emailartig festen
Auftrag vereinigt das Gemälde alle gesunden Eigenschaften, die
allgemein giltigen Malertugenden des Meisters, der nie missverstanden
oder unterschätzt werden konnte, wie etwa Frans
Hals, und nie überschätzt wurde, wie etwa Gerard Dou.
12/13. Dürer: „Die vier Apostel." Der Ev. Johannes
und Petrus. — Paulus und Marcus. Dürers Hauptwerk
der kirchlich monumentalen Malerei stellt sich als Fragment
dar. Wenigstens wird mit Recht vermutet, dass die beiden
schmalen Tafeln angelegt wurden als Flügel zu einem Mittel-
Bilde, auf dem etwa die Kreuzigung Christi dargestellt werden
sollte. Zur Vollendung ist ein solches Altarwerk jedenfalls nie
gekommen, und unsere Doppeltafel verehrte der Meister am
7. Oktober i52Ö dem Rate der Stadt Nürnberg. Die Stadt
erwies sich freilich solcher Gabe nicht wert, da sie 100 Jahre
später das Werk dem Kurfürsten Maximilian I. von Bayern
überliess und sich mit Kopien begnügte, von den Originalen
nur die Fussteile mit Bibelstellen zurückbehielt. Die geläufig
gewordene Benennung „Die vier Apostel" ist insofern nicht ganz
genau, wie Marcus kein Apostel ist. Eine alte Tradition, die
im Angesichte der Gemälde und im Hinblick auf Dürers Art zu
denken und zu schaffen recht eingänglich ist, nennt die Darstellung
„Die vier Temperamente". Im Johannes wird der
Melancholiker, im Petrus der Phlegmatiker, im Marcus der
Sanguiniker und im Paulus der Choleriker gern erkannt. Dürer
hat die Charaktere mit tiefer Teilnahme und grosser Sorge
gestaltet, das Malwerk auch in grossen Zeichnungen nach der
Natur vorbereitet.

14. Jacopo Sansovino: Bacchusstatue. Das Marmorbild des
fröhlich ausschreitenden göttlichen Knaben gehört in Jacopos
frühe florentiner Zeit, als er, heimgekehrt aus dem anregenden
römischen Künstlerkreise, sein natürliches Gefühl für
Anmut und Liebreiz mit der klassischen Formenreinheit der
Antike verbinden gelernt hatte. Die Statue entstand wahrscheinlich
im Winter 15 13-—14. Als Modell benutzte der Meister
einen seiner „garzoni", Pippo del Fabbro, der beim Aktstehen
umsomehr von der winterlichen Kälte zu leiden hatte, je eifriger
sich der Meister seiner Arbeit hingab. Für ein Gartenhaus in
der Villa des Giovanni Bartolini bestimmt fand das Werk
namentlich durch das technisch kühne Motiv des frei erhobenen
Armes mit der Schale die Bewunderung aller Zeitgenossen.
Nach des Bestellers Tode schenkte dessen Bruder Gherardo
den Bacchus Herzog Cosimo, der ihn in seinem Zimmer aufstellte
. Bei einem Brande 1762 fiel die Statue in Stücke und
konnte nur mit vieler Mühe nach einem früher geformten
Stucco wieder zusammengesetzt werden. Lange Jahre stand
sie dann in den Uffizien, bis sie neuerdings in den Bargello kam.

15. Henri Regnault: Bildnis des Generals Juan Prim. In
der kurzen aber glänzenden Laufbahn des Malers, dessen Erfolge
durch seinen Tod auf dem Schlachtfeld eine Zeitlang fast verdunkelt
zu werden schienen, bezeichnet dieses Porträt den
Höhepuukt. Der Held der Revolution beherrscht mit ebenso
sicherer Ruhe die ungebändigte Kraft seines schäumenden
Rosses, wie er die entfesselten Scharen zu leiten weiss, die ihm
zujauchzen. Man darf das etwas theatralische Pathos über den
hohen künstlerischen, vor allem coloristischen Eigenschaften
und der echt südländischen Leidenschaft vergessen, die dem
Bild, weit über das Porträt hinaus, historische Bedeutung geben.
Der Künstler war bei seinem Aufenthalt in Madrid 1868 Augenzeuge
jener Volkserhebung, die er in ihrem bedeutendsten
Führer so grossartig zu verewigen berufen war.

16. Gottfried Schadow: Das Grabmal des Grafen von der
Mark. Das 1791 vollendete Grabdenkmal des Grafen Alexander
von der Mark, des achtjährigen natürlichen Sohns König Friedrich
Wilhelm II. in der Dorotheenstädtischen Kirche in Berlin, ist
Gottfried Schadows erstes hervorragendes Werk, und vielleicht
auch sein bedeutendstes. Er schuf es nach der Rückkehr aus
Rom. Dort hat er die Anregung zu der „zarten Idee" empfangen,
durch welche er den von anderer Seite in Vorschlag gebrachten
Entwurf zu einem der edelsten Werke moderner Sepulkralkunst
machte. Ursprünglich war dargestellt, wie das Kind vom Zeitgott
der Minerva entrissen und in die Unterwelt entführt wird,
um deren Felsenhöhle die Parzen walten. Schadow verwies
die Hauptszene in kleinem Massstab an die Front eines

Sarkophages, auf welchem der Knabe wie im Schlafe ruht, und
erhob die Schicksalsgöttinnen zu einer diesem Teil des Denkmals
an Grösse überlegenen Gruppe, für welche eine oberhalb
der Inschrifttafel flach in die Wand eingetiefte Bogennische den
Standort bietet. Das Relief erinnert an die ,,Abschiedsszene"
antiker Sarkophage, die Grabfigur und die Gesamtanordnung
an den Typus italienischer Renaissancegräber, die Parzengruppe
ein wenig an Gestalten in Michelangelos Sixtinischer Kapelle.
Allerdings mangelt ihnen deren grosser Wurf. Die klassische,
idealistische Seite von Schadows Schaffen kann man hier gut
würdigen. Und diese war ihm selbst die werteste. Klagt er
doch, dass ihm später niemals wieder ein so ,,poetischer" Auftrag
zu teil geworden sei, wie dieses Grabmal, und bezeichnet
ihm gegenüber einen Hauptteil der ihm gestellten Aufgaben,
die Porträtstatuen, als „undankbare, prosaische Teufeleien"!

17. Moroni: Bildnis des Giovanni Antonio Pantera (?).
Den Griff ins volle Menschenleben hinein zu thun, das war die
Aufgabe, die sich Moroni immer wieder in seinen Bildnissen
gestellt hat. Wie er uns den „Schneider" bei der Beschäftigung
des Zuschneidens vorführt (vgl. Bd. I Tf. io5), so den gelehrten
Mann bei der Lektüre eines Buches. Eine Stelle der
,,monarchia di Cristo" hält wohl seine Aufmerksamkeit fest, er
lässt das Buch sinken und hängt den Gedanken nach, welche
in ihm geweckt sind. Als hätte der Maler diesen zufälligen
Augenblick fixieren wollen, scheint es, so unmittelbar ist der
Eindruck wiedergegeben; aber die eindringende Charakteristik
zeigt unwiderleglich, dass dieser Moment mit Bedacht als der
für den Dargestellten (angeblich Giov. Ant. Pantera) bezeichnendste
ausgewählt ist.

18/19. Dürer: Der Baumgartner'sche Altar. Auf der
Mitteltafel ist die Anbetung des Christkindes dargestellt. Der
Blick fällt aus beträchtlicher Höhe in die Ruine, in der das
Christkind, von einigen Kinderengeln bedient, auf dem Boden
sitzt; ihm zugewandt knieen, sich gegenüber in einer Linie,
die schräg in die Bildtiefe hineingeht, Joseph links, Maria
rechts. In der Ferne nahen die Hirten. Auf dem rechten
und dem linken Flügelbilde steht je ein Rittersmann, die Figuren
der Mitte überragend, lebensgross, durchaus porträtartig,
rechts angeblich Stephan Baumgartner und links der Bruder,
Lucas. Diese Flügelbilder sind im 17. Jahrhundert, nachdem
der Altar aus der Catharinenkirche zu Nürnberg in den Besitz
der bayerischen Kurfürsten gekommen war, beträchtlich auf
beiden Seiten verbreitert worden von dem Maler J. G. Fischer.
Damals geschah dem Altar sonst noch allerlei Unbill, indem
die Gestalten der hl. Barbara und Catharina von den Rückseiten
der Flügel verloren gingen, vermutlich auch eine Reihe
kleiner Stifterfiguren am Fusse des Mittelbildes getilgt wurden.
— Dürers Biograph Thausing setzt die Ausführung des Werkes
etwa in das Jahr i5oo, beurteilt sie nicht besonders freundlich
und nimmt die Mitwirkung von Schülern an. Das Beste jedenfalls
, die kriegerisch gerüsteten Patrizier auf den Flügeln, sind
ganz des Meisters eigenes Werk.

20. Watteau: Das Firmenschild des Kunsthändlers
Gersaint. Totkrank kehrt Watteau im Sommer 1720 von
einem kurzen Aufenthalte in England nach Paris zurück. Er
sucht und findet ein Heim bei seinem alten Freunde, dem
Kunsthändler Gersaint. Watteau zeigt seine Erkenntlichkeit,
indem er für seinen Gastwirt ein Firmenschild malte, bestimmt
für die Aussenseite von dessen Laden am Pont-Neuf und diesen
Laden (nach der Strasse zu offen gedacht) selbst darstellend. —
Das Bild, das später in zwei Stücke zersägt wurde, wird mit
Recht als ein Hauptwerk des Meisters angesehen. Es ist in
wenigen Tagen entstanden. Die Mühelosigkeit, mit der Watteau
die der Natur abgelauschten Stellungen und Gruppierungen
wiederzugeben verstand, hat hier ihren Höhepunkt erreicht.

21. Weibl. Figur von der Akropolis. Die Figur ist im
Oktober 1888 bei den Ausgrabungen auf der Akropolis in
Athen gefunden. Sie gehört zu den Bildwerken, die als Weihungen
in grosser Zahl im sechsten vorchristlichen Jahrhundert
auf der Burg aufgestellt waren, dann bei der Einnahme durch
die Perser umgestürzt, zerschlagen, verbrannt wurden und danach
als Bauschutt in die Ecke kamen, als die Burg in den
Zeiten des Kimon und Perikles wiederhergestellt wurde. Die
Statue, in ihrer äusserst zierlichen feinen Ausführung und in
der Anmut ihrer Erscheinung eines der schönsten unter den
altertümlichen Werken der griechischen Kunst, giebt das Bild
einer sehr jugendlichen weiblichen Gestalt, die reich geputzt
und feierlich dasteht. Die linke Hand hielt den Zipfel des Gewandes
, der rechte Unterarm war vorgestreckt; er war, wie
auch der Kopf, besonders gearbeitet und eingesetzt. Die
Kleidung, ein weiches Untergewand mit Halbärmeln und ein
faltenreiches, oben breit übergeschlagenes Oberkleid, dazu die
Stephane im Haar und die Ohrgehänge geben ein getreues Abbild
der athenischen Frauentracht in Pisistratischer Zeit. —
Sehr reich und wirkungsvoll, aber mehr auf den Eindruck
harmonischer Buntheit als auf Wiedergabe der natürlichen
Färbung ausgehend, ist die Bemalung des Marmors. Die verwendeten
Farben sind blau, rot und schwarz. Blau ist das
Aermelgewand, blau und rot die Verzierungen auf dem weissen

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