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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0085
Mantel und an dem Schmuckwerk. Am Kopfe wirkt das Rot
des Haares, der Lippen und der schwarzgeränderten Augenbrauen
um so lebhafter, als das Fleisch, wie immer bei
griechischen Marmorwerken, unbemalt geblieben ist.

22. Rethel: Die Gerechtigkeit. Das Bild zeigt den Entwurf
zu einem Gemälde, das heute verschollen ist. Die Komposition
trat dem Künstler einst noch in Düsseldorf blitzartig beim
Anhören einer Beethovenschen Sonate vor die Seele. Die
Ausführung fiel in die ersten Jahre des Frankfurter Aufenthaltes
, auch dies Bild also noch die Schöpfung eines Jünglings
! Das Gemälde erregte ungeheures Aufsehen und soll,
nach einer Sage, durchs Los des Kunstvereins in den Besitz
eines ungerechten Richters gekommen sein und diesen zum
Wahnsinn getrieben haben. Die gewaltige Wirkung, die auch
der Entwurf verrät, beruht auf einer Reihe starker Kontraste;
einerseits die Sicherheit der Vergeltung, die ruhig heranschwebt
, in der Lichtgestalt, andererseits die wahnsinnige Hast,
die doch völlig vergeblich ist, in der dunklen Silhouette des
Verbrechers. Dann lässt das schmale Format Mord, Reue und
Vergeltung in einer Linie unmittelbar übereinandersehn, auch
scheint so der Flüchtling kaum Platz zum Entrinnen zu haben.

23. Rethel: Gebet vor der Schlacht bei Sempach. Vor
dem entscheidenden Siege bei Sempach warfen sich die
Schweizer nach ihrer Gewohnheit auf die Kniee zum Gebet,
während der österreichische Adel kampflustig auf ihren Angriff
harrte. Joh. Müllers Schweizergeschichte, im Anfang unseres
Jahrhunderts in ganz Deutschland gelesen, hat Rethels Phantasie
zu diesem Bilde begeistert. Die Komposition (1834 datiert)
zeigt als Arbeit eines Achtzehnjährigen eine unglaubliche Frühreife
. Vortrefflich ist in der Schar der Schweizer die Mischung
von Rauflust und religiöser Andacht wiedergegeben, wie auch
das kurze Anhalten im allgemeinen Vorwärtsstürmen, und aus
den Linien des Bildes weht uns die Spannung entgegen, die
verhängnisvollen Minuten voranzugehen pflegt.

24. Marocchetti: Das Denkmal Emanuel Philiberts. Mitten
auf der Piazza San Carlo hat Herzog Karl Albert von Savoyen
dem grössten seiner Vorfahren, Emanuel Philibert (1628— i58o),
ein Reiterdenkmal errichten lassen. Es stellt den „Herzog
Eisenkopf" dar, wie er sein Schwert in die Scheide zurück-
stösst, es von nun an für immer mit dem Szepter des sorgenden
Landesherrn zu vertauschen. Die seitlichen Reliefs berichten
von des reisigen Herrn ruhmvollen Thaten : die Westseite
schildert den entscheidenden Sieg von St. Quentin, mit dem der
Herzog seines Vaters an Frankreich verlorene Ehre wiederherstellte
; die Ostseite enthält den Frieden von Cateau-Cam-
bresis, durch den der Fürst den grössten Teil seines väterlichen
Erbes zurückgewann. i838, als das Denkmal errichtet
wurde, war Karl Albert dabei, ungeachtet des Einspruchs
Österreichs, ein nationales Heer zu schaffen : da mochte es ihm
an der rechten Zeit scheinen, das Bild des alten Schirmherrn
der savoyischen Ehre und Unabhängigkeit in die bedrohte
Gegenwart zu stellen.

25. Raffael: Bildnis des Papstes Julius II. Der Auftrag zu
dem Porträt des Papstes Julius II. (i5o3— i5i5) kam Raffael
zu einer Zeit, wo alles zusammentraf, ihn der Grösse einer
solchen Aufgabe gewachsen zu zeigen: neben der höchsten
künstlerischen Meisterschaft eine vollendete geistige Reife, die
ihm das Verständnis für die Person des gewaltigen Papstes
erschloss, und eine an den monumentalen Fresken des Vatikan
geschulte Fähigkeit, die weltgeschichtliche Erscheinung restlos
wiederzugeben. So glauben wir den Mann zu sehen, der selbst
zu Felde zog und Städte niederwarf, der in seinem Handeln nie
eigennützige Zwecke verfolgte, sondern nur ein Ziel, die Macht
der Kirche, kannte, und dessen grossem Wollen die unabhängigsten
Geister wie Bramante und Michelangelo willig
dienten.

26. Ter Borch: Der Liebesbrief. Es ist wohl eine sehr
direkte und persönliche Angelegenheit, die hier den berittenen
Boten im Toilettenzimmer einer hohen Dame Einlass finden
Hess. Die Kavallerietrompete, die über seinem Rücken herabhängt
, lässt an die Rolle eines Parlamentärs denken, und wer
weiss, ob es nicht wirklich der Träger wichtiger Verhandlungen
zwischen zwei kriegführenden Parteien ist, der da seine Botschaft
— Krieg oder Frieden — in den Falten eines Briefchens
überbringt, das die Adressatin, durch die Gegenwart der Zofe
sichtlich in Verlegenheit gesetzt, noch anzunehmen zögert.

27. Van der Neer: Winterlandschaft. Eine weite Eisfläche,
belebt mit vielen Figürche'n, die spielen, Schlittschuh laufen
oder in Schlitten fahren, ein hoher schwerer Schneehimmel,
im Grunde ein Stadtprofi!, ganz vorn ein dunkler Streifen, Gras
und liegende Baumstämme, wie zur Verstärkung der perspektivischen
Wirkung: damit ist unser Bild und zugleich mehr als
ein anderes Werk Aart van der Neers beschrieben. Der Maler
kam spät zur Kunst und suchte sich Geltung zu verschaffen
als Beherrscher eines eng umgrenzten Reiches. Viele Male
wiederholte er — freilich nicht mechanisch — seine Lieblingsmotive
. Am bekanntesten sind die Nachtlandschaften, in denen
das Mondlicht mit dem Spiegel im Wasser effektvoll dargestellt
ist. Neuerdings jedoch höher geschätzt als Schöpfungen einer

mehr unmittelbaren Naturbeobachtung sind des Meisters Ansichten
bei Tageslicht.

28-129. Velazquez: Die Spinnerinnen. Das Innere einer
Gobelinfabrik, vorne die Arbeiterinnen, hinten vornehme Damen,
die einen ausgestellten Teppich betrachten. Vielleicht die älteste
Darstellung einer Fabrik überhaupt, freilich hier noch ohne
soziale Tendenz, es fehlt jeder novellistische Zug; das Gemälde
hat sogar nicht einmal eine Hauptfigur. Unter den grossen
Werken des Velazquez eines der spätesten, zeigt es, mehr als
alles frühere, worauf der Künstler hinausging: „Der eigentliche
Gegenstand ist das Licht." Die verschiedensten Arten der
Beleuchtung sind hier in einem Bilde vereinigt: das von hellen
Körpern abprallende Sonnenlicht, das indirekte, hier rote Reflexlicht
im Schatten (vorne links), die Unklarheit der Schatten unmittelbar
neben hellem Sonnenlicht (bei der knieenden Frau
vorne in der Mitte), der Reflex einfallender Sonnenstrahlen in
eine stauberfüllte Atmosphäre, das Geflimmer bunter Gewebe
u. s. w. In dem allem berührt sich Velazquez mit dem
Pleinairismus. Während aber die Bahnbrecher der heutigen
Kunst in ihrem Gegensatz gegen das gedankenlose Nachtreten
überlieferter Traditionen oft schon jedes Gleichgewicht der
Komposition verschmäht haben, ist dies bei Velazquez nicht der
Fall. Es finden sich sogar in der Komposition Reminiscenzen
an frühere Bilder des Meisters, auch an Tintoretto, und schon
in der Anordnung der Linien und Formen ist auf den Eindruck
möglichst lebendiger Bewegung Bedacht genommen worden,
während die Gruppen kaum auf einer Momentphotographie
zufälliger aussehen könnten.

30. Luca della Robbia: Die Heimsuchung. Selten ist in
der italienischen Kunst der schöne Vorwurf der Begegnung
zwischen Elisabeth und Maria so hoheitsvoll und menschlich
ergreifend zugleich dargestellt worden wie in der Terracotta-
gruppe, die in S. Giovanni „ausser der Stadt" eine für ihre
Bedeutung leider etwas abseitige Existenz führt. Ihr hoher
künstlerischer Wert steht in einem seltsamen Widerspruche zu
der geringen Beachtung, die sie in der älteren Litteratur
gefunden hat. Nachdem man das Werk man könnte sagen
von dem Vorwurf des Namens Fra Paolino befreit hatte, wurde
es Andrea della Robbia zugesprochen und in die Reihe seiner
Jugendarbeiten eingeschaltet. Erst die Forschung unserer Tage
in richtiger Erkenntnis des reifen Schönheitssinnes, der das
Werk verklärt, nahm dem anmutig nachempfindenden Neffen,
was dem lebenswahr gestaltenden Onkel gebührte, und reihte
diese Schöpfung mitten in die stattliche Zahl derer ein, die
dem alten Luca zum wohlverdientesten und glänzendsten Ruhme
gereichen.

31. Manet: Im Treibhaus. Eine Dame hört gleichgiltig und
zerstreut auf die Worte eines Herrn, über dessen Gesicht ein
schalkhaftes Lächeln geht. Es ist ein dem Maler befreundetes
Ehepaar dargestellt. Der Künstler verzichtet im Streben nach
dem Schein des Zufälligen auf jede Schönheit der Linie im
hergebrachten Sinne und das Gemälde, 1879 entstanden, giebt
ausserdem eine Damenmode wieder, die, jetzt gerade gänzlich
veraltet, für uns hässlich aussieht. Endlich lag der Schwerpunkt
des Interesses für den Maler auch gar nicht in der
Charakterisierung der beiden Individuen. Das Hauptziel, auf
das dieser losgeht, das er auch in seinen Werken seit etwa
1870 erreicht hat, ist vielmehr die Darstellung von Körper und
Raum durch Farbenflecke, die er wunderbar richtig abgestuft
und bis in die Tiefe der Schatten alle einzeln der Natur abgelauscht
hat; hierbei sind ihm der Mensch und seine Umgebung
beinahe gleichwertige Dinge. Die Luftperspektive ist das
versöhnende, poetische Element seiner Werke. Unser Gemälde
schildert helles Tageslicht, das fast so wirkt, wie im Freien.
Es zeugt auch von Manets eigenartigem Farbengeschmack, der,
seinerzeit neu, heute die Mode zu beherrschen beginnt. Die
Blätter des Hintergrundes und die Gartenbank sind in blaugrünen
Tönen gehalten, die Blumen und das Carnat der Dame
rosa; ihr Kleid ist blaugrau, Sonnenschirm sowie Beinkleid und
Carnat des Herrn sind blassgelb und braun. Vom Schmelz des
Vortrags wenigstens giebt unsere Abbildung noch eine Vorstellung
, seit Manet freilich entzieht sich die moderne Malerei
immer mehr einer Wiedergabe durch farblose Reproduktion.

32. Vittoria: Porträtbüste des Ottavio Grimani. In Vittorias
Schaffen nimmt die Porträtdarstellung zwar nicht den quantitativ
bevorzugten, wohl aber den künstlerisch vornehmsten Rang ein.
Seine besten Leistungen in diesem Fache haben einen Vergleich
mit den farbenprunkenden Bildnissen seines berühmteren Zeitgenossen
Tintoretto kaum zu scheuen. Vornehm und intim
zugleich erscheint seine Kunst auch in unserer Büste. Der
Dargestellte ist Ottavio Grimani, der am 17. Januar i5gi zum
Prokurator von S. Marco gewählt wurde. Den vornehmen Reiz
der malerischen Behandlung zu erhöhen, hat der Künstler die
Büste altelfenbeinartig getönt und nur die Stirn sowie einige
von Alter gebleichte Locken des Bartes im reinen Weiss des
cararischen Marmors hervorleuchten lassen. Die Büste war
ehemals im Palazzo Grimani zu Venedig aufgestellt.

33. Lenbach : Bildnis Kaiser Wilhelms I. Mit der ganzen
Naturwahrheit seiner Kunst hat Lenbach den greisen Kaiser

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