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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0086
wiedergegeben, keine der Spuren hohen Alters hat er wegzulassen
gesucht. Durch nichts ist die Persönlichkeit in Szene
gesetzt; selbst 'darauf ist verzichtet, durch die roten Aufschläge
der Unitorm, durch die weisse Weste — wie in anderen Len-
bachschen Portraits des Monarchen — ein etwas farbenfreundlicheres
Bild hervorzurufen. Diese Schlichtheit stempelt unser
Gemälde zu einem grossartigen historischen Monument — dem
Künstler ist ein Werk gelungen, in dem künftige Generationen
das Bild wiederfinden werden, das ihnen die Geschichte von
dem Begründer des deutschen Reiches giebt.

34. Gottfried Schadow: Gruppe der Königin Luise als
Kronprinzessin und ihrer Schwester Friederike. Die Gestalt
der Königin Luise ist wie von Märchenglanz umflossen, den ein
wehmütiger Schimmer nur noch mehr verklärt. Das dankt sie
nicht zum wenigsten auch ihrer äusseren Anmut. Die Kunst
ihrer Zeit vermochte meist nur diese festzuhalten. Der einzige,
dem es vergönnt war, den ganzen Seelenadel ihrer Persönlichkeit
in ein Bild zu fassen, Christian Rauch, zeigt die entschlafene
Königin, und mit dieser Verewigung kann sich kein
Bild der Lebenden messen. Dafür aber hat das letztere den
warmen Reiz der Wirklichkeit voraus, und oft gesellt sich.dem
Porträt dabei jener Zauber, der von dem allgemeinen Frauenideal
ihrer ganzen Zeit ausgeht. In den plastischen Werken
nirgends köstlicher, als in Gottfried Schadows Doppelgruppe,
welcher sie als Kronprinzessin neben ihrer Schwester Friederike
, der Gemahlin des Prinzen Ludwig von Preussen, der
nachmaligen Königin von Hannover, darstellt. Auf Anregung
des Ministers von Heinitz 1795 begonnen, 1796/97 ausgeführt,
will dieses Werk getreue Bildnisse geben. Aber der nüchterne
Wirklichkeitssinn, welcher sonst Schadows Hand nur zu fühlbar
leitet, wich hier „stiller Begeisterung", aus der etwas von der
Stimmung heraustönt, der Schillers Gedicht „Würde der Frauen"
entstammt. Künstlerisch steht Schadow hier auf der Höhe
seines Könnens. Man vergisst hier, dass Frauenstatuen und
Zweifigurengruppen zu den schwersten Aufgaben der Plastik
zählen. Den besten Lohn für diese Schöpfung brachte ihm
ihre Volkstümlichkeit. Durch einen Biskuit - Ausguss der
Berliner Kgl. Porzellanmanufaktur, für die 1796 eine 20 Zoll
hohe Nachbildung modelliert wurde, ist sie TAcit verbreitet.

35. Boettner : Bildnis der Königin Luise. Wie der Künstler
uns die Königin schildert, in ihrer reifen, von heiterer Anmut
belebten Schönheit, so mag der früheste Eindruck des alten
Kaisers von seiner Mutter gewesen sein, die in den glücklichsten
Tagen, da dieses Bild entstand, „Anmut endlos niederregnet"
und später nach Kleists schönem Wort „das Unglück mit der
Grazie Tritt auf jungen Schultern" trug. — Per He-sische Hofmaler
Boettner gehört zu jenen technisch gutgeschulten Porträtmalern
in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, die in
der folgenden Periode „klassischer Form und tiefer Gedanken"
einer unverdienten Vergessenheit anheimfielen.

36)37. Murillo : Die unbeflekte Empfängnis. Der in dem
Titel des Bildes ausgesprochene theologische Begriff, ein
Glaubenssatz, für den der Barfüsserorden in des Künstlers
Vaterstadt mit Nachdruck eintrat, hat in der ganzen glänzenden
Reihe von Werken, die Murillos unerschöpfliche Phantasie
dem einenThema abgewann, keine überzeugendere Verkörperung
gefunden, als dieses „Bild der Unschuld. In die grossen
dunklen, aufwärts gerichteten Augen ist es eine Wonne zu
blicken. In Stirn, Jochbein ist noch etwas jugendlich Herbes.
Den Blick wird er einem Mädchen abgesehen haben, das zum
ersten Male zu dem von Kerzenschimmer umflossenen Monument
der heiligen Woche die Augen aufschlug : im ersten Eindruck
der Wunderwelt, welche die Kirche für ihre Kinder
bereit hat. Die geöffneten Lippen verraten, dass all ihr Denken
und Vorstellen stillsteht. Wie schön passt dies alles für das
Alter, wo die Sichtbarkeit selbst noch eine Welt der Wunder
ist; glückseliges Schauen ist hier der Ausdruck erhöhten
Geisteszustands." (Justi, Murillo.)

38. Gefallener Krieger aus dem Ostgebiet des Athena-
tempels von Aegina. Von dem Athenatempel auf der Ostseite
der Insel Aegina stehen noch 20 Säulen mit dem Gebälk
aufrecht. Die Bildwerke seiner Giebel wurden im Jahre 1811
wieder aufgefunden und ein Jahr später von dem damaligen
Kronprinzen Ludwig von Bayern erworben. Die Zusammensetzung
und Ergänzung der sehr fragmentirten Figuren, 1816
bis 1817 von Thorwaldsen ausgeführt, gehört zu den besten
und stilgetreuesten, die je an antiken Werken gemacht sind. In
beiden Giebeln waren Kämpfe aeginetischer Helden gegen Troer
dargestellt. Die Figuren des westlichen, vollständiger erhaltenen
Giebels sind von denen des östlichen durch etwas strengere,
gebundenere Formengebung verschieden. Diesem gehört der
Gefallene auf unserer Tafel an, er hatte seinen Platz in der
linken Ecke des Giebels. Wie durch die Schönheit des Motivs
und der Arbeit ist die Figur auch durch gute Erhaltung ausgezeichnet
: ergänzt ist an ihr ausser Kleinigkeiten nur das
rechte Bein von der Mitte des Schenkels abwärts.

39. Hackaert: Die Eschenallee. Hackaert gehört eigentlich
mit Both und mehreren anderen zu jener Gruppe der holländischen
Landschafter, die in Italien grosszügige Motive suchten,

die ihre Bilder mit mehr Geschicklichkeit als Pietät vor der
Natur zusammenstellten und mit farbigen Tönen Übergossen.
Manchmal, und ganz besonders in dem hier nachgebildeten berühmten
Gemälde, bleibt er der heimischen Natur nahe. Freilich
zog er die gepflegte Parkanpflanzung der ungemilderten Rauhigkeit
der freien Waldlandschaft vor. In eleganten Linien
schwingen sich die schlanken Eschenstämme empor, und ein
wenig kokett erscheint das Spiel des Lichtes. Kaum jemals
wieder hat der Maler eine so trauliche und intime Wirkung
erreicht, gewöhnlich ist er im leer Dekorativen geblieben. Die
vortrefflichen Figuren sind von Adriaan v. d. Velde, der oft
fremde Landschaften mit Staffage versehen und es in dieser
schweren entsagungsvollen Kunst zu hoher Vollkommenheit
gebracht hat.

40. Bernini: Die Reiterstatue Constantins. Am rechten
Ende der Vorhalle S. Peters, da wo die Scala regia in den
Vatikan führt, hat Bernini vor einer schwungvoll gerafften
Steindraperie das Reiteibild Kaiser Constantins errichtet zum
Andenken an den Bauherrn der alten Peterskircke. Ekstatisch
den Blick zur Erscheinung des heil. Kreuzes erhoben, sprengt
der Kaiser auf ungezäumtem und ungesatteltem Rosse einher.
Die Statue ist nicht ganz rund aus dem Stein gearbeitet,
sondern gegen die Wand gelehnt, die für das feurig bewegte
Ross den technisch notwendigen Halt bietet. Noch heute kann
der verwegene Schwung der Komposition und die virtuose
Marmortechnik für die theatralisch-hohle Auffassung entschädigen,
an der der Künstler sich genügen liess. In Cornacchini's
Kaiser Karl, der, durch den Dämmer der Vorhalle gesehen, sich
grell beleuchtet am entgegengesetzten Ende erhebt, findet
Bernini's Reiter sein massvoller bewegtes, aber nicht sonderlich
erfreuliches Gegenstück.

41. Correggio: Die heilige Nacht. Die mystische Poesie
eines überiidischen Vorganges, die Gefühle überschwänglicher
Hingebung durch zauberhaft-farbige Lichtwirkung und durch
den Abglanz der göttlichen Freude auf den Gesichtern zum
Ausdruck zu bringen, ist Correggio in der „Nacht" wie
kaum in einem andern Werke gelungen. Das Motiv der Darstellung
ist hier in vollendeter Weise durch das künstlerische
Motiv des „Helldunkels" 'zur Erscheinung gebracht. Wie das
Gemälde in der Entwickelung des Künstlers den Höhepunkt
bezeichnet, so hat es auch für die folgende Kunstepoche eine
charakteristische Bedeutung durch das malerisch vollkommen
durchgeführte Helldunkel und in der ekstatischen, überempfindlichen
Auffassung des religiösen Gegenstandes. Das Gemälde
wurde am 13. Oktober 022 von Alberto Pratoneri für seine Kapelle
in St. Prospero in Reggio d'Emilia bestellt, aber erst im
Jahre i53o vollendet und aufgestellt; 1640 wurde es in die
Galerie von Modena gebracht und 1746 von Herzog Francesco
von Modena an König August III. von Polen und Sachsen nach
Dresden verkauft.

42. Van Goijen: Ansicht von Dordrecht. In der Ferne
ragen auf zu dem hohen Gewitterhimmel — eine reiche und feine
Silhouette — die Kirche von Dordrecht, andere Baulichkeiten,
Windmühlen, Segelschiffe und spiegeln sich in der breiten
Wasserfläche. — Jan von Goijen ist unter den holländischen
Landschaftsmalern der am meisten holländische Landschaftsmaler
. In ungezählten Bildern hat er das wasserreiche Flachland
dargestellt, nicht stets mit starker Wirkung, immer aber
seit der Zeit seiner Meisterschaft mit Sorge um die Feinheit des
Gesamttons und mit Verständnis für die Luftperspektive, für das
Leben in der Atmosphäre. Als ein Maler der Fernsicht hat er
die bestimmten Lokalfarben beinahe ängstlich gemieden und
alles an die Harmonie gesetzt, die er jetzt goldig, dann kühl
und grau, dann wieder mehr olivgrün liebte. Das hier nachgebildete
Gemälde stammt aus seiner letzten Zeit und ist im
Ganzen sehr hell, leuchtend und von kühler, grauer Tönung.

43. Giov. Bellini: Madonna mit zwei heiligen Frauen. Neben
seinen grossen Altarwerken fand Bellini noch Zeit, auf kleineren
Tafeln, die zum Teil wohl für Privathäuser bestimmt waren, die
Madonna mit dem Kind darzustellen, allein oder von Heiligen verehrt
. Das reifste Werk der letztern Gattung ist unser Bild, auf
welchem zwei heilige Frauen, wohl Katharina und Maria Magdalena,
das Kind anbeten: diese, indem sie die Hände über die Brust kreuzt,
als träumte sie in die Zukunft vor, als zeigte ihr vor dem inneren
Auge eine Vision die eigene Gestalt zu Füssen des Kreuzes.
Auch das Christkind, mit ekstatisch zum Himmel gerichtetem
Blick, scheint seine Schicksale voraus zu kennen. Die Madonna
zeigt den runden, milden Frauentypus, welchen wir auf Bellinis
Werken von 1488 finden; frauenhaft auch ist die volle Schönheit
der Katharina. Die anmutreiche Gruppe wird von geheimnisvollem
Glanz, wie von Reflexlicht, erleuchtet, welcher die Gestalten
erst zum vollen Zauber ihrer Schönheit erweckt.

44)45. Rembrandt: Die Staalmeesters. Das Bild, auf dem
Rembrandt die Vorsteher der Tuchmacherinnung im Sitzungssaale
des Staalhofs zu Amsterdam gemalt hat, ist eines
seiner vollkommendsten Werke. Der Meister war 55 Jahre
alt, als er den Auftrag zu dieser Porträtgruppe erhielt; er war
in widrige Verhältnisse geraten und schon hatte sich die Gunst
seiner Zeitgenossen, die sein künstlerisches Wesen nicht mehr

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