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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0092
Stuttgarter Exemplar dem Herausarbeiten der charakteristischen
Hauptformen gewichen. Die breite gewölbte Stirn, die Nase
mit dem feinen scharfen Profil, der gleichsam vom Pathos hoher
Worte geadelte Mund, der in ruhiger Energie nachdenkliche
Blick, die in leichten Wellen herabfliessenden Locken hinterlassen
bei aller Porträttreue den Eindruck einer über irdisches Geschehen
hinausgehobenen, glanzvollen Persönlichkeit.

105. Rembrandt: Selbstbildnis. Sehr oft hat Rembrandt
sich selbst gemalt und radiert, meist in einer Auffassung, die
erkennen lässt, ihm war es nicht um ein Selbstporträt im
eigentlichen Sinne zu thun, es galt weit mehr dem Studium,
namentlich dem Studium der Beleuchtung und des Ausdrucks.
Rembrandt war sich selbst das bequemste, geduldigste und
wohlfeilste Modell. Besonders aus der Jugendzeit, da der
Meister noch nicht, und aus dem Alter, da er, aus der Mode
gekommen, nicht mehr stark durch Bestellungen in Anspruch
genommen wurde, stammen die Selbstbildnisse. Das hier abgebildete
gehört zu den ganz frühen Arbeiten des Meisters,
etwa aus dem Jahre 1629, und zeigt die glatte Malweise, die
ebenso sorgsame wie kräftige Modellierung und den kühlen
Gesamtton, kurz alle Eigenschaften, die seinen Schöpfungen
in dieser Periode charakteristisch sind. Ein genau entsprechendes
Bild befindet sich im Germanischen Museum zu Nürnberg,
es wird neuerdings nur als gute alte Copie betrachtet.

106. Mantegna: Maria mit dem Kinde, umgeben von
Cherubim. Erst nach einer glücklichen Reinigung im Jahre
1885 konnte das Gemälde mit Sicherheit Mantegna zugeschrieben
werden. Es gehört der früheren Zeit der Thätig-
keit des Künstlers an, der es vielleicht noch in Verona oder in
den ersten Jahren seines Aufenthaltes in Mantua gemalt haben
mag. Wahrscheinlich ist es mit dem nach Vasari für Matteo
Bossi, den Abt der Badia von Fiesole, ausgeführten Madonnenbilde
identisch. Das anmutige Motiv des Christkindes, als
Mittelpunkt der Komposition, das, die Madonna umarmend, voll
Enthusiasmus dem Gesänge der Engel lauscht, ein Motiv, das
in der norditalienischen Kunst der Renaissance eine grosse
Rolle spielen sollte, tritt uns hier bei Mantegna zum ersten
Male voll entwickelt entgegen.

107. Herakles und Telephos, Wandgemälde aus Her-
kulanum. Telephos wurde in Pergamon als Stammheros
und Nationalheld verehrt. Der Sage nach war er ein
Sohn des Herakles und der Auge, und nach seiner Geburt
im Partheniongebirge in Arkadien ausgesetzt. Diese Sage
stellt das Gemälde dar. Unten links sieht man den kleinen
Telephos, wie er von einer Hirschkuh gesäugt wird.
Das Gebirge ist durch die sitzende Lokalgottheit angedeutet,
hinter der ein Satyrknabe sichtbar ist. Rechts ist Herakles
herangetreten und wird durch eine geflügelte Figur auf das
Kind hingewiesen. Das Bild hat in der Behandlung der Formen
sehr den Charakter der pergamenischen Kunst, zu der es durch
den Gegenstand in nächste Beziehung gesetzt wird. Die Ausführung
—• in Freskotechnik — ist sehr frei und leicht und
in grossem Zuge durchgeführt. Die ursprüngliche Farbenwirkung
der Malerei wird jetzt durch einen modernen gelblichen
Ueberzug stark beeinträchtigt.

108. Diskuswerfer. Copie römischer Zeit nach einer
griechischen Arbeit des V. Jahrh. vor Chr. Das Original
dieser Statue, ein berühmtes griechisches Werk, stand im Stil
den Parthenonfiguren nahe und hatte daher aller Wahrscheinlichkeit
nach einen der grossen attischen Bildhauer aus der
Zeit des Phidias zum Schöpfer. Athletenbilder, die als Weihungen
für die Siege in den Festspielen dienten, sind zu jener
Zeit in grosser Zahl entstanden und sehr verschiedenartig ausgeführt
. Gern wählte man das Motiv aus der Uebung, in der
der Sieg errungen war, selbst. So ist hier ein Sieger im Diskuswurf
dargestellt, wie er, den schweren Diskus in der linken
Hand, antritt, um die richtige Stellung zu nehmen. Mit gespanntester
Aufmerksamkeit, die sich gleichsam dem ganzen
elastisch bewegten Körper mitteilt, bis in die tastenden Zehen
des rechten Fusses hinein, sucht er den sicheren Stand, der
das Gelingen des Wurfes bedingt. Die rechte Hand (die Finger
sind ergänzt) ist erhoben. Mit ihr wird der Jüngling im
nächsten Moment den Diskus fassen und sein Ziel nehmen.
— Die starken Stützen am Arm und Unterschenkel sind wahrscheinlich
angebracht, um einer Beschädigung des Marmors
während des Transportes vorzubeugen, nachher hat man dann
unterlassen, sie fortzunehmen.

109. Overbeck: Verkaufung Josephs. (I. Mose Kap. 87).
Fünf Brüder Josephs verhandeln mit dem Führer der Karawane
um den Preis des Knaben, der aus der Zisterne geholt worden
ist und von einem der Israeliten zu den Kamelen hinweggeführt
wird; mehrere andere Söhne Jacobs sind beschäftigt,
einen Widder zu schlachten, um Jakobs Rock in Blut zu
tränken; nur Rüben hat an der argen That nicht teil und hält
sich abseits bei der Herde.

110. Cornelius, Veit, Overbeck: Freskogemälde aus
der Casa Bartholdy. Linkes Hauptbild von Cornelius
(nach I. Mose Kap. 41): Joseph legt die Träume Pharaos
aus, indem er die Erscheinung der Kühe und der Aehren

auf die fruchtbare und die dürre Zeit deutet, die Aegypten
bevorsteht. Die Magier des Königs lauschen erstaunt seinen
Worten. Darüber Symbolische Darstellungen der fetten Jahre
(von Philipp Veit): Eine Mutter in der Blüte des Lebens,
umgeben von ihren sieben Kindern, die im Ueberfluss schwelgen.
Rechtes Hauptbild von Cornelius (nach I. Mose Kap. 45):
Joseph giebt sich seinen Brüdern zu erkennen. Er neigt sich
vom Hochsitz herab zu dem unschuldigen Benjamin, der an
seinen Hals fliegt, während seine anderen Brüder im Bewusst-
sein ihrer bösen That in Staunen, Schmerz und Reue harren.
Darüber symbolische Darstellung der mageren Jahre von Overbeck
: Eine Matrone, in Kummer versunken, über das Elend
ihrer sieben Kinder sinnend, die vergebens nach Nahrung verlangen
. Zwei streiten um das letzte Brod; das älteste Mädchen
weist die Mutter auf einen Rest Speise hin, den der Bruder
bereits verschlingt, ein verendetes Ross und der Wolf vervollständigen
das Bild der Hungersnot.
1111112. Ghiberti: Hauptportal amFlorentinerBaptisterium.
Das Baptisterium, die Kirche ihres Stadtheiligen, war für die
Florentiner Gegenstand einer unausgesetzten künstlerischen Pflege.
Die erste seiner drei Thüren hatte Andrea Pisano 1336 mit Darstellungen
in Giottos Geiste aufgestellt; von 1403 — 24 vollendete
Ghiberti die zweite, in deren Komposition er sich noch an das
trecentistische Muster halten musste. Sein Erfolg war so gross,
dass die Zunft der Kaufleute, denen die Sorge tür die Kirchenausstattung
unterstand, sogleich ohne irgend welche künstlerische
Beschränkung die dritte Thür bei dem Meister bestellte (2. Januar
1425). In zehn Feldern schilderte Ghiberti mit der Kühnheit
eines scheinbar an keine räumlichen Grenzen gebundenen
Künstlers die Hauptbegebenheiten des alten Testamentes von
der Erschaffung Adams und Evas bis zürn Besuch der Königin
von Saba am Hofe Salomos. Jeden der beiden Flügel fasste er
mit einer Bordüre ein, in der er Köpfe, die aus runden Oeff-
nungen schauen, mit den stehenden Gestalten jüdischer Heldengeschichte
in Nischen abwechseln Hess. Den Thürrahmen
selbst umschloss er mit einem fortlaufenden Stillleben von
Blumen, Früchten und Vögeln, das beiderseits aus Vasen in
anmutig wechselnder Fülle aufsteigt. 16 Jahre dauerte das
Formen der Wachsmodelle, 1447 war der Guss, 1452 die Vergoldung
, von der sich nur noch schwache Spuren erhalten
haben, vollendet. Die Aufstellung erfolgte im Juni 1452. So
ungeheuer das Staunen und der Beifall war, den schönsten Ruhm
trug der Meister erst nach seinem Tode davon. Michelangelo
erklärte die Thür würdig, des Paradieses Herrlichkeiten zu er-
schliessen, und diesem Worte verdankt das Werk seinen stolzen
Namen: Die Paradiesesthür des Ghiberti.

113. David : Der General Bonaparte. (Die ursprünglich 3 m
breite, 2,25 m hohe Leinwand ist später verkleinert.) Delecluze
in seinen Erinnerungen an David erzählt ausführlich die Entstehung
der Skizze. David, der alte Revolutionär, war schnell in
den Bann des siegreichen Korsen geraten. ,,Bonaparte est mon
heros" ruft er seinen Schülern zu. Nach dem Frieden von
Campo Formio (Okt. 1797) fasst er den Plan zu einem grossen
Gemälde, das Bonaparte, den Friedensvertrag haltend, darstellen
sollte, und, in einiger Entfernung, sein Pferd und sein Gefolge.
Der Künstler erreicht mit Mühe die Gunst einer Sitzung. In
drei Stunden skizziert er auf der riesigen Leinwand mit monumentalen
Pinselstrichen das Antlitz des Helden. David muss
selbst empfunden haben, dass hier nur jede nachträgliche Zu-
that zerstören könne — er hat nie wieder mit dem Pinsel diese
Leinewand berührt. Drei Jahre später, nach dem Sieg von Ma-
rengo, entstand jenes berühmte, von dem Künstler selbst mehrmals
wiederholte Gemälde, das Bonaparte auf sprengendem
Rosse darstellt. Der künstlerische Wert ist weit geringer als
bei unserem Bilde. Hier die glücklichste Unmittelbarkeit, dort
theatralische Pose ! War es doch David nicht wieder gelungen,
Bonaparte zu einer Sitzung zu bewegen.

114. Hobbema: Die Wassermühle. In den Gemälden
Hobbemas, der, wenn man die Bilderpreise zum Massstab
nimmt, als der grösste Landschaftsmaler aller Zeiten erscheint,
giebt es wenig Mannigfaltigkeit der Motive, der Auffassung und
der Stimmung, und keine Stilentwickelung wird bemerkbar.
Seine Schöpfungen gruppieren wir am besten nach einem anscheinend
ganz äusserlichen Prinzip, nämlich nach der Grösse
seiner Bilder. In seiner besonnenen Kunstübung entspricht die
Wahl des örtlichen Standpunktes, die Weite und Tiefe des
Naturausschnittes den Massen der Gemälde vollkommen. Mit
der hier nachgebildeten Wassermühle bringen wir eines seiner
mittelgrossen Bilder — die auf Taf. 36 (des 1. Jahrgangs) abgebildete
berühmte Allee gehört schon zu den grossen. Diese
hübsche Wassermühle mit dem roten Dach zwischen dem
Grünen, mit dem glitzernden Wasser in warmem Sonnenlicht
war Hobbemas Lieblingsmotiv. Das Rijksmuseum besitzt neben
unserem, aus der Sammlung Dupper stammenden Bilde ein
ganz ähnliches aus der Sammlung Hoop.

115. Snyders : Stillleben. Snyders steht in der Nähe des
Rubens, ohne im Schatten zu stehen; er war nicht Schüler
und nicht Nebenbuhler des vlämischen Grossmeisters und bestellte
ein deutlich abgegrenztes Sondergebiet. Er malte Früchte

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