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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_01/0095
Jünglingsbüste Lucas im Berliner Museum, die durch die buntfarbige
Bemalung noch an unmittelbarem Leben gewinnt. Wir
wissen nichts über die Person des Dargestellten, doch verrät
die ritterliche Kleidung, dass er einer vornehmen Familie angehörte
, in der die Kinder früh zum einstigen Cortegiano, dem
Ideal des Hofmannes, erzogen wurden.

139. Dou: Die Abendschule. Unter Dous Bildern ist
das hier abgebildete eines der reichsten und eines der berühmtesten
. Zu Anfang unseres Jahrhunderts wurde es mit
etwa 3o ooo Mark bezahlt. Hauptwerke Rembrandts waren
damals billiger zu haben. Gewöhnlich hat Dou mit seiner stets
fleissigen, gediegenen und sauberen Vortragsweise einzelne Figuren
in kleinem Formate dargestellt. Die Abendschule ist
etwas spielerisch auf die Mannigfaltigkeit der Beleuchtung angelegt
, die von mehreren Kerzen ausgeht. Die kleinen Künste
sind der grossen Kunst Rembrandts abgesehen. Dou war gewiss
ein treuer und gelehriger Schüler des in Leiden thätigen jungen
Rembrandt; doch blieb er seiner Natur nach in freundlich
bürgerlicher Enge. Was dem Grossen in der Zeit seiner Reife
Ausdrucksmittel war, blieb dem Kleinen stets Zweck und Ziel.

1401141. Frans Hals: Die Offiziere der Adriaensgilde.
Was von dem auf Tafel i3o. 131 nachgebildeten ,,Doelenstück"
des Frans Hals gesagt wurde, gilt auch von der hier abgebildeten,
ebenfalls aus dem Jahre 1627 stammenden Porträtgruppe, in
der die Offiziere der Adriaensgilde vereinigt sind. Diese Darstellungen
können den Pedanten in Verlegenheit bringen, indem
sie Porträts, Genrebilder und historische Darstellungen zugleich
sind. Während jede einzelne Gestalt bildnismässig zur Geltung
kommt — Rembrandt soll in seiner Nachtwache das nicht zur
Befriedigung seiner Auftraggeber erreicht haben —, ist das
Ganze mit den heiteren Motiven der Tafelfreude doch ein rechtes
Genrebild. Die grossen Verhältnisse aber, die stolze Stimmung
und der kühne Vortrag erheben wiederum das Genrehafte zum
Historischen und lassen in der vergnüglichen Schmauserei ein
'Siegesfest der jungen holländischen Freiheit sehen.

142. Botticelli: Die Anbetung der Könige. Botticelli giebt
in seiner Anbetung der Könige, wie viele andere Künstler des
Quattrocento bei der Behandlung desselben Gegenstandes, unter
biblischem Vorwande ein weltliches Bild seiner Zeit. Man erkennt
eine Reihe Porträtfiguren des medicaeischen Florenz:
Cosimo Medici in dem alten, Giovanni seinen Sohn in dem vom
Rücken gesehenen knieenden Könige, Giuliano in dem rechts
stehenden Jüngling mit gesenktem Haupte. Das Bild ist wahrscheinlich
zwischen 1478 und 1480 gemalt. Kein anderes Tafelbild
Botticellis zeigt eine feiner abgewogene Reichhaltigkeit unmittelbaren
Lebens.

143. Grabmal des Thraseas und der Euandria (aus Athen).
Eine Frau sitzt auf einem Sessel und reicht einem vor ihr
stehenden Manne die Hand; im Hintergrunde steht eine junge
Dienerin trauernd. Die Grabschrift, oben am Giebelarchitrav
eingeschrieben, nennt kurz nur die Namen der Frau und des
Mannes, Euandria und Thraseas. Es war auch unnötig, weiteres
hinzuzufügen, denn lebhafter, ergreifender, eindringlicher, als
Worte es vermögen, spricht das Bild in seiner einfachen,
rührenden Schönheit. Die Verstorbenen sind auf dem Grabstein
vereinigt wie sie im Leben zusammen waren; die Handreichung
drückt das herzliche Verhältnis aus, das sie im Leben an-
einanderschloss, und erinnert zugleich an die Trennung, die der
Tod bringt. —■ Das Relief ist aus der früheren Sammlung
Saburoff in den Besitz des Berliner Museums übergegangen.
Es ist eins der besten Beispiele aus der Gattung der griechischen
Grabdenkmäler.

144. Troyon: Am Morgen. (1855). Es ist früher Morgen, im
Herbst. Ein Bauer treibt drei Ochsengespanne zur Arbeit. In
langsamem, schwerem Schritt, mit dampfenden Nüstern kommen
sie gerade auf uns zugeschritten. Die Sonne hat sich im Hintergrund
eben über dem Horizont erhoben; sie wird durch die
vorderen Tiere unseren Blicken entzogen, ihre Strahlen gleiten
versilbernd über deren Rücken und Hörner. Überall erheben
sich auf der weiten Ebene Nebel und dämpfen die Lichtwirkung,
so dass die langen, uns entgegenfallenden Schatten durchsichtig
fast noch jede Einzelheit des Bodens erkennen lassen. — Das Bild
in seiner feinen landschaftlichen Stimmung zeigt Troyon, den Vertreter
des Tierfaches unter den Meistern von Fontainebleau, da,
wo der einstige Schüler der Porzellanmaler von Sevres nach langsamem
Aufstieg den Höhepunkt seines Könnens erklommen hat.

145. De Keijser: Bildnis eines Mannes. Die natürlich bewegte
und kräftig modellierte, in warmen Tönen, mit festem,
ziemlich pastosem Vortrag gemalte Figur des wohlgestellten
Bürgers ist eine vortreffliche Schöpfung der gesunden Kunst
des Thomas de Keijser, der zu Amsterdam neben Nicolaas Elias
als der angesehenste Bildnismaler thätig war — bis zur Zeit, da
Rembrandt von Leiden nach Amsterdam übersiedelte. Unser
Bild entstand 1631, also just in dem Jahre, als Rembrandt in
die holländische Hauptstadt kam. Zweifellos hatte de Keijser
damals manches vor dem jüngeren Leidener Maler voraus.
Rembrandt hat in Amsterdam und gerade von de Keijser, der
ausschliesslich Bildnismaler war, noch viel hinsichtlich der
Porträtauffassung und der Malweise gelernt.

146. Brouwer: Raufende Kartenspieler. Brouwer nimmt
eine freie Sonderstellung ein — zwischen der vlämischen und
der holländischen Malerei. Zu den Vlamen gehört er nicht etwa
nur durch den Zufall der Geburt, sondern anscheinend auch mit
seinem hitzigen Temperament. In vielen Dingen freilich erscheint
Brouwer wieder eher als ein Holländer. Zweifellos hat er von
Frans Hals in Haarlem viel gelernt. Die Einheitlichkeit des
warm gestimmten Tones und die Schönheit des Helldunkels,
des Dämmerns in den kellerartig beleuchteten Innenräumen
lassen ihn als einen Landsgenossen Rembrandts und Ostades
erscheinen. Nur wenige Sammlungen bieten die Gelegenheit,
den auf seinem ziemlich eng umgrenzten Felde unübertroffenen
Maler kennen zu lernen, eigentlich nur eine Sammlung, die
Münchener Pinakothek. Das hier abgebildete Gemälde ist durch
den geschlossenen und klaren Aufbau der dramatisch bewegten
Gruppe ausgezeichnet und durch eine reiche und harmonische
Färbung.

147. Vermeer: Die Dame mit dem Perlenhalsbande. Der

Vorwurf des Bildes ist denkbar einfach: ein Mädchen bindet sich
vor dem Spiegel ein Perlenband um den Hals. Die wirkliche Aufgabe
, die sich Vermeer van Delft, durch und durch Künstler, gestellt
hat, ist die koloristische. Die Profilsilhouette des jungen, hellgekleideten
, auffallend bleichen Mädchens hebt sich von einer
weissen Wand ab, ihre Gestalt wird von dem durch das Fenster
hineinströmenden und dem von dem Spiegel und der weissen
Wand reflektierten Licht umflutet. Die ohnehin sehr diskreten
Farben — ein heiles Gelb für den Fenstervorhang und die Jacke,
bläulichrot für den Stuhl im Vordergrund, ein feines Blau für
die Tischdecke, ein kräftigerer (wohlberechneter roter) Ton nur
für die Haarschleife — sind durch die Lichtgebung zu einer
vornehmen hellen Totalwirkung verbunden, die gemeinsam mit
der durch das flutende und flimmernde Licht bedingten Unbestimmtheit
der Conturen dem Werke seine dem feineren, —
man möchte sagen — modernen Empfinden überaus sympathische
Wirkung verleiht.

148. Fra Bartolommeo: Die Beweinung Christi. Von dem
strengen Aufbau seiner früheren Andachtsbilder wendet sich der
Künstler in diesem Werke zur freien, rein seelischen Verknüpfung
der Gestalten, aber sein Liniengefühl giebt dem wie zufällig
Zusammengefundenen eine Ruhe und Klarheit, in der auch das
leiseste Tönen verhaltener Klage vernehmbar wird. Während
sich Maria, ihrem Schmerz hingegeben, zu dem ergreifend kraftlosen
Leichnam herabneigt und Johannes halb stützend, halb
lehnend von aussen her Hilfe zu suchen scheint, hat sich
Magdalena leidenschaftlich niedergeworfen. Der Zusammenklang
reiner Linien wird so auf Augenblicke mit Absicht zerrissen,
aber an seelischem Reichtum kommt kein Werk des Frate diesem
spätesten gleich.

149. Luca della Robbia: Grabmal des Bischofs Benozzo
Federighi. Als Luca 1455 den Auftrag erhielt, dem Bischof
von Fiesole, Benozzo Federighi, die Grabstätte zu bauen, war
der Typus der Florentiner Nischengräber im Wesentlichen bereits
geschaffen. Die Abweichungen, die Luca sich gestattete, sprechen
ebenso sehr für die Selbständigkeit seines Talentes, wie die
Anlehnungen für die Freiheit seines künstlerischen Empfindens.
In der Porträttreue des Toten wetteifert'er mit Donatellos ähnlich
gebettetem Johann XXIII, übertrifft ihn aber an Adel des Ausdrucks
; die Engel mit der Inschrifttafel wiederholen ein von
Ghiberti aus der Antike herübergenommenes Motiv, das der
Meister zu wahrhaft griechischer Formenschönheit veredelt. Den
Hintergrund der Nische füllen 3 Halbreliefs, in fein ornamentiertes ,
Rahmenwerk gefasst: in der Mitte der aufrecht in seinem Sarge
stehende Schmerzensmann, den Maria in tiefer Trauer verehrt,
während Johannes mit sprechender Handbewegung den Beschauer
von dem verehrten Toten auf den für alle Welt gestorbenen
Heiland hinweist. Statt des sonst leicht ansteigenden Bogens
umschliesst die Nische ein bunt gemalter und glasierter Fries
üppiger Blumen.

150. Seekatz: Bildnis des Kaiserl. Rates Goethe und
seiner Familie. Unter den deutschen Manieristen des 18. Jahrhunderts
zeichnet sich Seekatz, der durch sein Verhältnis zum
Goetheschen Hause bekannt ist, durch eine gewisse Naivetät
und Derbheit aus. Wie seltsam auch die ihm hier gestellte
Aufgabe ist: den ernsthaften, pedantischen Vater Goethes nebst
seiner tüchtigen Gattin, dem Sohne Wolfgang und der Tochter
Cornelie im Schäferkostüm darzustellen — er weiss sich aus
der Sache zu ziehen. In eine konventionelle Ideallandschaft
setzt er die „Frau Rat" und motiviert ihren lebhaften Gesichtsausdruck
durch eine entschiedene, auf etwas hinweisende Handbewegung
. Ebenso wird der gesammelte Ausdruck des alten
Goethe, dessen Kopf bei unzweifelhafter Porträtähnlichkeit zu
dem theatralischen Anzug in komischem Gegensatz steht, durch
das gespannte Aufmerken auf die Demonstration der Gattin
motiviert. Auch Cornelie, die in den Händen Blumen hält, zeigt
individuelle, keineswegs geschmeichelte Gesichtszüge, während
der junge Wolfgang, mit einem Lamme beschäftigt, in ungünstiger
Stellung zurücktritt und nebensächlicher behandelt ist. — Das
Bild stammt wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des
Jahres 1761.

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