Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0023
Einen Mittelweg zwischen diesen vornehmlich
auf der Farbe beruhenden Arten der Malerei und
der die gesamte neuere Zeit von der italienischen
Hochrenaissance an beherrschenden sogenannten
Helldunkelmalerei stellt diejenige Behandlungsweise
dar, die durch das ganze 15. Jahrhundert hindurch
im Norden wie im Süden Europas herrschend war
und als die schönfarbige bezeichnet zu werden pflegt.
Ist sie auch im Grunde nichts anderes als eine
Weiterbildung der durch das ganze Mittelalter hindurch
herrschenden römischen, auf der Vormodellierung
beruhenden Malweise, so geht sie doch
durch das Bestreben, die Körperhaftigkeit der Gegenstände
wie die Tiefe des Raumes nicht nur anzudeuten
sondern täuschend wiederzugeben, über
jene weit hinaus. Beide beruhen sie noch auf dem
Grunde der vollen Farbigkeit im Licht wie im
Schatten, die dadurch erreicht wird, dass hier wie
dort eine gedämpfte Beleuchtung bei möglichst klarer
Luft gewählt wird; aber die Modellierung gewinnt
hier bereits eine selbständige Bedeutung, was in der
farblosen Wiedergabe, die sich nun nicht mehr auf
den blossen Umriss beschränkt, deutlich zu Tage
tritt. Von ihren Begründern, Masaccio einerseits,
den Brüdern van Eyck andererseits, bis zu den Venezianern
des 16. Jahrhunderts, den Bellini, Giorgione,
Tizian, bleibt diese Art im wesentlichen unverändert
bestehen; es giebt freilich einzelne Meister, wie z. B.
Jan von Eyck und Mantegna, die die Modellierung
soweit durchbilden, dass man sich versucht fühlt,
zu fragen, ob hier nicht die Modellierung bereits
die Farbe überwiege; bei anderen wiederum, wie
namentlich bei Tizian, springt die Bedeutung der
Farbe so lebhaft in die Augen, dass man der Modellierung
fast vergisst und schlechtweg ein Bild
der dekorativen Art vor sich zu haben glaubt:
thatsächlich ist aber doch der innige Zusammenhang
und das vollkommene Gleichgewicht von Umriss,
Modellierung und Farbe stets gewahrt.

Erst Lionardo führte einen neuen Grundsatz in
die Malerei 'ein, der allmählich immer weitere Aufnahme
fand und bald zum alleinherrschenden wurde,
der er auch bis heute geblieben ist. Seine Braun-
untertuschung des ganzen Gemäldes, die schliesslich,
als man vom kühleren Graubraun zum warmen Rotbraun
und weiterhin sogar zum Schwarz überging,
dazu führte, die Farbe aus dem Schatten wie aus
dem Lichte so gut wie vollständig zu verbannen, und
sie nur in den Mitteltönen mehr oder weniger rein
bestehen Hess, — das Helldunkel —, war freilich
gleichfalls nicht etwa der Art sondern nur dem
Grade nach von der bisherigen Behandlungsweise
verschieden; gerade die Meister, die gleich anfangs
diese Technik auf ihren Höhepunkt erhoben, allen
voran Raphael, haben dabei die volle Leuchtkraft

der Farbe in den Schatten wie in den Lichtern zu
wahren gewusst: aber der Weg zu einer einseitigen
Betonung des Gegensatzes von Hell und Dunkel
war damit immerhin geboten, und dieser führte die
nachfolgenden Maler immer mehr dazu, die Lokalfarben
zu Gunsten einer einheitlichen Beleuchtnng
zurückzudrängen und ihre Bilder nun, statt von
vornherein in Farben, vor allem auf das Verhältnis
von Licht und Schatten hin zu sehen. Mit der Verfeinerung
der Modellierung und der Vertiefung des
Raumes, die mit solchem Streben Hand in Hand
ging, machte die Fähigkeit, die Natur täuschend
nachzuahmen, noch einen weiteren Schritt vorwärts;
doch steigerte sich zugleich auch die Gefahr, die
bildmässige Wirkung, die auf dem Gleichgewicht
aller malerischen Bestandteile beruht, aus dem Auge
zu verlieren; was denn auch nicht lange ausblieb.

Eine Reihe von Künstlern, die wir als die
Meistet des Helldunkels feiern, namentlich Rembrandt
und Velazquez, haben durch die Wahl einer starken
und möglichst auf einen Punkt gerichteten Beleuchtung
diejenige Art der Färbung, welche Licht
wie Schatten von einem bald goldigen bald silbrigen
Licht überflutet und durchzittert zeigt, auf ihren
Höhepunkt gebracht und dabei jene Feinheit des
wesentlich auf Grau und Braun gestimmten Gesamttones
erreicht, welche in der Natur am Gefieder der
meisten Vögel, im Mineralreich an den Geschieben
der Gesteine wahrzunehmen ist. Hier gehen Farbe
und Modellierung wieder völlig Hand in Hand, die
Einheitlichkeit ist durch die gleichmässige Ausbreitung
des aus einer Unzahl kleinster Farbteile
gebildeten Lichtes erreicht, aber die Klarheit des
Aufbaus des Ganzen, namentlich des Umrisses
leidet durch das Fehlen scharf gegeneinander abgegrenzter
Farbenflächen. Um eine zeichnerische
Auffassung, wie man wohl gemeint hat, handelt es
sich hierbei nicht, da die Grundanschauung, von der
der Künstler ausgeht, immer noch die farbige ist,
ja eine solche, die in der farblosen Reproduktion
sich noch weniger wiedergeben lässt, als selbst die
eines schönfarbigen Bildes: aber die Scheidewand,
die diese Art von dem Stich und der Radierung
trennt, ist freilich nur dünn.

Welche von den geschilderten Arten der Farben-
gebung auch in einem Gemälde angewendet werde,
ob eine solche, die sich mehr dem in der Farbenwahl
ganz unbeschränkten dekorativen Prinzip nähert,
oder eine, die hart an das Gebiet der farblosen
Zeichnung streift: immer wird das Streben darauf
gerichtet sein müssen, dem schmückenden Zweck
zuliebe an der Einheit der inneren Anschauung festzuhalten
, die scheinbare Naturtreue aber, soweit sie
nur durch Uebertreibungen und Einseitigkeiten erkauft
werden kann, zu meiden. Leuchtkraft der


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0023