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bilde nider Und macht es aber gleich Rudolfen dem gegeben in sicherster Beobachtung eines günstigen,
kunig reich. auf gefestete Ruhe gestellten Moments.
Es ist eine Erzählung von ausserordentlichem Allein zu der Zeit, da in Holbein der volle
Realismus des Porträts erreicht
ward und mit ihm einer der
Gipfel, deren die Porträtkunst
mehrere aufweist — denn ich vermag
das Wesentliche jedes Men-
Wert. Man sieht, worauf es
dem hochstehenden Porträtbildner
um das Jahr 1300
ankam: er erstrebte absolute
Wahrheit des individuellen
Details. In der That ward auf
diesem Gebiete gelegentlich
Ausserordentliches erreicht; eine
Sammlung spätmittelalterlicher
Porträts, die
gar
nicht
so
ganz lebenswahren Porträtdar-
schwer herzustellen wäre, noch
mehr eine Ikonographie der
deutschen Herrscher, zu der
in der schönen Ikonographie
von Gemen über die Porträts
Karls des Grossen ein Anfang
vorliegt, würde den Fortschritt
auf diesem Gebiete deutlich zum
Ausdruck bringen. Verband
sich dann mit diesem, zunächst
auf den vollen Realismus des
Conturs ausgehenden Bestreben
feiner künstlerischer Sinn, so konnten schon Kunstwerke
sehr hohen Ranges entstehen. Wer wird z. B.
der Büste des grossen Architekten Peter Parier von
Gmünd in der Ghorgalerie des S. Veitsdomes zu
Prag, der ersten
Stellung eines deutschen Künstlers
, diese Vorzüge absprechen?
Im allgemeinen indes wurde
der volle Realismus in der
Wiedergabe des individuellen
Aeusseren, vor allem der absolute
Realismus des Conturs,
doch erst von den grossen
Meistern unserer individualistischen
Zeit, von den van Eycks
an, erreicht. Und hier sehen
wir denn allerdings die Fähigkeit
einer solchen Wiedergabe
ganz erstaunlich wachsen: bis
sie im jüngeren Holbein eine
unübertroffene Höhe erreicht.
Man betrachte etwa das Bildnis
vom jüngeren Holbein, das eine
bekannte Kreidezeichnung des
Baseler Museums (Tafel 42)
darbietet: Welche Energie der
Wiedergabe jedes Zuges, welche Selbstverständlichkeit
der Darstellung, wefche Virtuosität der
Verobjectivierung! Das ist ein Stück gleichsam
unbewussten, für sich seienden Lebens, wiederKönig
Rudolf von Habsburg.
Um i5o8 angef. Copie Knoder's nach dem
Grabmal zu Speier. — Wien, Hofmuseum.
Büste des Baumeisters Peter Parier von
Gmünd im Prager Dom. Um i39o.
sehen in verschiedener Richtung
zu suchen —, war zugleich nach
einer anderen Seite hin ein anderer
Höhepunkt des Porträts erreicht
worden, für dessen Gewinnung
die volle realistische Kunst
schon eine der unentbehrlichen
Voraussetzungen bildet. Dürer
hat in den Jahren seines Mannesalters
und vor allem in seinen
letzten reifen Jahren das idealistische
Porträt geschaffen: jenes
Porträt, das das Innerste des
Menschen herauskehrt und seine
Seele mehr sprechen lässt,
als die in kleiner Sorgfalt zusammengelesene
Summe seiner
äusseren Züge. Das Grüblerische in der Natur Dürers
führte unmittelbar auf diese Aufgabe. Und die Art
ihrer Lösung war durch die Ps}^chologie seiner
Zeit bestimmt. Noch fern dem Verständnis der
einzelnen psychischen Aktualität war die Seelenlehre
des 16. Jahrhunderts kaum
schon reine Seelenerfahrung,
vielmehr verband sie die empirische
Betrachtung mit einem
unbedingten Festhalten an der
von Alters her überlieferten
Autorität der Lehre von den
Temperamenten. Es war auch
der Standpunkt Dürers. Die Porträts
in die Komplexionen der
Temperamente hinein zu komponieren
, der Individualität des
Dargestellten auf diese Weise zu
einem höheren, reineren, das
tiefste Innere erschliessenden
Leben zu verhelfen, das betrachtete
er als seine Aufgabe. So
sind die herrlichsten seiner Porträts
entstanden, in denen das
Irdische gleichsam nur noch
ein Gleichnis ist der unsterblichen
, in dies Irdische gebannten Seele, in denen der
Seelencharakter die Züge bis zu dem Grade beherrscht,
dass er sie meistert: allen voran das unvergleichliche
Bildnis Holzschuhers, durch das die Bilderreihe dieser
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