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Giacomo della Porta. Fontäne in der VilJa Aldobrandini in Frascati.
Römische Brunnen.
DEN Fremden, der aus den rauchgeschwärzten
Hallen des römischen Centraibahnhofs auf die
Piazza Termini hinaustritt, begrüsst Rom alsogleich
mit zwei seiner gepriesensten Herrlichkeiten. Da
rauscht mit einer Unzahl von Strahlen eine krystallene
Flut über den Rand eines schöngerundeten Beckens,
das vier ruhende, wasserspeiende Löwen bewachen,
während im Hintergrunde die halbzerfallenen Ruinen
der Diocletiansthermen mit ihrem roten Gemäuer
den Platz malerisch abgrenzen. Brunnen und Paläste
— und was Rom über die historische Ehrwürdigkeit
hinaus zu einer der schönsten Städte macht, ist
damit ausgesprochen.
Und dennoch, wieviel dieser schimmernden Pracht
ist nun auch schon seit zweitausend Jahren und
darüber Sage und Märchen geworden! Nur riesenhafte
, von Cypressen und Palmen durchwucherte
Trümmer erregen dunkle Erinnerungen an die
goldenen Paläste der Cäsaren, verödet und mit nackten
Mauern liegen bis vor die Stadt hinaus die Thermen,
deren Gewässer über Mosaikböden funkelnd spielten,
und das die Campagna überflutende Abendrot
vergoldet nur noch die morschen Bogenzeilen der
Aquädukte, die der karg bewässerten Stadt in endlosen
Reihen den Segen des Elementes zugeführt haben.
Dreihundert Springbrunnen hat Plinius zur
Kaiserzeit bewundernd in Rom gezählt, und die
heilige Verehrung aller fliessenden Wasser und
Quellen, die den Römern ihre Religion vorschrieb,'
mag wohl die Anzahl, die Pracht und die Pflege
der Brunnen verursacht haben. Vergebens aber
gehen wir ihren Spuren nach und nur zu willig
lassen wir durch ein über einer antiken Porphyrwanne
aufquellendes Wasserspiel, durch einen alten
Sarkophag mit wasserspeiender Faunsmaske darüber
unsere Phantasie in die Irre führen. Nicht in Rom,
vielmehr in Pompeji, seiner bescheidenen Kolonie,
finden wir die gewiss nur dürftigen Abbilder der
Brunnen und Fontänen, die in der Hauptstadt der
Welt das Volk einst ergötzt haben. Der Marmorknabe
mit der geneigten Schale in der Hand, der
Silen mit dem rinnenden Schlauch, bald frei im
säulengetragenen Atrium des Hauses, bald in dem
Halbrund eines mosaikgeschmückten Nischenbaues
aufgestellt, hier ein Quellenhaus, in dessen flaches
Becken zottige Löwenmäuler Ströme Wassers speien,
dort eine Kaskade in vielfach gebrochenem Fall über
glatte Marmorstufen hinweghüpfend: das sind die
Typen der Brunnen und Fontänen aus antiker Zeit,
die das Bewundern und den Neid aller andern Städte
erweckt haben.
Dann aber bricht das Verderben herein, wahllos
zerstörend, und für Jahrhunderte verstummen die
ruhmredigen Chronisten mitsamt den plaudernden
Brunnen. Die christliche Kirche hat das mehr und
mehr dem Ergötzen eines schaulustigen Pöbels preisgegebene
Element seiner geheiligten Bestimmung
zurückgegeben und ihm eine Stätte in ihren geweihten
Behausungen angewiesen. Der Taufbrunnen,
erst im Vorhof der Basilika, dann in einem besondern
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