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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0058
Gauen Deutschlands, die ersten Romantiker. Es
waren „die Klosterbrüder" Overbeck und seine
Freunde; aus der Wiener Akademie so viel wie
ausgeschlossen, führten sie, sich gegenseitig fördernd,
ein gemeinsames Leben in einem saekularisierten
Kloster. An sie hat sich Cornelius angeschlossen;
bald nimmt er unter dieser Schar eine Stellung ein,
der sich die andern willig unterordneten. Unter den
Kunstschätzen Italiens haben auf ihn neben der Antike
namentlich die Schöpfungen der Quattrocentisten
und des jungen Raffael gewirkt. An diese Kunst erinnert
sein Stil auch später am meisten. Es entstanden
nun zunächst die bedeutendsten Blätter zum Faust,
dann ein Nibelungencyklus. Endlich fand er mit
Overbeck und zwei neu hinzugekommenen Freunden,
Ph. Veit und Wilhelm Schadow, in den Fresken der
Casa Bartholdy die lang ersehnte Gelegenheit zur
Arbeit im Grossen.

Seine Leistungen und die Macht und Reinheit
seiner Persönlichkeit gewannen den preussischen
Gesandten Niebuhr sowie den damaligen Kronprinzen
, späteren König Ludwig I. von Bayern, für ihn,
als dieser 1819 Italien besuchte. Cornelius erhielt
den Auftrag, die neu erbaute Glyptothek in München
mit Darstellungen aus der antiken Mythologie und
Sage zu schmücken, und kurz nachher nach Verhandlungen
, die schon lange geschwebt hatten,
auch noch einen Ruf an die Kunstakademie von
Düsseldorf.

Nun entfaltet er seit 1820, seinem siebenund-
dreissigsten Lebensjahr, sofort in beiden Kunststädten
eine grossartige Thätigkeit. In Düsseldorf,
wo er die Wintermonate zubringt, sammelt sich ein
Kreis begeisterter Schüler; es kommen von allen
Seiten Aufträge zu monumentalen Werken, die unter
seiner Leitung ausgeführt werden. In München
sammeln sich Gehilfen und Freunde; 1825 wird er
hier Direktor der Galerie; er siedelt ganz nach
Bayern über; es folgen ihm seine Düsseldorfer
Schüler, und diese finden dann bei den Unternehmungen
König Ludwigs künstlerische Beschäftigung
. An die Glyptothekfresken reiht sich in den
Jahren 1830—1841 die Ausmalung der Ludwigskirche.
Das jüngste Gericht an der Chorwand wurde vom
Meister eigenhändig ausgeführt. Nach Vollendung
dieser Arbeiten gelang es, den König gegen Cornelius
einzunehmen. Der Künstler wendet sich wieder
nach Preussen, wird in Berlin mit offenen Armen
aufgenommen, erhält ohne amtliche Stellung zunächst
ein hohes Jahresgehalt .ausgesetzt und bald auch
den grossen Auftrag, den geplanten Camposanto,
der sich einem neuen Berliner Dome anschliessen
sollte, mit einer Folge umfangreicher Wandbilder
auszuschmücken. Diesem Werke und einem Entwurf
zu einem kolossalen Wandbild, das die Apsis des

neuen Domes zieren sollte, galten in der Hauptsache
die Arbeiten der letzten Jahrzehnte.

In Berlin hat Cornelius sein Leben beschlossen
(1867) und, abgesehen von einem längeren Aufenthalt
in Rom (1853—1861) und kürzeren Reisen nach
Italien, seinen ständigen Aufenthalt geführt; aber die
Wirkung auf die zeitgenössische Kunst, wie einst
in Düsseldorf und München, hat er nicht mehr ausgeübt
, und das Gebäude, das seine Fresken aufnehmen
sollte, blieb nach dem Revolutionsjahr
unvollendet liegen. Zu stände gekommen sind die
Entwürfe für das Ganze und die Kartons für eine
WTand (mit einer Ausnahme) und die Kartons für
die grossen Mittelbilder zweier anderer Wände. Das
gefeiertste Werk, die Apokalyptischen Reiter, entstand
im Jahre 1846.

Die Ausstellung seiner Kartons aber hat
in Berlin einen gewaltigen Eindruck hinterlassen,
auch von auswärts kamen Gesuche um Ueber-
lassung derselben; sie bildeten in den fünfziger
Jahren, etwa wie heute die Werke Böcklins, die
sicheren Treffer der grossen Ausstellungen und
brachten dem Schöpfer und der deutschen Kunst
reiche Ehren auch vom Auslande, namentlich auf
der Brüsseler Ausstellung im Frühjahr 1859, Ehren,
wie sie seither deutscher Kunst im Ausland kaum mehr
zu teil geworden sind. In reichem Maasse genoss er
die Verehrung eines auserlesenen Kreises der Berliner
Geistesaristokratie, seine Reisen gestalteten sich zu
wahren Triumphzügen, auch König Ludwig hat seine
Ansicht über Cornelius wieder geändert und noch
im Jahre 1862 ein Gerücht von der Rückkehr des
Künstlers nach München mit Freuden begrüsst.

Cornelius hat diese grossen Erfolge errungen,
ohne den hohen Auftraggebern noch dem Publikum
zu schmeicheln. Er hat sie auch ohne Schaden ertragen
. Zu sehr hatte er das Bewusstsein, im Dienste
einer hohen Idee zu stehen. Sein unerbittliches
zielbewusstes Streben nach einem Ideal verdient unbedingte
Bewunderung.

Seiner Kunst gerecht zu werden ist freilich
schwieriger. Der vielgehörte Vorwurf, dass er und
seine Genossen blosse Epigonen der Kunst des XV. und
XVI. Jahrhunderts gewesen seien, ist zwar nicht
gerechtfertigt, auch sie brachten neue Elemente
in die Kunst. Was uns von Cornelius trennt, ist
auch wieder der Anschluss an eine frühere Kunst
überhaupt, noch der Anschluss an eine primitive
Kunst. Die Vorliebe für die englischen Praeraffaeliten
ist gerade zu der Zeit bei uns aufgekommen, als
man sich von Cornelius abgewandt hat. Andererseits
ist aber das, was uns bei Cornelius abstösst,
auch durchaus nicht bloss die Farbe. Wir vermissen
vielmehr bei ihm in jeder Hinsicht die
naive Freude an der Erscheinungswelt in Form und


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