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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0078
Köpfe vom Grabmal des Prokleides.
Athen, Nationalmuseum. Marmor.

Aufklärung eine Befreiung des Individuums und die
Entfesselung aller Subjektivität brachte. Mit ihr ist die
grosse Zeit der griechischen Porträtkunst eingeleitet.
Die Künstler dieser Epoche, des vierten Jahrhunderts,
haben die Porträtdarstellung nach allen Seiten hin
ausgebildet und vertieft. Entgegen der Richtung,
die das Gesetzmässige und Allgemeingültige zur Norm
erhoben hatte, wurde das Persönliche, dem einzelnen
Individuum Eigentümliche wieder zu seinem Rechte
gebracht, anfangs in bewusster Opposition und daher
in einseitiger Uebertreibung und mit rücksichtsloser
Schärfe, ähnlich wie Aristophanes in seiner Komödie
die Gestalten zeichnete. Aber es blieb jetzt nicht
bei der Wiedergabe der äusseren Form. Sokrates,
der echteste, grösste Vertreter der neuen Zeit und
ihr Lehrmeister, hatte das innere Leben, das Persönliche
, Besondere im inneren Wesen der Menschen
verstehen gelehrt. Seitdem war der Porträtkunst
ein neues Problem gestellt, zu dessen Lösung sie
langsam erstarkte.

Die Porträts des vierten Jahrhunderts sind zwiefacher
Art. Auf der einen Seite stehen die Bildnisse
von damals lebenden Männern, nach dem Leben,
oder doch mit genauer Kenntnis der Persönlichkeiten
gemacht, die sie wiedergeben. Daneben aber
nimmt eine andere Gattung von Porträts einen breiten
Raum ein, in denen Grössen vergangener Zeiten dargestellt
sind. Mit dem Anfang dieser Epoche war
zu der Weihstatue, die privaten Charakter hatte,

die öffentliche Ehrenstatue hinzugekommen. Die
Sitte griff rasch um sich und wurde bald über die
Lebenden hinaus auf die Berühmtheiten der Vergangenheit
ausgedehnt. Staatsmänner und Dichter
der alten Zeit erhielten durch Aufstellung von Standbildern
nachträglich öffentliche Ehrung. Damit waren
der Porträtkunst neue Aufgaben erwachsen, ähnlicher
Art und in ähnlich weitem Umfang, wie sie
den modernen Künstlern unseres Jahrhunderts gestellt
sind, seitdem mit der Schadowschen Lutherstatue
im Jahre 1821 die lange Reihe der Denkmäler
von Männern der Geschichte und Litteratur-
geschichte eröffnet wurde.

Das Interesse, das wir an jeder dieser beiden
Arten von Bildnissen nehmen, ist nicht ganz gleichartig
. Bei den zeitgenössischen Porträts werden wir
eben so sehr und häufig noch stärker wie durch das
Künstlerische der Ausführung durch das Persönliche
berührt, durch die Teilnahme an dem Dargestellten
selbst, und sie sind uns in hohem Masse
wertvoll, indem sie uns das lebendige Bild der Gesellschaft
einer bestimmten Epoche vor Augen stellen
und damit das Bild der Zeit verständlicher und anschaulicher
machen. Die griechischen Bildnisse
bekannter und berühmter Männer des vierten
Jahrhunderts sind uns freilich nur in Kopien
späterer Zeit erhalten, aber es fehlt nicht an
einem Mittel, festzustellen, wie weit diese Kopien
den Zeitcharakter echt und und unverfälscht wieder-


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