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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0088
lischen Accent, so feurig durchgeführt, als von diesen Künstlern.
Die Amazonen dringen wild in die Schlacht, zu Pferd und zu
Fuss. Ueberall entbrennt der heisseste Kampf, aber die Griechen
bleiben die Sieger. Die hier abgebildete Platte gehört zu denen,
die der Bildhauer Skopas ausgeführt hat. Sie zeigt in der bewegten
Gruppe des Kämpferpaares die ganze Kraft und Schönheit
der Kunst dieses grossen Meisters.

31. Hunt: Rienzis Racheschwur. Hunts Rienzi folgt der
Erzählung Lord Bulwers „Rienzi, der letzte der Tribunen",
welche 1835 erschien. Man sieht Rienzi an der Leiche seines
Bruders Rache schwören, während sich der junge Adriano ihm
als Freund und Bruder anbietet. Zwei Landsknechte, die aus
Schild und Speer eine Tragbahre gebildet haben, schauen teilnehmend
zu, von den abreitenden Rittern des Stefano Colonna
wischt sich der Mörder das Schwert ab. Ein anderer steckt
es in die Scheide. Das Bild ist eines jener Werke, mit welchen
die Präraffaeliten zuerst hervortraten. Steckt auch noch mancherlei
ältere romantische Idee in dem Werke, so ist doch andererseits
die Treue der Beobachtung höchst bemerkenswert. Dass
Rossetti für den Rienzi wieder Modell stand, wie er seinem
Freunde Millais gleiche Dienste leistete, zeigt die enge persönliche
Zusammengehörigkeit dieser Werke. Ueberall sieht man das
gewaltigste Ringen nach Selbständigkeit, einen eisernen Fleiss
und eine wunderbare Schärfe des Blickes.

32. Barye: Löwe und Schlange. Erst Bronzearbeiter, dann
kurze Zeit Schüler klassizistischer Bildhauer, hatte wohl
Barye eine gewisse Beachtung durch seine kleinen Tierbronzen
auf den Ausstellungen gefunden, aber als ganz „voll"
erkannte man ihn und seine Kunst nicht an. Da, nicht mehr
ganz jung, erscheint er auf dem Salon von 1833 mit der Tiergruppe
in Lebensgrösse: Löwe und Schlange. Ein Teil der
Kritik erhob lauten Widerspruch gegen diese neue Gattung
monumentaler Plastik, aber einige Männer, die mit feinfühligen
Augen und nicht mit vorgefassten Theorien urteilten, begrüssten
freudig und hoffnungsvoll Werk und Künstler. Und die folgende
ruhmvolle, wenn vielleicht auch nicht von den Zeitgenossen
selbst nach Gebühr geschätzte Künstlerlaufbahn Baryes hat
diesen Männern recht gegeben. — Der Moment in dem Kampf
zwischen Löwe und Schlange ist trefflich gewählt. Das mächtige
Tier hat eine Tatze mit voller Wucht auf den Körper der
Schlange gelegt, die schmerzerfüllt aufzischt. Es ist ein
kritischer Augenblick, uns ungewiss lassend, wie der Kampf
sich weiter entwickeln wird.

33. Melozzo da Forli: Musizierender Engel. Dieser Engel
stammt, gleich jenem, der auf Tafel I abgebildet ist, aus dem
grossen Himmelfahrtsbilde, dessen Fragmente in S. Peter und im
Quirinal gezeigt werden. Rekonstruieren wir uns die Komposition,
so wäre der Platz dieses Engels am aufsteigenden Lünettenbogen
jenem auf Tafel i etwa diagonal entgegengesetzt; denn während
der Geigenspieler hinaufschaut, wendet der Lautenschläger, sich
in den vollen Akkorden seines Spieles unterbrechend, den Blick
in die Tiefe, aus der Christus, von Engeln umflogen, langsam
emporschwebt. Die klaren Formen des Gesichtes, die Gross-
zügigkeit der Gewandung und die zart gebrochenen Farben
haben die beiden Engel ebenso gemeinsam wie die perspektivisch
verkürzte Unteransicht, die im Lautenschläger noch kunstvoller
durchgeführt ist als in dem Geigenspieler.

34. Chodowiecki: Männliches Bildnis. Chodowiecki, der
berühmte Bücherillustrator und beste Schilderer der bürgerlichen
Charaktere und Zustände seiner Zeit, ist halb wider
Willen Radierer geworden. Zum Miniatur- und Emailmaler erzogen
, von seiner Neigung zur Historienmalerei getrieben, spürte
er doch allmählich einen hemmenden Mangel an Talent für die
Farbengebung; und nachdem er unselbständig genug einige
Gesellschaftsstücke und Familienszenen im französischen Ge-
schmacke und den ebenso französisch empfundenen „Abschied
des Jean Calas von seiner Familie" gemalt hatte, wandte er sich
bald mit besserem Erfolge der Radierung zu. Sie nahm ihn
sogleich dermassen in Anspruch, dass er seit 1770 nur noch
selten und fast nur für kleine Bildnisse zur Palette griff. Diese
Bildnisse zeichnen sich, wie das uns vorliegende, durch schlichte
Treue aus, entbehren aber im allgemeinen eines feineren künstlerischen
Reizes, da ihnen eine gewisse Trockenheit des Tones
und Vortrages anhaftet. Die Identität unseres Bildnisses mit
dem Vater der Rahel Varnhagen wird durch eine Familientradition
bestimmt; gemalt wurde es vermutlich gegen 1780.

35/36. Perugino: Die Schlüsselübergabe. (H. 3,4s, Br.
5,50; Angabe der Breite auf der Tafel irrtümlich)'. Schwerlich
konnte die Schlüsselübergabe irgendwo besser am Platze
sein als in der Hauskapelle des Papstes, der Petri Schlüsselamt
auf Erden zu verwalten berufen war. Des Himmelreichs
Schlüssel nimmt denn aucn in der grossen Komposition genau
den Mittelpunkt ein: Petrus empfängt ihn aus den Händen
Christi selbst, während die Jünger und einige an der modischen
Zeittracht leicht kenntliche profane Teilnehmer den feierlichen
Akt durch ihre würdevolle Präsenz gleichsam zu einem geistlichen
Ceremoniell erhöhen. Ein weiträumiger Platz, auf dem
der Rundtempel in der Mitte an das Heiligtum in Jerusalem, die
dreithorigen Triumphbogen beiderseits an Rom, den uralten

Sitz der geistlichen Schlüsselgewalt, erinnern sollen, bietet den
festlichen Schauplatz, an den im Hintergrunde waldiges Bergland
herantritt und der eine Aussicht gewährt, wie sie ähnlich der
Reisende noch in unseren Tagen in Perugia von dem grossen
Platz der Präfektur aus geniessen kann. Zu der pathetischen
Gehaltenheit in der Hauptgruppe, die sich nur wenig in die
Tiefe der Bildfläche hineingliedert, stehen die bewegten Szenen
des Mittelgrundes in zwar beabsichtigtem, aber nicht ganz vollwertigem
Gegengewicht; links die Versuchung Christi mit dem
Zinsgroschen und rechts der Anschlag der Pharisäer, den Heiland
zu steinigen. Obwohl der Papst am Himmelfahrtstage Mariä
1483 die erste Messe in seiner Hauskapelle las, so kann dies
Fresko, rechts hinter den marmornen Schranken, wohl später
erst hinzugefügt worden sein; sowohl der Stil, wie auch das
Bildnis des Meisters, den wir in der fünften Person rechts vom
Rande mit Sicherheit erkennen, weisen auf das Ende der achtziger
Jahre, und erst 1489—90 erhält der Meister die Zahlungen
für seine Arbeit.

37. Cranach: Venus und Amor. Nächst der Heiligen Familie
im Münchener Privatbesitze (Tafel 2/3) ist die lebensgrösse
Venus der Ermitage das früheste fest datierte und beglaubigte
Gemälde Cranachs. Die Signatur besteht aus dem bekannten
Zeichen der geflügelten Schlange, der Cranachschen Werkstattmarke
, und aus den Initialen L und C, die der Meister nur in
der Jugend — vorzüglich auf den dieser Zeit angehörigen Ho'z-
schnitten — anbrachte. Datiert ist das Bild 009. In einem
Holzschnitte von i5o6 schon hatte Cranach das Motiv gestaltet.
Charakteristisch für die Frühzeit und in entschiedenem Gegensatze
zu den nicht gerade seltenen Darstellungen der Liebesgöttin
in Cranachs späterem gewöhnlichen Stil ist die dem
Petersburger Gemälde eigene wuchtige, schwerblütige Grösse,
der wunderlich negerartige Frauentypus und die sehr kräftige
Modellierung.

38. Das Eleusinische Relief. Ein heiliger Akt aus der Kultlegende
der Eleusinischen Gottheiten ist geschildert. Man erkennt
in dem Knaben zwischen den beiden Frauen Triptolemus,
der von Demeter ausgesendet wird, um ihre Segnung, den Getreidebau
, unter allen Völkern zu verbreiten. Als Symbol dieser
Sendung reicht ihm Demeter, die in feierlicher Erscheinung vor
ihm steht, die Aehren, während Kore, ihre Tochter, ihm einen
Kranz aufs Haupt setzt. Beide Attribute sind nicht mehr sichtbar
; die Aehren waren nur in Malerei ausgeführt und sind jetzt
wie alle Farben, mit denen der Marmor einst bemalt war, verschwunden
, der Kranz war aus Metall gebildet und angesetzt.
— Der unbekannte Künstler des Reliefs war ein Zeitgenosse des
Phidias. Er bildete die Göttinnen, wie sie damals, unter der
mächtigen Wirkung der religiösen Kunst des Phidias, in Aller
Vorstellung lebten. Wahrscheinlich aber haben ihn auch bestimmte
Vorbilder in der Gestaltung der Demeter und der Kore
geleitet, an die er als allgemein bekannte und vertraute Werke
unbefangen anknüpfte und erinnern konnte, Vorbilder, wie sie
durch statuarische Darstellungen der Göttinnen sich darbieten
mochten, die in dem Eleusinischen Heiligtum Gegenstand
der Verehrung waren.

39. Liebermann: Die Netzfiickerinnen. Das Bild, dessen
graugrüner Gesamtton durch einige blaue und braune Gewandstücke
belebt wird, gehört zu den Werken des Künstlers, die
am allerintensivsten seine Bedeutung offenbaren. Nicht nur das
Flattern der Gewänder, nicht allein die Stellung der Frauen,
die auf den Widerstand gegen den Wind berechnet ist, geben
uns durch ihre Wahrheit den Eindruck der starken Luftbewegung
, sondern noch mehr lassen uns der überzeugende
weissgraue Ton der Luft mit den jagenden Wolken, das Unbestimmte
der zitternden Grashalme den frischen Seewind fast
körperlich empfinden. Von der vordersten Frau, die ihr Netz
emporhebt und die mit ihrer dunklen Silhouette eine Verstärkung
der Fernwirkung hervorruft, zur zweiten entfernter
sitzenden Frau, die ihr Netz flickt, und von dieser zur dritten
noch entfernteren und so fort wird das Auge über die Ebene
hin in die Ferne geführt, wo es nicht mehr erkennt. Dabei
knüpft es zwischen all den Figuren, die emsig, bescheiden und
froh arbeiten, ein unsichtbares aber deutlich empfundenes Band,
welches das tief Gemütvolle neben der Wahrheit der Erscheinung
bildet.

40. Roland: Der Bildhauer Pajou. (Salon 1800). Der Maler
David war gewiss am stolzesten auf jene umfangreichen antikisierenden
Historienbilder, die auf uns heute kalt, fast abstossend
wirken. Wir bewundern ihn am meisten dort, wo er sich als
Erbe des künstlerischen Könnens des 18. Jahrhunderts zeigt,
wie z. B. in jener grossartigen Portraitskizze des Konsuls Bonaparte
(Bd. II Taf. 113). Und ähnlich stehen wir dem Bildhauer
Roland gegenüber, vielleicht dem Besten in seiner Kunst
in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts, als Houdons
Können bereits verwelkte. Nicht Rolands Homerstatue, mit dem
der Antike genau nachkopierten Kopfe (immerhin aber noch
besser als die Werke eines Chaudet oder Bosio!) erregt heute
unsere Bewunderung, wie sie die der Zeitgenossen erregte,
sondern seine Bildniswerke, von denen die Büste des Malers
Suvee und die des Bildhauers Pajou, des Lehrers Rolands, vor

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