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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0089
allen bekannt sind. Hier sehen wir deutlich den Erben der
Kunst Houdons. Hier spinnt sich ein Faden fort, der dann
weiter zu David d'Angers, zu Francois Rüde, zu Carpeaux, zu
Rodin führt. — Pajou war ein anmutig begabter Künstler,
eine trotz seines Einflusses allbeliebte Persönlichkeit, ein gewandter
Hofmann. Seinen harmonischen milden Charakter
glauben wir deutlich von den Zügen des Greises ablesen zu
können, mit packender Lebenswahrhe.it ist vor allem der klare,
freundliche Blick, d;r fast zu liebenswürdige Mund wiedergegeben
.

41. Van der Weyden: Bildnis eines burgundischen Prinzen.

Im Jahre 1861 wurde dies Bildnis für die Brüsseler Galerie um
3rooo Frcs. erworben; der hohe Preis galt mit der Persönlichkeit
des Dargestellten, in dem man Karl den Kühnen zu erkennen
glaubte. Den Pfeil in der Hand des Ritters vom Goldenen
Vliess brachte man in Zusammenhang mit einem Gelöbnis, das
der Burgunderfürst 1467 dem hl. Sebastian abgelegt. Die Züge
der beglaubigten Porträts Karls des Kühnen widersprechen einer
solchen Annahme. Vielmehr haben wir den Halbbruder Karls,
Anton von Burgund, vor uns, dessen Kopf durch Bildnisse
in Hamptoncourt, Chantilly und Dresden bekannt ist, den die
Geschichte seiner kriegerischen Tüchtigkeit wegen „le grand
Bätard" nennt. Er war als natürlicher Sohn Philipps des Guten
und der Jeanne de Grulles 1421 geboren und starb erst im
Jahre 004. Das Abzeichen in seiner Hand deutet vielleicht auf
das Jahr 1463 als Entstehungszeit des Bildes, denn in diesem
Jahre erwarb Anton in der S. Sebastiansschützengilde zu Brügge
die Würde des „roi d'arc". Die Urheberschaft Rogers van der
Weyden ist neuerdings mit triftigen Gründen bestritten worden.
— Vgl. über das Gemälde auch Text S. 22.

42. Holbein: Männliches Bildnis. Das mit Unrecht als
Selbstbildnis bekannte und überall wiedergegebene Porträt
ist ein allerdings mit Recht gefeiertes Werk des grossen Malers.
Das Bild dürfte einen Kaufmann des Londoner Stahlhofes,
d. h. der deutschen in einem Hause zusammenwohnenden Kaufmannschaft
Londons darstellen und im Anfange des zweiten
Londoner Aufenthaltes (Ende 1532 bis zum Tode 1543) entstanden
sein. Die Auffassung erinnert an das berühmte Bild
des Georg Gysze im Berliner Museum. Das Porträt stellt einen
Mann in den dreissiger Jahren dar. Er trägt ein rotes Barett,
einen gelblich-grauen mit schwarzem Sammt besetzten Rock,
hat dunkle braune Haare und braune Augen. Das Bild stammt
aus der Sammlung des Bonifacius Amerbach. Im ältesten
Inventar der Sammlung heisst es bloss: „Item ein tafelen gehört
darin ein conterfehung Holbeins mit trocken färben, so im
grossen Kasten unter Holbeins Kunst liegt." Daraus ergab sich
die im zweiten Inventar schon ausgesprochene Meinung, dass
Holbein der Abgebildete sei. Das Porträt ist allerdings mit
einer Feinheit und Sorgfalt durchgeführt, wie dies bei Holbein
in den Vorstudien für Gemälde sonst nicht vorkommt, mit einer
Sorgfalt, die auch nur bei gutwilligen Freunden oder bei der
eigenen Person möglich ist. Dagegen aber, dass hier ein Selbstporträt
vorliegt, spricht zunächst Blick und Haltung des Dargestellten
. Denn so wie hier sieht man sich nicht im Spiegel,
wenn man, um sich selbst darzustellen, sein eigenes Bild beobachtet
. Man sieht sich direkt in die Augen und man sieht
sich schärfer an. Der Dargestellte besitzt aber überhaupt nicht
das scharfe Auge eines Malers. Er besitzt noch weniger den
kalten, fast frechen Blick, der, für Holbeins Charakter so überaus
bezeichnend, sich wirklich in andern Porträts wiederfindet.
Wir besitzen zwei leicht zugängliche Zeichnungen, die Holbein
sicher darstellen. Im Berliner Kupferstich-Kabinet eine Silberstiftzeichnung
von der Hand des Vaters; hier ist der Dargestellte
noch ein Knabe von vierzehn Jahren. Ferner in der Sammlung
der Malerporträts der Uffizien in Florenz die Studie mit Farbstift
zu einem Selbstporträt aus des Künstlers letztem Lebensjahre
, wo die Augen grünlich-grau sind. Beide Male ist der
Dargestellte in ähnlicher Stellung abgebildet wie auf unserem
angeblichen Selbstbildnis. Beide Male ist aber schon die Schädelform
eine andere. Die Nase ist kürzer und die Augenhöhlen
sind weniger weit, d. h. der Abstand von Augenbraue zur
Pupille ist geringer, ferner sind die Lippen weit kräftiger und,
was die Hauptsache ist, es spricht aus dem Jugendbilde schon
wie aus dem Porträt des Fünfundvierzigjährigen ein anderes
Naturell uns an, ein Mensch von auffallend scharfem Verstand
und einer auffallend starken Energie, während wir in dem
angeblichen Selbstporträt eine harmlosere, weit liebenswürdigere,
jedenfalls auch weit unbedeutendere Person vor uns haben.
Höchstens der Humor, der um die feinen Lippen dieses Mannes
spielt, ist eine Eigenschaft, die wir auch in den Werken des
Malers wiederfinden. Entscheidend ist jedoch die unverkennbare
Thatsache, dass das Bild des Fünfundvierzigjährigen dem Jugendbild
ganz frappant ähnlich sieht, diesem Dreissiger dagegen
nicht. Wenn Holbein selbst sich in der Vollkraft seiner Jahre
ganz ähnlich aufgefasst hat, wie er einst von seinem Vater dargestellt
worden war, so muss er doch bleibende, schon früh in
die Augen springende Züge gehabt haben. Er kann nicht
zwischen hinein einmal ganz anders ausgesehen haben, und es
ist auch nicht denkbar, dass er selbst — was bei einem andern

minder genauen Beobachter schliesslich möglich wäre — zehn
Jahre früher einmal sich ganz anders aufgefasst hat

43. Luini: Die Bestattung der hl. Katharina. Die Legende,
die den Leichnam der Heiligen vom Ort ihres Martyriums durch
Engel zum Berge Sinai entführen lässt, bot dem Künstler das
Beste, den sanften Reiz in der Jugend erstorbener weiblicher
Schönheit. An der zarten Aufgabe erweist Luini ein Gefühl
für Anmut und Beseelung, das sich unter Lionardos Einfluss
nur noch nach Seite der Form erweiterte. Das Bild gehörte
mit mehreren anderen Fresken, die heute in verschiedenen
Sammlungen verstreut sind, zum Schmuck der Casa La Pelucca
bei Monza. Die Inschrift auf dem Rund des Sarkophags
„Catharina Virgo Sponsa Christi" deutet auf die Heilige als die
Verlobte Christi.

44. 45. Tiepolo: Das Gastmahl der Kleopatra. Die in alter
und neuer Zeit gern wiederholte Erzählung von der Aegypter-
königin, die eine unschätzbare Perle in Essig auflöste, um
Antonius durch den Luxus ihres Gastmahls zu übertreffen, hat
Tiepolo zu seiner schönsten Komposition inspiriert. Durch das
prächtige Portal einer reichen Scheinarchitektur — die, wie es
heisst, Girolamo Mingozzi Colonna gemalt hat — sehen wir die
Festtafel vor uns. Ein paar Stufen führen empor, auf ihnen,
mit dem Rücken gegen den Beschauer, ein Zwerg. Kleopatra
in prächtigem rosa Brokatkleid, empfängt aus der Hand eines
Mohren den Becher; sie hält die Perle in der Hand und blickt
triumphierend zu Antonius herüber, der, im Panzer, das Haupt
vom Helm bedeckt, zurücklehnt, das nun Folgende erwartend.
Nicht die Handlung selbst, die nicht wohl begreiflich zu machen
war, sondern den ^Augenblick, der vorhergeht, hat der Künstler
herausgegriffen. Die wunderbaren Farben vereinigen sich dem
entzückenden Reiz der Gestalten und rufen einen unvergesslichen
Eindruck hervor.

46. Myron: Marsyas. Die Figur ist, als sie 1823 auf dem
Esquilin in Rom gefunden wurde, als tanzender Satyr aufgefasst
und dementsprechend sind die fehlenden Arme ergänzt worden.
Später hat sich herausgestellt, dass die Figur zu einer im Altertum
berühmten Gruppe des Bildhauers Myron gehörte, deren
wesentliche Züge aus einigen kleineren Wiederholungen auf
Werken des Kunsthandwerks überliefert sind. Athena und der
Silen Marsyas waren in einer heftigen Scene dargestellt. Athena
hatte — so erzählte die Sage — die Flöten erfunden, sie aber
weggeworfen, als sie bemerkte, dass sie ihr Gesicht entstellten.
Marsyas schlich sich heran und hob die Flöten auf. Das bemerkte
die Göttin und zornig schlug sie dem Silen die Flöten
aus der Hand. Dieser taumelte erschreckt, aber begierig noch
auf die Flöten hinblickend, zurück. Aus der raschen plötzlichen
Folge der Handlung ist die Haltung der Figur zu verstehen:
der Körper schnellt zurück und die Arme waren in heftigster
Bewegung, der rechte nach oben, der linke nach unten, ausgestreckt
. In solcher Darstellung kraftvoller und momentaner
Bewegungsmotive war Myron's Kunst unerreicht. Der Kopf
des Marsyas mit seinen tierischen Zügen ist ein schönes Gegenstück
zu den Köpfen der Kentauren auf den älteren Parthenome-
topen und im Westgiebel von Olympia.

47. Schmitson: Auf der Weide. Während seines kurzen
Lebens fand Teutwart Schmitson kaum bei einem grösseren
Kreise Beachtung, und wenig nur wird von seinen Schicksalen
erzählt. Ein Meister, der nicht in den Compendien nachgeschlagen
werden kann. Durch einen Zufall kam dies Bild
wieder zum Vorschein, und es vermag jetzt dem jung Verstorbenen
, fast Vergessenen verspätete Anerkennung zn verschaffen. —
In Schmitsons Bild schliesst der hochgezogene und den Ausblick
verwehrende Horizont ein stilles und abgeschlossenes Stück
Weide ab, das unter dem blauen Himmel mit ruhig ziehenden
weissen Wolken einsam daliegt. Wenige Bäume stehen von
keinem Hauch bewegt unter der brütenden Sonne. Vorn am
Wassertümpel drängen sich Kühe und Kälber. Menschen sind
nicht beigegeben. Sie würden stören. Mehr noch mag man
loben, dass darauf verzichtet wurde, den Tieren menschliche
Sentimentalitäten zu geben.

48. Michelangelo: Die Madonna an der Treppe. Bei der
Madonna an der Treppe, einem der frühesten Jugendwerke
Michelangelo's, hat man versucht, einen Einblick in die ersten
Anregungen des Künstlers zu thun. Man hat in ihr den Einfluss
Donatello's im Kopftypus und in den Putten des Hintergrundes
gesehen, und man hat in der Antike die Analogien zur
Stellung der Madonna und zur Gewandung gefunden. Diese
Einflüsse beherrschend, tritt aber schon die ganze Eigenart
Michelangelo's in der Formenbehandlung und in der Stimmung
hervor, besonders in dem Betonen der Gegensätze der Passivität
der Madonna, die in tiefes trauriges Sinnen versunken das Kind,
das entschlummert ist, auf ihrem Schoss trägt, zu dem Hintergrund
, wo auf und neben der Treppe Putten in scherzendem
Streit ein Netz lebhafter Bewegungen spannen.

49. Tinelli: Porträt des Dichters Giulio Strozzi (?). Ein
in der Gegenwart ganz vergessener Künstler, dessen Namen
kaum die Fachgelehrten kennen, und von dem man doch hier
und da ein Bild findet, das immer wieder die Aufmerksamkeit
fesselt; allerdings bewundert man wohl auch seine besten

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