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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0098
Das Bild ist „tief und leuchtend in der prächtigen Färbung und
von einem für den Künstler seltenen Helldunkel". Es stammt
aus Spanien aus der Kathedrale von Malaga. Ein in der Komposition
fast identisches Bild, aber ohne die geistige Belebung, ist
von seinem Lehrer Otto Vaenius nachgewiesen.

123. Rubens: Die Löwenjagd. Wie Rubens selbst in einem
Brief vom Jahre 1618 schreibt, in dem er eine Wiederholung
des Bildes anbietet, war das Münchener Gemälde für den Kurfürsten
Maximilian von Bayern gemalt. Zugleich geht aus dieser
Erwähnung hervor, dass es in das erste Jahrzehnt nach Rubens
Rückkehr aus Italien fällt. Auch haben wir wohl den Keim
zum Vorwurf und zur Kompostion noch in Italien zu suchen,
in der Reitergruppe auf dem Schlachtkarton Lionardo da Vincis,
die Rubens, wie uns eine Zeichnung im Louvre beweist, sorgfältig
kopierte. Die Kampfeswut in der Schöpfung Lionardos wird
durch die Motive, welche die reissenden Tiere hineinbringen,
durch Rubens sensationell gesteigert, der Moment der höchsten
Erregung wird gewählt, wo Löwe und Jäger dem Kampfe zugleich
erliegen. Zu Gunsten des Scheines und des Stiles der
Linien läuft manche Unwahrscheinlichkeit mit unter. Von der
kompakten Mitte aus löst sich der zunächst verblüffende Knäuel
nach den Seiten hin in einer loseren Komposition auf.

124. Pisanello: Sanct Eustachius. Das Abenteuer des heiligen
Eustachius, dem mitten im Gejaide ein grosser Edelhirsch mit
dem Kruzifixus im Gehörn mahnend entgegentrat, ist ganz zum
romantischen Märchen geworden. Die nach der unbeholfenen
Weise der älteren Malerei noch übereinandergebauteLandschaft lässt
keinen Horizont, keinen Streif Himmelsbläue offen: ganz mit
seiner grünen Finsternis umfängt der Wald Jäger, Meute und
Wild. Mit staunend erhobener Rechte starrt der jugendliche
Reiter zu dem Hirsch mit der heiligen Zier im Geweih hinüber.
Die Vorderfüsse fest aufgestemmt, beginnt das scheuende Pferd
ein ängstliches Getrappel mit den Hinterbeinen, dass das goldbeschlagene
Geschirr an einander klappert. Auch die Meute
stutzt, lässt die Rute hängen, fletscht die Zähne gegen das Edelwild
und wendet sich fragend nach dem Jäger um. Im Vorder-
und Hintergrund aber nimmt das Gejage, nimmt das stille Waldleben
seinen ungestörten Fortgang. Hier ist ein Windhund
einem aufgescheuchten Hasen dicht auf die Fersen, dort,
wo gewundenen Laufes der Quell durch den Waldesdämmer
rauscht, trinken Hirsche und klettert ein Zottelbär. Wilde Enten
tummeln sich auf dem Wasser, hochbeinige Reiher stehen im
seichten Gewässer; in den Bäumen fliegen und singen die Vögel.
Das alles ist keck über die Tafel verteilt mit einem wunderbaren
Gefühl für das dekorativ Farbige. Pikant stehen die hellen
Flecken im Dunkel. Meisterlich ist die Stimmung, der Zauber
des Waldes, festgehalten. Der noch leicht gotisierende Christus,
das Kostüm des Jägers und der Mangel an räumlicher Wahrheit
setzen das Gemälde deutlich in die erste Hälfte des Quattro-
cents. Das zierlich gerollte Schriftband am unteren Bildrand
ist leer, aber der Maler überall so kenntlich, dass man es nur
der poetischen Schilderung des Waldinneren zuschreiben darf,
wenn das Bild lange den Namen Dürer getragen hat.

125. Goujon: Diana. Die schönste freistehende Gruppe, die
die französische Renaissanceplastik hervorgebracht, erhob sich
ursprünglich im Schloss zu Anet im Schiosshof auf einem hohen
reichgegliederten Unterbau, umgeben von bronzenen Jagdhunden
, mitten in einem Wasserbecken, als Brunnengruppe
komponiert, als Gegenstück zu einer stehenden marmornen
Nymphe. Anklänge an diese Bestimmung zeigen noch jetzt
Form und Dekoration des Untersatzes: die grosse Vase mit
Voluten an der Seite, geschmückt mit dem doppelten D, dem
Monogramm der Diana von Poitiers, der Schlossherrin, und mit
Krabben und Krebsen als Wasserbewohnern. Die Deckplatte,
die wie ein kostbarer Deckel jene Brunnenvase abschliesst, trägt
die schlanke Gestalt der Diana, die in ungezwungener Grazie
sich leicht an den Rücken des mächtigen Achtzehnenders anlehnt
; ihre beiden Hunde, Procion und Syrius, umspielen sie
schmeichelnd. Es ist das erste Mal, dass dieser neue weibliche
Schönheitstypus sieghaft in der französischen Skulptur auftritt:
er verschwindet seitdem nicht wieder vollständig. Durch den
Ehrenplatz, den unsere Gruppe im Louvre in der Salle Goujon
einnimmt, ist die Diana zu einer Art Verkörperung des ganzen
plastischen Könnens der französischen Renaissance geworden.

126. Goujon: Brunnenreliefs. Für den feierlichen Einzug
Heinrichs II. in Paris hatte Goujon zusammen mit Pierre Lescot
volle zwei Jahre, 1547 bis 1549, gearbeitet an einer Loggia, die,
an einer Strassenecke errichtet, nur einen Teil der grossartigen
Dekoration der Feststrasse bilden sollte. Eine wunderliche
Mischung der Idee eines an eine Wandfläche gelehnten
Triumphbogens verbunden mit einem Palastbalkon und einer
sinnreichen Wasserkunst. Die ursprüngliche Anlage ist heute
ganz zerstört, seit am Ende des 18. Jahrhunderts aus der reizvollen
Flächenverzierung ein prätentiöser freistehender Brunnen
gemacht worden ist. — Der Bildhauer hatte seine Werke den
Quellnymphen geweiht: Fontium nymphis. Der ganze plastische
Schmuck soll das lebendige Wasser ausdrücken: die herrlichen
stehenden Nymphen lassen aus ihren Armen ununterbrochene
Wasserstrahlen niederträufeln und auf den langen Reliefs dehnen

sich, in dem unvergleichlichen Fluss ihrer königlichen Körper
selbst die Wellenlinien nachahmend, wohlig die Beherrscherinnen
der Fluten. Die glänzendsten Flachreliefs dieser Periode, —
selbst Bernini, der unablässig Krittelnde, musste ihnen uneingeschränktes
Lob zu teil werden lassen.

127. Pilon: Die drei Grazien, die Urne mit dem Herzen
Heinrichs II. tragend. Es ist Pilons erstes selbständiges Werk,
das der Louvre bewahrt, die Gruppe, die Catharina von Medici
zwei Jahre nach dem Tode ihres Gatten 1561 bestellt hatte.
Der Künstler hatte die Figuren der Grazien seinem Auftrag gemäss
als Gräces decentes dargestellt, so sehr im Gegensatz zu
ihrer gewöhnlichen Art des Auftretens, dass sie im couvent des
Celestins, wo die Gruppe aufgestellt war, als theologische
Tugenden gelten konnten. Die vergoldete Urne, die die Figuren
tragen, ist ein Werk des Jean Picart, das kunstvolle Piedestal
eine Schöpfung von Dominique Florentin. Der Künstler steht hier
noch am stärksten unter Goujons Einfluss, aber gerade die leise
Befangenheit hat seinen Göttinnen einen besonderen Charme
gegeben. Seinen klassischen Stil erreicht er dann erst bei seinem
Hauptwerk, dem Grabmal Heinrichs II. in St. Denis.

128. Constable: Das Kornfeld. Der grosse englische Meister,
der die Traditionen der guten Landschaftsmalerei herüberzuretten
scheint von Hobbema zu den Franzosen unseres Jahrhunderts
, ist wie auch die anderen grossen englischen Maler
ausserhalb seines Vaterlandes so gut wie nicht vertreten. Die
Londoner National Gallery bietet eine reiche, wenn auch nicht
vollständige Vorstellung von seiner Kunst. Das „Kornfeld", vom
Jahre 1826 datiert, gehört der reifen Zeit an, in der die Trockenheit
des Jugendstils vollständig überwunden ist. Die vergleichsweise
schlichte Darstellung hat zwar nicht die leuchtende Färbung
und den dramatischen Zug seiner berühmtesten Schöpfungen,
leidet aber auch nicht in der Wirkung an der Unruhe, die der
stärksten Kraftanspannung Constables zu entspringen scheint.

129. Mor: Königin Mary (1515 —1558). Moro, diesen „zuverlässigsten
und objektivsten Bildnismaler aller Zeiten", lernt
man nur in Spanien völlig begreifen. Der Besucher des Prado
wird immer von neuem durch das Porträt Marias von England
gefesselt. „Es ist ein kaltes eigenwilliges Tudorgesicht, diese
rothaarige Dame, mit der breiten Stirn, den dünnen Lippen und
starken Kiefern, eines durch Vererbung und Schicksal verhärteten
Charakters, dem ein selbst bei Männern seltener Grad
persönlichen Muts und rücksichtsloser Entschlossenheit innewohnte
." Aber auch das durch Tizians Farben verwöhnte Auge
kann sich hier schwer losreissen, niemals ist der fürstliche
Purpur mit solcher Vollendung gemalt worden. Wollte der
Maler fürstlicher Bräute durch koloristische Wirkung und diese
brillante Ausführung von Einzelheiten einen Ersatz bieten für das,
was dem Original an Schönheit und Anmut versagt war? Er
konnte nicht schmeicheln, aber er hat uns in diesem historischen
Denkmal ein Kunstwerk geschaffen, das der Bewunderung aller
Zeiten gewiss ist. Das Bild seiner Schwiegertochter hat den
Kaiser Karl V. in die Einsamkeit von San Yuste begleitet, seine
Entstehung werden wir in die Jahre von i554—55 setzen müssen.

130/131. Raffael: Die Messe von Bolsena. Die „Messe von
Bolsena" ist die Geschichte eines ungläubigen deutschen Priesters,
der es erleben musste, dass ihm während des Hochamts die
Hostie unter den Händen zu bluten anfing. Für die Darstellung
war es eine Schwierigkeit, bei der Kleinheit des Objektes deutlich
zu sein. Schon darum musste Raffael darauf verzichten,
dem überraschten Priester eine lebhaftere Bewegung zu geben,
er hatte es aber überhaupt auf eine andere Wirkung abgesehen:
Die Bewegung sollte erst in der Umgebung beginnen und
nach den äusseren Kreisen hin immer stärkere Wellen schlagen.
Es ist eine Meisterleistung, wie in ganz wenigen Figuren die
Erregung des Volkes, das das Wunder mehr ahnt als sieht,
zum Ausdruck gebracht ist. In den Chorknaben fängt es an
mit leisem Wispern, dann kommt ein heftigeres Drängen auf
den Stufen, und in der Frau ganz unten, die aufgesprungen ist,
erreicht die Bewegung den Höhepunkt. Den Gegensatz bildet
die andere Seite, die dem Papst und den Seinen vorbehalten
ist. Der Papst, mit den Zügen Julius II., ganz unbewegt in der
rituellen Gebetshaltung, weiter zurück die Kardinäle, ebenfalls
lauter Porträtköpfe, und dann die Schweizer mit der Sänfte,
fünf Physiognomien, die man nicht leicht vergisst. Ganz
individuell, ganz „modern" in den Kostümen, ist diese Gruppe
doch von einer Monumentalität höchster Ordnung.

132.133. Raffael: Die Befreiung Petri. Die Geschichte von
der Befreiung Petri aus dem Kerker ist in drei Scenen entwickelt
. In der Mitte die Erscheinung des Engels im Kerker,
rechts das Hinausführen und links die Alarmierung der Wache,
als die Flucht ruchbar geworden ist. Die Mittelscene hat vor
ähnlichen Darstellungen das glückliche Motiv voraus, dass Petrus
schlafend gegeben ist, wodurch es möglich wurde, den erhabenen
Dulder zu charakterisieren. Der Engel kommt in einer Lichtglorie
und packt ihn an der Schulter. Der ganze Raum ist
plötzlich hell geworden und auf den Rüstungen der Wächter
giebt es blitzende Glanzlichter; doch ist gerade anderen Kompositionen
gegenüber zu beachten, wie wenig aufdringlich diese
Gepanzerten wirken und wie überhaupt das Kerkermässige

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