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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_02/0099
deutlich, aber nicht störend angegeben ist. Von unvergleichlicher
Schönheit ist die Hinausführung, wo Petrus, wie ein
Träumender, ohne den Engel anzusehen und ohne auf den
Weg zu achten, seinem Führer folgt, und in glücklichstem
Kontrast stellt sich dieser stummen feierlichen Scene die Alarm-
scene gegenüber mit stark bewegten Figuren und flackerndem
Licht. Des Fresko hat für die Geschichte des malerischen
Stiles noch eine besondere Bedeutung. Lichteffekte, wie die
Kombination von Mond und Fackellicht, haben auch in Tafelgemälden
noch keine Analogien.

134. Aeschines. Der Redner Aechines hat in politischen
Kämpfen, die sich in Athen an das Eingreifen des Philipp von
Makedonien in die griechischen Verhältnisse anknüpften, während
der zweiten Hälfte des vierten Jahrh. eine bedeutende Rolle gespielt
. Er war ein Führer der Friedenspartei und der entschiedenste
Gegner des Demosthenes. In dessen erhaltenen
Reden ist sein Porträt mit den glühendsten Farben des Hasses
gezeichnet. Dieser einseitigen Schilderung steht eine andere
weniger parteiische zur Seite in der vorzüglichen Statue, von der
eine wahrscheinlich im ersten vorchristlichen Jahrhundert gefertigte
Kopie aus der Herkulanensischen Villa erhalten ist. Das
Bildnis ist nach aller Wahrscheinlichkeit noch zu Lebzeiten oder
kurz nach dem Tode des Aechines, jedenfalls auf Grund genauer
Kenntnis seiner Persönlichkeit geschaffen, und der Künstler, der
es ausgeführt hat, hat ohne Zweifel vor allem danach gestrebt,
eine möglichst getreue lebenswahre Darstellung des Mannes zu
geben, der allen in Athen bekannt war. Seine Absicht ist ihm
in hohem Grade gelungen. Er hat Aeschines in der bezeichnenden
Handlung gebildet, wie er als Redner vor die Versammlung
hintrat. Völlig ungezwungen und natürlich ist die
Haltung. Diese Art des Auftretens, ruhig und gesammelt, wie
der Mantel geordnet um den Körper genommen, der rechte Arm
in das Gewand eingeschlagen ist, galt als Zeichen feiner attischer
Sitte. Aeschines war von Geburt Athener und er hat auf seinen
Atticismus gehalten. In allem ist die Statue treu bis in die
Einzelheiten (wie die Frisur des Bartes und Haupthaares) hinein,
und gewiss nicht zum wenigsten in' den individuellen, etwas
weichlichen, fast gutmütigen Zügen des Gesichtes. Durch diese
Natürlichkeit unterscheidet sich das Bildnis merklich von der im
Motiv ähnlichen Sophoklesstatue (Bd. I, Taf. g3), die nicht mit
Recht vielfach als eine weit hervorragendere Leistung der
griechischen Porträtkunst gepriesen worden ist.

135. Geselschap: Der Krieg. Die Allegorie stellt der Monumentalmalerei
eine besonders hohe und schwere Aufgabe: sie
verlangt die Umdichtung eines Begriffs in Anschauung und
Handlung. Dieses, auch für den grossen Meister nicht immer
gefahrlose Wagnis ist Geselschap in der Darstellung des Krieges,
der schönsten seiner Zeughausfresken, rein und glücklich gelungen
. Aus mächtig gefugtem Quaderthor donnert der Schlachtwagen
der Kriegsgöttin; an starken Seilen reissen ihn die
Furien vorwärts, Dämonen setzen die schweren Räder in beschleunigten
Schwung. Hochaufgerichtet mit flammender Wehr
und wehendem Mantel, Stärke und Gerechtigkeit zur Seite, fährt
Bellona ihre Siegesstrasse daher. Hinter ihr leuchtet die gelbe
Lohe, als stände die Welt in Flammen. Neben dem goldenen
Wagen sprengen in rasendem Fluge die vier Gewaltigen der
Apokalypse, rechts der Krieg und die Pest, links der Hunger
und der Tod. Ohnmacht und Vernichtung — wohin sie kommen.
Dort stürzt das ungerechte Königspaar mit entrollender Krone
über dem Drachen der sieben Todsünden beim ersten Ansturm
zusammen; was in pfadlose Felsschluchten flüchtet, ereilt der
Hunger. Hier hat der Trotz bewaffnet sich zum Widerstand
ermannt; aber der Speer des Krieges trifft sicher, und was er
nicht erreicht, sinkt vor den Giftpfeilen der Pest dahin. In der
Mitte aber scheint die Triumphstrasse der furchtbaren Göttin
ins Unermessliche zu führen. Ein wildes dramatisches Leben
braust durch die Komposition; um so bewundernswerter ist
die Herrschaft des Meisters über den Stoff; mit Wenigem verstand
er zu wirken und jedem Detail schaffte er Raum, ohne
die strenge architektonische Geschlossenheit zu gefährden.

136. Demosthenes. Dem Demosthenes ist 42 Jahre nach
seinem Tode, im Jahre 280 v. Chr., eine Statue in Athen errichtet
worden, die ein Werk des Künstlers Polyeuktes war.
Er war in diesem Bilde als letzter Freiheitskämpfer gefeiert, er
war stehend dargestellt, die Finger der Hände wie in schmerzlicher
Resignation ineinandergeschlossen. So denke man sich
die Vatikanische Statue, die nach wahrscheinlicher Annahme
auf dieses athenische Bild zurückgeht. An ihr sind die Hände
mit der Rolle neu — ein nichtssagendes Motiv, in dem übrigens
das Altertum schon dem modernen Ergänzer vorangegangen
war, wie eine vollständiger erhaltene Wiederholung der Figur
in Knole (Kent) lehrt. In dem Wesen des Demosthenes ist kaum
eine heitere Seite. Sein Leben war Arbeit und Kampf. Die
leichte Anmut und der Humor des Attikers gingen ihm ab, der,
wie Aeschines ihm vorwarf, kein richtiger Athener war, sondern
durch seine skytische Mutter Barbarenblut in den Adern hatte.
Freude hat er nicht gekannt. Die konnten ihm selbst seine
Siege nicht bringen, sondern nur Befriedigung seines Ehrgeizes
und eine Steigerung der Verachtung seiner Gegner. So als

ernsten, energischen, in ewigen inneren und äusseren Kämpfen
gestählten und verhärteten Mann schildert ihn auch die Statue,
mit der ganzen Wucht einer auf volle Wirklichkeit ausgehenden
Kunst. Die realistische Behandlung des von Falten und Furchen
zerrissenen Gesichtes erinnert daran, dass Ende des vierten
Jahrhunderts, angeblich durch Lysistratos, den Bruder des
Lysipp, die Benutzung von Masken, die über dem Körper abgeformt
waren, für das Porträt in Aufnahme gekommen war.

137. Pollaiuolo: David. David als Sieger ist der ausgesprochene
Liebling der Florentiner Frührenaissance. Wie sein fröhliches
Heldentum die unter Gottes deutlichem Schutze stehende Republik
zu symbolisieren schien, so bot die jugendliche Gestalt den
Künstlern Gelegenheit, das wunderbar strenge Urbild des reifenden
Jünglings in schlanken, geschmeidigen Formen zu verkörpern.
Unzählige Male tritt der siegreiche Hirtenknabe auf Florentinischem
Boden uns entgegen. Pollaiuolo stellt ihn in Innern eines hofartigen
, geschlossenen Raumes dar, in der Zeittracht des vornehmen
Jünglings. Ein blaues, golddurchwirktes Untergewand
mit weissseidenen Puffen erscheint an den Unterarmen und
deckt die Oberschenkel. Das hermelingefütterte Obergewand
aus braunem Sammet schliesst sich eng an den Oberkörper,
fällt, um die Hüften durch einen Gurt zusammengehalten, hinten
lang herab, während seine vorderen Enden aufgeschürzt sind.
Nur die nackten Beine mit den Ledergamaschen und den
Sandalen deuten auf den Hirtenbuben und seine niedere Herkunft
. Der Ausdruck ist noch befangen, die Siegesfreude verrät
sich mehr in dem gespreizten Stand der Figur mit dem grotesken
Riesenhaupt zwischen den Füssen. Die wundervolle, lackartig
leuchtende Farbe macht den Hauptreiz aus und diese Farbe ist
Pieros Palette zu eigen, während die Zeichnung alle Merkmale
Antonios, des bedeutenderen Bruders, aufweist.

138. )139. Raffael: Der Borgobrand. Eine Feuersbrunst in
dem Stadtteil vor S. Peter, der borgo heisst, war durch den Papst
Leo IV. gelöscht worden, nicht mit Wasser, sondern allein mit
Worten. Die Aufgabe, dies Geschehnis bildlich darzustellen,
schien für den Künstler die Aufforderung zu enthalten, die
Papstfigur mit ruhig-pathetischer Gebärde an die sichtbarste
Stelle zu bringen und die Flammen vor der Besprechung zurückweichen
zu lassen. Es wäre das nicht ausserhalb des Bereichs
der Möglichkeit gewesen und für die Rettenden, Rennenden,
Flüchtenden als erwünschten Kontrastfiguren wäre Raum genug
geblieben. Allein das ausgeführte Bild giebt die Scene anders.
Der Papst erscheint nur klein, ganz hinten in der Loggia des
vatikanischen Palastes und kommt als Kompositionsfaktor kaum
in Betracht. Der ganze Vordergrund aber ist der Darstellung
des Brandes eingeräumt, bezw. für die künstlerisch so dankbaren
Motive der bewegten nackten und halbnackten Menschen
in Anspruch genommen. Der sachliche Ernst der Geschichte
gegenüber hat hier einen beträchtlichen Stoss erlitten und das
Interesse ist auf die Einzelfiguren übergesprungen. Diese selbst
gehören allerdings teilweise zum Vollendetsten, was aus Raffaels
Werkstätte hervorgegangen ist. Die Gruppe der Wasserträgerin
rechts und die der fliehenden Familie links ist von der reifen,
starken Schönheit, die Raffael am Ende seines Lebens erreichte.
Daneben finden sich freilich andere Figuren, die merkwürdig
viel geringer sind, und bei der lockern Zusammenfügung wird
man ohnehin sich gern entschliessen, Raffael die Verantwortlichkeit
für dieses Bild abzunehmen.

140. Dürer: Bildnis eines Mannes. Von der reichen Produktivität
, die Dürer i5o6 bis 1507 zu Venedig in der glücklichsten
Zeit seines Lebens entwickelte, zeugen mehrere Gemälde
und viele Zeichnungen. Der Meister führte das figurenreiche
Altarblatt für die Kirche der Deutschen aus (jetzt in Prag),
die nun in Berlin bewahrte Madonna mit dem Zeisig (Bd. I, Tf. 81),
das in Rom befindliche Bild — Christus unter den Schriftgelehrten
—, das Dresdener Kruzifix, er bereitete diese Malereien
in sorgfältigen Studien vor und behielt noch Zeit, Bildnisse zu
malen, „Ich habe noch einige zu porträtieren, denen ich es
zugesagt habe", berichtet er gegen Ende des Jahres i5o6 aus
Venedig. Zu den damals entstandenen Bildnissen gehören sicher
das übermalte Porträt eines Jünglings in Genua, das feine Brustbild
eines jungen Mannes in Hampton Court, dem Stil nach wahrscheinlich
das merkwürdige Frauenbildnis der Berliner Galerie
(Bd. I, Tafel 41) und endlich das hier abgebildete, von 1507
datierte Wiener Porträt. Und sollte auch dieses erst in Nürnberg
nach des Meisters Heimkehr entstanden sein, die Auffassung,
die Anordnung und die Malweise stehen unter den venezianischen
Anregungen. Auf der Rückseite ist wunderlich genug die Gestalt
des Geizes abschreckend, rasch, mit sicherem Zuge dargestellt.
In welchem Bezug zu dem Dargestellten? Das mag ein erfinderischer
Hypothesenfreund sich ausdenken.

141. Brueghel: Die Blinden. Das 1568 gemalte Bild illustriert
die Wahrheit, dass man sich keinem Führer anvertrauen soll, der
selbst im Dunkeln tappt, an dem Beispiel von sechs Blinden,
die, einer dem andern nachtastend, den Weg ins Wasser
nehmen. Die niederländische Malerei des XVI. Jahrh. gefiel sich
in solchen lehrhaften Anspielungen, selten aber verstand der
malende Weisheitsprediger so viel künstlerisches und seelisches
Lebens seinen „Sinnbildern" einzuhauchen, wie es hier geschehen.


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