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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_04/0067
I

W. 7

Joseph Turner. Wintermorgen (i8i3).
London, National Gallery.

Die Farbeng-ebung" der Neuzeit.

UNTER besonders ungünstigen Umständen trat
die Malerei in das neunzehnte Jahrhundert ein.
Im Verfolg der Ausgrabungen in Herkulanum und
Pompeji hatte sich seit der Mitte des vorhergehenden
Jahrhunderts das Interesse für die lineare Kompositionsweise
der Alten bis zu einer Begeisterung
gesteigert, welche der bis dahin herrschenden malerischen
Auffassungsweise offen den Krieg erklärte;
durch die Geistesströmung, welche schliesslich in die
französische Revolution ausmündete, w7urde dann
dieser Verehrung für das Altertum noch weitere
Nahrung zugeführt, indem die Vaterlandsliebe der
Griechen und Römer als das notwendige Heilmittef
für die Schäden der verlotterten Zeit erschien. So
konnte die klassizistische Richtung Davids, welche
durch ihr Streben nach trockener Bestimmtheit der
Form alle malerischen Eigenschaften ausschloss, seit
den achtziger Jahren zu unumschränkter Herrschaft
gelangen und sich allmählich über ganz Europa ausbreiten
. In Frankreich blieb sie, wenngleich seit dem
Anfang des neuen Jahrhunderts durch einzelne Versuche
, der Farbigkeit ihr Recht wiederzugewinnen,
unterbrochen, bis gegen 1820 herrschend. In Deutschland
, wo Carstens sie zur Höhe emporgeführt, dauerte
sie sogar, wenn auch nicht bis zuletzt allein herrschend,

bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus. Nur
England, das niemals die Wohlthaten vergessen, die
ihm Reynolds durch sein erfolgreiches Studium der
Venezianer zugeführt, hielt sich im wesentlichen frei
von dieser Verirrung ins Unmalerische und einseitig
Reliefartige. Von hier aus ging die Erneuerung der
Malerei im neunzehnten Jahrhundert und zwar gleich
in dessen ersten Jahren aus; der Mann, dem solches
zu danken ist, ist der Landschaftsmaler Turner.

Nachdem er im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts
nach damaliger Art noch trockene Veduten
gemalt, gewann plötzlich mit dem Beginn des neuen
Jahrhunderts seine Färbung eine Wärme, Tiefe, eine
Leuchtkraft und einen Schmelz, die nur noch bei
den besten holländischen Landschaftern des 17. Jahrhunderts
anzutreffen sind. Aus dieser Quelle hat
denn auch thatsächlich die englische Landschaftsmalerei
jener Zeit ihre neue Kraft geschöpft, wie wir
dies aus dem Wirken Old Cromes und anderer
gleichzeitiger Künstler wissen. Auch Wilkies Genrebilder
wuchsen aus dem Studium der holländischen
Kunst hervor. Turner blieb dieser seiner besten
Manier bis gegen 1820 treu. Neben ihm entwickelte
Constable noch feinere, wenn auch nicht gleich wirksame
Weisen. Von 1820 an wandte sich Turner

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