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Der Schlosser verarbeitet das Eisen in Form
von Stäben und Blechen verschiedener Stärke und
Gestal". Auf diese beiden Elemente lassen sich im
grossen und ganzen alle Eisenarbeiten zurückführen.
Der rohe Eisenstab gestattet im kalten Zustande
keine wesentliche Formveränderung. Erst wenn er
im Feuer zur Rotglut erhitzt ist, kann man ihm auf
dem Amboss durch Hämmern eine beliebige Gestalt
geben. Soll dieselbe Form öfter hergestellt werden,
so bedient man sich der Gesenke, d. s. Hohlformen
aus Stahl. Wird in diese das glühende Eisen hineingeschlagen
, so nimmt es die Gestalt derselben an
ebenso wie das Siegellack die Form des in das Petschaft
eingravierten Siegels erhält. Nur kleinere
Eisenstücke pflegt man in kaltem Zustande wie Holz
zu schneiden (Eisenschnitt). Das Zusammensetzen
der geschmiedeten Eisenteile zu einem Ganzen, z. B.
einem Gitter, geschieht am besten durch Schweissen,
indem jedesmal zwei Eisenstücke in weissglühenden
Zustand gebracht und dann durch Hammerschläge
mit einander unauflöslich verbunden werden. Auch
die Nietung und Lötung wird angewandt.
In Blechform lässt sich das Schmiedeeisen, wenn
es nicht zu stark ist, auch kalt bearbeiten. Beschläge
werden zumeist mit dem Meissel aus dem
Blech herausgehauen. Die Feile giebt der Arbeit die
letzte Vollendung. Die breiten Flächen des Bleches
ermöglichen eine mannigfaltige Ornamentik. Beliebt
ist besonders die durchbrochene Arbeit mit farbigen
Unterlagen, die aus gefärbtem Papier, Leder, Stoff,
blauangelassenem Eisenblech u. a. bestehen können.
Auch getriebene, gravierte und geätzte Verzierungen
kommen häufig vor. Seltener ist die Tauschierarbeit
mit Einlagen von Gold und Silber. Eine dem Eisen
allein eigentümliche Dekorationsweise ist die sog.
Malerei auf gebläutem Grunde. Das Eisen wird
durch Erhitzen zum Blauanlaufen gebracht und
dann die Ornamente herausgeätzt oder ausgeschabt,
sodass nachher die Zeichnung blank auf blauem
Grunde steht oder umgekehrt. Ausser dem Blau
lassen sich auch andere Töne, wie Violett, Grau,
Braun, Schwarz auf ähnlichem Wege herstellen. Sie
sind mit vieler Kunst von den Waffenschmieden des
16. Jahrhunderts auf Rüstungsstücken angewendet
worden. Sowohl zur Veredelung der Oberfläche
wie zur Verhütung des Rostes dient auch das Ueber-
ziehen mit anderen Metallen, das Vergolden, Verzinnen
u. s. w., sowie das Ueberstreichen mit Oel-
und Lackfarben. Die Farbenfreude früherer Jahrhunderte
fand an dem toten Schwarz des Eisens
kein Gefallen, Gitter und Geräte liebte man in bunte
Farben und Vergoldung zu kleiden.
Litterarische Nachrichten und vereinzelte Funde
von Eisenstücken lassen auf ein beträchtliches Alter
der Eisenkunst schliessen. Der Rost hat indessen
fast alle Eisenarbeiten aus dem Altertum und dem
frühen Mittelalter vernichtet. Erst aus dem 13.
Jahrhundert sind uns Schmiedewerke in einiger Zahl
erhalten, noch immer spärlich, aber doch hinreichend,
um an diesen Zeitpunkt den fortlaufenden Faden der
Geschichte der Schmiedekunst anzuknüpfen. Gleich
zu Anfang zeigt sich in den herrlichen Beschlägen
der beiden seitlichen Thore des Westportals von
Notre-Dame zu Paris die schwierige Schweiss- und
Schmiedearbeit in höchster Vollendung. Die Herstellung
von Beschlägen für Thüren und Möbel
bildete damals eine Hauptaufgabe für den Schlosser.
Ueber die ungebrochenen grossen Flächen der aus
zusammengespundeten oder einfach neben einander
gesetzten Brettern gebildeten Thüren und Kastenmöbel
breitet sich der Eisenbeschlag nach allen
Seiten hin aus und erfüllt zugleich den doppelten
Zweck der Verzierung und konstruktiven Verstärkung
. Erst mit der Wiedereinführung der gestemmten
Arbeit im 14. Jahrhundert, bei der die
Flächen der Möbel in Rahmen und Fülltafeln gegliedert
werden, zieht sich der Eisenbeschlag immer
mehr zurück, bis er schliesslich im Laufe des 16.
Jahrhunderts gänzlich aus dem Mobiliar verschwindet.
Nur bei der Truhe hält er sich in einzelnen Gegenden
bis ins 18. Jahrhundert. Gitterwerke sind aus dem
Mittelalter nur wenig erhalten. Sie werden, ebenso wie
Schlösser, Thürklopfer, Kassetten u. s. w., gern in die
Formen der gotischen Hausteinarchitektur gekleidet.
Der gewaltige Aufschwung, den die Waffenschmiedekunst
im 15. und 16. Jahrhundert, der Zeit
des Plattenharnisches, erfährt, bleibt auch für die
Schlosserkunst nicht ohne bedeutende Folgen. Die
Technik wird durch zahlreiche, in der WafFenkunst
geübte Verzierungsweisen, Treiben, Aetzen, Tauschieren
u. s. w. bereichert. Zu besonders stattlichen
Leistungen schwingt sich die Schlosserkunst im 16.
Jahrhundert in Spanien auf. Die eigentümliche Einrichtung
der spanischen Kathedralen erfordert nämlich
eine weitgehende Verwendung von Gitterwerk.
Der Coro mit den Sitzen der Geistlichkeit befindet
sich als ein für sich abgeschlossener Raum im Mittelschiff
. Um den Geistlichen nun den Anblick des
Hauptaltars in der Capilla mayor zu gestatten, ist
die Seite des Coro nach dem Altarraum durch ein
hohes Gitter abgegrenzt. Ein noch grösseres und
schöneres, oft bis zu 15 m Höhe ansteigendes Gitter
erhebt sich vor der Capilla mayor, andere kleinere
vor den übrigen Kapellen. Auch eiserne Kanzeln
kommen vor. Die in der Waffenschmiedekunst
grossgezogene Treibarbeit kommt im reichen Masse
in Anwendung. In Italien lassen kostbarere Stoffe,
der Marmor und die Bronze, das Schmiedeeisen —
von der WafFenkunst abgesehen — wenig zu Wert
kommen. Auch Deutschland vermag den gewaltigen
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