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Eisencharakter völlig getilgt. Man sollte eher an
Marmor oder Bronze denken. Aber auch Caparra
scheint mehr ein geschickter Handwerker als ein
erfinderischer Künstler gewesen zu sein, denn die
Laternen entwarf Benedetto da Majano, die Fackelhalter
Cronaca.
Berühmt ist auch die Schlosserfamilie der Metsys.
Der Vater Jost war Architekt, Schlosser und
Uhrmacher zugleich in Löwen. Hier arbeitete
er den zwölfarmigen Kronleuchter und den Tauf-
krahn in der Peterskirche. In Antwerpen schuf
er 1470 die Brunnenlaube vor der Kathedrale mit
der Figur des Salvius Brabo, ein Meisterstück
der Eisenplastik. Der Volksmund schreibt dieses
Werk seinem berühmteren Sohne Quentin zu,
den, wie es heisst, die Liebe zu der Tochter eines
Malers den Hammer mit dem Pinsel vertauschen
Hess. Dem Maler weist die Tradition auch noch
.zahlreiche andere Schmiedewerke in Belgien und
England zu.
Den glänzendsten Namen aber hat in der Geschichte
der Schmiedekunst Jean Lamour sich erworben
, welcher in den Jahren 1738—71 die Stadt
Nancy mit herrlichen Eisenarbeiten schmückte. Er
gehört zu den wenigen Schmieden, die mit der
grössten Handfertigkeit auch reiche künstlerische Erfindungsgabe
besassen. Nancy war damals die Residenz
des Stanislaus Leczynski, des ehemaligen Polenkönigs.
Nachdem dieser Fürst im polnischen Erbfolgekrieg
zum zweitenmale seinen Thron verloren, hatte
er im Frieden zu Wien 1737 Lothringen als Herzogs-
tum erhalten. Hier widmete er sich hinfort, allen
Ruhmesträumen entsagend, nur seinen künstlerischen
und wissenschaftlichen Liebhabereien. Durch seinen
Architekten Emanuel Here liess er in Nancy und
anderen Orten Lothringens eine Anzahl Bauten
aufführen, in denen sich die Steinarchitektur mit
den Schmiedewerken Lamours zu glücklicher
harmonischer Wirkung vereinigte. Den Glanzpunkt
dieser Anlagen aber bildet der Place Royale, jetzt
Place Stanislas genannt. Dieser Platz, 124 m lang
und 106 m breit, ist rings von Gebäuden umgeben.
Die Zwischenräume, welche an den vier Ecken des
Platzes und zwei anderen Stellen, wo Strassen einmünden
, zwischen den Bauten gelassen sind, werden
von zwei prächtigen triumphartigen Aufbauten und
einer stattlichen Portalanlage aus Schmiedeeisen ausgefüllt
. Ausserdem zieht sich noch eine ununterbrochene
Reihe von Baikonen um den Platz herum.
Das Hauptgebäude, das Hotel de ville, welches die
eine Seite des Platzes einnimmt, besitzt i4Balkone,
von denen der mittlere allein eine Länge von 19 m
hat, die übrigen Gebäude zusammen 56 Balkone.
Auch die in der Mitte stehende Statue des Königs
umgiebt ein schmiedeeisernes Gitter. Alles prangt
in reicher Vergoldung. Den ganzen Platz also umrahmt
ein Kranz herrlicher Schmiedewerke, vergleichbar
einem köstlichen Geschmeide am Halse einer
schönen Frau.
Am höchsten erhebt sich die Kunst Lamours
in den beiden Triumphbögen, welche die beiden
Winkel des Platzes gegenüber dem Hotel de ville
abschliessen. Einen derselben stellt die Tafel 131
dar. Sie dienen als Umrahmung der beiden aus
Blei gegossenen Fontänen der Amphitrite und des
Poseidon von der Hand des Bildhauers Barthelemy
Guibal. Der ganze Aufbau ist mit Ausnahme des
kleinen Steinsockels aus Eisen aufgebaut. Die
Ornamente hoben sich ursprünglich in mehrfarbiger
Vergoldung vom Grunde ab, eine spätere Restauration
hat sich mit einfarbigem Golde begnügt. Nicht nur
als gewaltige technische Leistung sondern auch als
ein Kunstwerk von edler Schönheit zwingt uns das
Werk die höchste Bewunderung ab. Auch in den
übrigen Arbeiten Lamours herrscht ein abgeklärtes
Rokoko. Trotz der reichen Fülle der Ornamente,
die er über das Gerüst seiner Gitterwerke verstreut,
weiss er doch sie stets den klaren Linien der
Komposition unterzuordnen.
Lamour hat selbst für seinen Nachruhm gesorgt.
Seine besten Arbeiten hat er in einem grossen in
Kupfer gestochenen Werk veröffentlicht und dieses
dem Könige gewidmet. Auf dem ersten Blatt,
das von einem reichen Rokokorahmen im Stil
seiner Schmiedewerke umgeben ist (vergl. die Umrahmung
auf S. 65), ist als Kopfleiste ein Besuch
des Stanislaus in seiner Werkstatt nach einem jetzt
in Luneville befindlichen Gemälde von Benard
dargestellt. Der König mustert mit einem Augenglase
einen der zur Ausschmückung der Place
Royale bestimmten Pfeiler, auf den Lamour hinweist.
Im Hintergrunde sind verschiedene Arbeiter mit der
Montierung eines der grossen Triumphbögen beschäftigt
. Man erkennt auf der Bekrönung desselben
noch deutlich das alte Königswappen, das in der
Revolutionszeit zerstört und später durch das Wappen
det Stadt Nancy ersetzt wurde. Rechts davor sieht
man an einem Tische einen Gesellen mit einer
grossen Feile arbeiten, links im Vordergrunde beugen
sich mehrere andere über eine Werkzeichnung, um
die geschmiedeten Eisenteile damit zu vergleichen.
Die Rauchfänge der beiden Herde führen direkt
aus den hohen Fenstern heraus. Es war eine verlassene
Kirche, in der Lamour seine Werkstatt eingerichtet
hatte.
Eine feinsinnige Ehrung bereitete der König
dem Künstler dadurch, dass er ihm sein Bild zum
Geschenk machte und als Gegenstück dazu in gleicher
Grösse das Porträt des Jean Lamour selbst, des
Königs unter den Schmieden. Adolf Brüning.
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