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Raffael. Altarentwurf, die Madonna mit dem hl. Nikolaus von Tolentino.
Federzeichnung. Frankfurt a. M., Staedelsches Institut.

können, die ohne sonderliche Wallungen ihres Temperaments
in phlegmatischer Gewohnheit schaffen.

Als Maler im technischen Können, hat der junge
Raffael alles von ihnen zu lernen; dagegen scheint
er mit der Meisterschaft, Stift und Feder zu führen,
auf die Welt gekommen. Wo er sie ansetzt und
um eine Form den Kontur zieht, da steht sie schon
rund und fertig da, auch ohne die modellierenden
Strichlagen, deren seine Lehrer nicht entbehren
können. Seine Konturen sind nicht bloss begrenzend;
wie sie aus der Feder, dem Silberstift kommen,
fliessen sie bald stärker, bald schwächer, und schon
allein in diesem An- und Abschwellen runden sich
die Glieder und drängen vorwärts aus dem Bild

oder verklingen in den Grund
hinein. Im Moment, wo sein Auge
an der Form entlang gleitet, folgt
— ein wahrer Siegeszug! — die
Hand auf dem Papier und so entstehen
in wenigen Strichen die
entzückendsten Madonnen, Kompositionen
, die sein Lehrer mit
trockener Sorgfalt zeichnet und mit
handwerklicher Routine malt. Aber
wenn es nun gilt, diese lebendigen
Entwürfe auszuführen, ist der junge
Meister der Zeichnung wieder ganz
Schüler. Sein Pinsel geht vorgeschriebene
Bahnen. Trotz ihres
grossen Reizes erheben sich seine
Gemälde damals wenig über die
Peruginos; derselben Hand, die
jene kleinen Oxforder und Liller
Skizzen mit Mutter und Kind und
die kräftigen Figuren der Frankfurter
Madonna (Abb. Seite 50)
zeichnet, gelingen nur so befangene
Bildchen wie die Berliner Madonnen
. Die grosse KrönungMariae
bereitet er, Figur für Figur in
reizend frischen, zart und wieder
stürmisch empfundenen Studien
vor; aber im Gemälde scheint er
wieder kaum mehr als Peruginos
bester Schüler; nur dass als Frucht
solcher Vorbereitung die Gestalten
bis in jeden Finger und jede
Gewandfalte wahr sind, während
der alte Meister damals schon aus
dem Vorratseiner fertigen Figuren
und Draperien schablonenmässig
geistlos sich selbst wiederholt.

Ohne diese Zeichnungen behielten
diejenigen Recht, die in
Raffael nichts als das Produkt aus
einer Anzahl grosser Künstler sehen; so aber findet
man ihn vom ersten Schritt an originell in einem wichtigen
Teil der Kunst, den Meistern, die seine Selbständigkeit
zu bedrohen gross genug wären, überlegen
, ja fast kritisch in aller Naivität, wenn er
Kompositionen seines Lehrers gewissenhaft von neuem
durchdenkt und schöpferisch beseelt.

Bei diesen Blättern lohnt es in den jugendlichen
Zügen von Feder und Stift seiner Handschrift nachzugehen
; man spürt das leichte Ansetzen der Hand,
den elastischen, sich rhythmisch wiederholenden
Zug schräg aufwärts, den bald enger bald weiter
bemessenen Sprung zum nächsten Strich, dessen
Spur das feine Häkchen am Ende ist. An den

50 —


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