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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_08/0022
Luca della Robbia. Madonnenrelief, t
Glasierter Thon. New York, Sammlung Marquarid. •

arbeitete sich Luca erst an den Reliefs der Sängertribünen
durch. Seit jener Zeit bis in sein hohes
Alter hat der Künstler jene kostbaren Madonnenreliefs
in glasiertem Thon geschaffen, von denen
uns trotz ihrer Zerbrechlichkeit noch eine beträchtliche
Zahl erhalten ist. Eine eigentümliche Verbindung
von feinstem Geschmack, lebendiger Beobachtung
und vollendetem Verständnis der Natur, tiefe
Empfindung und keuscherSinn, dazu ein ausserordentliches
Schönheitsgefühl, wie es kein anderer Bildhauer
der Renaissance besass, befähigten den Künstler,
eine der schönsten Seiten des Florentiner Volkslebens,
das intime Familienleben in seinem zartesten Ausdruck
: im Verhältnis von Mutter und Kind, mit einer
Wahrheit, mit einem Liebreiz und einer Keuschheit
zu erfassen und in so reizvoller und mannigfacher
Weise in diesen Madonnenreliefs zum Ausdruck zu
bringen, wie sie nur noch einmal durch Raphael
in seinen berühmten Madonnenbildern geschildert
worden ist. Mag man Raphael für die vollendet
abgerundete Komposition, für die bewusste Meisterschaft
in der Handhabung aller künstlerischen
Mittel, für die Steigerung des Ausdruckes
und der Bildung der Formen
über das Alltägliche und Individuelle
hinaus den Vorzug geben: in der naiven
Schilderung, in der Kraft der Empfindung
, in der Feinheit der Beobachtung
und in der Frische der Wiedergabe
der Natur kommt er in diesen Darstellungen
Luca della Robbia doch nicht
gleich. Ueber seinen hoheitsvollen Jungfrauengestalten
, über den holden Kindern,
deren Formen und Bewegungen der
Natur treu abgelauscht erscheinen und
die doch ebenso weit entfernt sind
von allem Realismus oder gar Genrehaften
wie von allem Gesuchten oder
Gemachten, liegt der volle Zauber einer
eben erwachten, mit aller Kraft nach
der Vollendung ringenden und daher noch
nicht zum vollen Bewusstsein ihrer Schönheit
gelangten Kunst.

Die weitere Entwickelung der Florentiner
Plastik, auch für die Madonnendarstellung
und ganz besonders für diese,
beruht auf dem doppelten Einflüsse von
Donatello und Luca della Robbia, der
gerade durch ihre Verschiedenheit so
vorteilhaft wirkte. Donatellos geniale, grossartige
Anschauung, sein Ruf und seine Stellung an der
Spitze der italienischen Kunst durch mehr als ein
halbes Jahrhundert riss die ganze künstlerische
Jugend, wo sie irgend mit ihm in Berührung kam,
mit sich fort; auch abgesehen von seinen zahlreichen
Gehilfen und Schülern hat sich kaum Einer
von seinen Einflüssen ganz frei halten können. Lucas
Kunst blieb dagegen anscheinend auf den engsten
Kreis beschränkt, vielleicht schon aus dem äusseren
Grunde, damit das wertvolle Geheimnis der Glasur
der bemalten Thonbildwerke bewahrt bliebe; Lucas
Neffe, der in seiner Werkstatt gross wurde, ist der
einzige Schüler, den wir von Luca kennen. Aber seine
Bildwerke, namentlich seine zahlreichen Madonnenreliefs
, waren, jedem sichtbar, über die Kirchen und
Strassen von Florenz und seine Umgebung zerstreut;,
ihre eigentümliche Schönheit musste sich jedem einprägen
, und dadurch haben sie fast unmerklich durch
das ganze fünfzehnte Jahrhundert eine starke Einwirkung
auf die Florentiner Skulptur geübt.

Wilhelm Bode.

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