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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_08/0040
verbunden, das er nur zu gelegentlichen, kurzen Ausflügen
verlässt.

Einzelne Kapitel aus dem Leben Gainsboroughs
aber lesen sich wie Idyllen, so wie er am schönen
Sommermorgen das reizende Mädchen trifft, das
seine Gattin wurde; man wird an Scenen aus
dem „Landprediger von Wakefield" erinnert. Als
Knabe und Jüngling durchstreift er die anmutige
Landschaft Suffolks, in der er jeden Baum und
Strauch kennt. In kleinen Orten, in Sudbury, Ips-
wich, später in Bath, verbringt er viele Jahre in
bescheidener Existenz; nur die letzten fünfzehn
Jahre seines Lebens hat er, endlich berühmt geworden
, in London dauernd
gewohnt. Er hat keine
gelehrten Neigungen und
nur einer der berühmten
seiner Zeitgenossen, Sheridan
, gehört zu seinen
nahen Freunden. Dafür
ist er aber, ohne je die
Kunst gelernt zu haben,
ein hervorragender Musiker
, der sich jedes Instrument
rasch zu eigen
macht. Ungleichmässig in
seiner Art, durchaus von
der Stimmung abhängig, die
ihn überkommt, kann er
zu Zeiten alles bezaubern,
dann ist er wieder in sich
gekehrt, ja schroff, während
Reynolds nie ungerecht
gegen jemanden und
stets gleichmässig höflich
erscheint. Wägt man dann
aber ab, was man von dem einen und dem andern
hört: vor Reynolds hat man unbegrenzte Achtung,
aber Gainsborough möchte man gekannt haben.

Sie waren zu verschieden, um sich zu verstehen:
so liefen ihre Wege nicht zusammen. Zuerst mag
Reynolds etwas wie Neid empfunden haben, als aus
der Provinz der Neuling auftauchte und sich sofort
als Gleichberechtigter neben ihn stellte; doch war er
zu gerecht, um nicht rasch über eine sicher zu verstehende
Empfindlichkeit Herr zu werden. Aber
das Launische in Gainsboroughs Art liess gute und
freundschaftliche Beziehungen nicht aufkommen;
doch hinderte es nicht, dass sie einander schätzten.
Reynolds hat Gainsboroughs Namen auf die Liste
derer gesetzt, die bei Gründung der Akademie als
Mitglieder aufgenommen werden sollten. Auf der anderen
Seite hat Gainsborough gelegentlich, als davon
die Rede war, dass Reynolds Bilder oft mit der Zeit,
infolge der technischen Experimente dieses Künstlers,

einbüssten, geäussert: auch im stärksten Verfall wären
Sir Joshuas Bilder immer noch besser, als die besterhaltenen
irgend eines anderen Malers. Vor den
Bildern, die Reynolds zu einer Ausstellung gesandt
hat, ruft Gainsborough bewundernd: „wie mannigfaltig
dieser Kerl ist"; und Sir Joshua wieder äussert
beim Anblick eines von jenem gemalten Porträts:
„Ich begreife nicht, wie er solche Wirkung herausbringt
", beides Worte spontaner Anerkennung. Und
wie versöhnlich der Schluss in den nicht selten getrübten
Beziehungen beider! Als Gainsborough sein
Ende nahen fühlte, bat er Reynolds um seinen Besuch.
„Wenn jemals kleine Eifersüchteleien zwischen uns

bestanden hatten", sagte
jener über diese letzte Begegnung
, „so waren sie in
diesen Augenblicken voll
Aufrichtigkeit vergessen".
In seiner vierzehnten akademischen
Rede hat Reynolds
dem Verstorbenen
ein schönes Denkmal gesetzt
, nicht thöricht lobend,
sondern gerecht die Vorzüge
seiner Kunst hervorhebend
, ohne ihre Schwächen
zu übersehen.

Warum sich die beiden
nicht recht im Leben
nahe kamen, dafür lag der
letzte Grund in ihrer Anlage
, die über die Art
ihres Schaffens, ihre künstlerischen
Neigungen und
schliesslich auch über die
Ziele, nach denen sie strebten
, entschied. Seinem gleichmässigen Wesen entsprechend
war Reynolds unermüdlich bei der Arbeit,
die er keinen Tag ruhen liess. Von neun Uhr am
Morgen bis um fünf Uhr Nachmittags war er an
der Staffelei zu finden. Hundertundzwanzig bis
hundertundfünfzig Bildnisse alljährlich verzeichnen
die sorgfältig geführten Bücher des Meisters, und
wenn man seine Gemälde insgesamt auf viertausend
abschätzt, so ist diese Zahl sicher nicht zu
hoch gegriffen.

Gainsborough hingegen war, wie ungleich im
Wesen, so ungleich bei der Arbeit. Manchmal bis
zur höchsten Anspannung seiner Kräfte thätig, dann
wieder lange Zeit am Fenster stehend, als suchte er
das offene, weite Land, das er so liebt. Ungleichmässig
auch seine Werke, bald hinreissend und wie
einen dünken will, feiner, geistreicher, anziehender, als
alles, was Reynolds gemacht hat; während aber dieser
stets eine gewisse Höhe erreicht, bleibt Gainsborough


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