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gering zu schätzen. Es giebt im Reiche bildender
Kunst manche Gebiete, die von den Grössten nur
gelegentlich betreten werden, weil ihr Genius sie
unwiderstehlich in höhere Regionen hinaufzieht.
In ihnen sind Künstler geringeren, aber nicht minder
tüchtigen Schlages heimisch
, deren Lebensaufgabe
es ist, die Schätze zu
heben, die hier verborgen
liegen. Solche Gebiete
waren für Beham das Sittenbild
und die dekorative
Kleinkunst. In ihnen ist
er über Dürer hinausgegangen
. Wohl ist das, was
wir unter Dürers graphischen
Werken als Genrebilder
bezeichnen können,
für sich betrachtet, bedeutender
, namentlich psychologisch
feiner beobachtet
und empfunden. Aber im
ganzen genommen ist die
DürerischeSchilderung des
Volkslebens seiner Zeit
lückenhaft im Vergleich zu
dem, was Beham uns bietet
. Er zeigt uns den Bauer
in all der wechselnden Arbeit
, die das Jahr mit sich
bringt, wie er in saurem
Schweiss sich plagt. Da wird im März gesäet und
im August geerntet und gedroschen. Im Juni werden
die Schafe geschoren und im Dezember die Schweine
geschlachtet. Der Weinberg wird bestellt, die
Barthel Beham. Bildnis
Kupferstich,
Trauben werden gekeltert und Most und neuer
Wein werden gehörig probiert. Mann und Weib
ziehen mit Eiern und Käsen und Milch zu Markt,
und wenn alles verkauft ist, so kehren sie irgendwo
ein, wo es einen süffigen Heurigen giebt. Am Sonntag
aber geht es hoch
her, da schwingt der Hans
die Grethe, die Burschen
ringen und raufen, die
Alten schwatzen in der
Weinlaube, und abseits
hinter Büschen und Hek-
ken geht allerlei vor sich,
was ergiebige Themata ab-
giebt für die Unterhaltungen
in Spinnstuben und
Wochenstuben. Und wir
sehen die frommen Landsknechte
, grad gewachsen
und allezeit durstig und
verliebt, wie sie Posten
stehen und kämpfen, oder
mit Trossbuben und Dirnen
über die Landstrasse
ziehen. Wir sehen noch
mancherlei, doch — man
darf es nicht vor keuschen
Ohren nennen, was
keusche Herzen nicht entbehren
können. Beham
erzählt alles das nicht wie
einer, der gelassen und klug über derlei Dingen steht,
sondern wie einer, der mitmacht, der mit Hans und
Grethe auf Du und Du verkehrt. Und das giebt seiner
breiten Schilderung den köstlichen Wert des Erlebten.
des Leonhart von Eck.
Bartsch 64.
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