Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_08/0082
etwas wie Sehnsucht nach Grösse und Freiheit. Man
sehe nur seine Stiche der Mutter Gottes an. In edlen
Linien fügt sich die Gruppe von Mutter und Kind
zusammen. Der krause knittrige Faltenwurf der
Dürerschule hat sich geebnet. Der Ausdruck der
Maria ist gelassene, fast schwermütige Vornehmheit.
Wie Barthel Beham sie uns zeigt, ist sie eine der
wenigen in der deutschen Kunst, auf die der
italienische Name der „Madonna" passt. Oder man
betrachte die merkwürdigen drei friesförmigen
Kupferstiche mit heroischen Kampfszenen. Es ist
in ihnen eine Grösse der Empfindung, ein Pathos
von elementarer Leidenschaft und schliesslich eine
sinnliche Freude am kräftig bewegten menschlichen
Körper, die an die grössten Italiener erinnern.
Herman Grimm wollte in einem dieser Stiche den
unmittelbaren Einfluss Leonardos erkennen. In
welchem Missverhältnis stehen solche Konzeptionen
zu dem Miniaturformat, in das sie gebannt sind!
Man meint, der Künstler hätte den Beruf gehabt,
Königspaläste mit Fresken zu schmücken. Täuschen
wir uns nicht! Der germanische Atavismus in seiner
Vorliebe für das Kleine, Vielfältige, Zierliche war auch
in Barthel Beham augenscheinlich stärker als die
Sehnsucht des Renaissancemenschen nach einem
Monumentalstil. Sein einziges, sicher beglaubigtes
Gemälde, das Kreuzeswunder in der Münchener
Pinakothek (Tf. 139), zeigt es uns zur Genüge. In wie
weit daran künstlerische Erziehung, wie weit ursprüngliche
Anlagen schuld waren, das hier zu

untersuchen, würde uns zu weit führen. Schon die
Thatsache, dass so widersprechende Regungen
in einer Künstlerseele mit einander gekämpft haben,
macht uns Barthel Beham menschlich interessant.
Jedenfalls heisst es, einen höheren Menschen schlecht
verstehn, wenn man solche Wandlungen, wie es
in der Wissenschaft bisweilen geschieht, aus äusseren
Ursachen ableitet. Man darf die famose „italienische
Reise" auch nicht überschätzen. Ja, Barthel Beham
war in Italien — zum mindesten einmal, gegen das
Ende seines Lebens. Aber nicht diese Reise hat das
Gefühl für Monumentalität in ihm erweckt, sondern
umgekehrt, weil ihm dies Gefühl eingeboren war,
darum zog es ihn nach Italien.

Auch darin, dass er Bildnismaler war, unterschied
sich Barthel von seinem älteren Bruder. Zwar
besitzen wir auch von Sebald gestochen und gemalt
ein paar Bildnisse, doch sie haben nur den Wert
nebensächlicher Gelegenheitsarbeiten. Barthel dagegen
offenbart sich als einen der ersten Porträtisten
seiner Zeit. Sein gemaltes Bildniswerk bedarf noch
weiterer Untersuchung, seine gestochenen Porträts
aber sind uns wohl alle bekannt. Und hier lernen
wir den merkwürdigen Mann von einer neuen Seite
kennen. Seine Vereinigung von kühler Beobachtung
mit einer individuellen kernigen Auffassung hält die
Mitte zwischen Holbein und Dürer. Und sein
Bildnis des bayrischen Kanzlers Leonhart von Eck
ist ein Meisterwerk, das jedem dieser beiden Grossen
Ehre machen könnte. Gustav Pauli.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_08/0082