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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_08/0099
rühmend zuerkennt, seine gesunde, sorgsame Maltechnik, die
Schärfe und Sicherheit seiner Zeichnung, ruhen durchaus auf
der niederländischen Tradition. Das hier reproduzierte Gemälde
gehört der mittleren Zeit des Meisters an, ist etwa i52o entstanden
. Im Museum zu Prag wird eine Darstellung desselben
Gegenstandes von der Hand Gossaerts bewahrt, die etwa zehn
Jahre früher entstanden ist. Eine Vergleichung der beiden
Tafeln zeigt belehrend, wie die Entwickelung sich vollzog. Nicht
minder belehrend ist ein vergleichender Blick auf die entsprechende
Schöpfung des Roger v. d. Weijden (Bd. III, Taf. 41).
Der Gegensatz der Zeitalter wird dabei offenbar.

155. Netscher: Der Briefschreiber. Das einfache Motiv
unseres Bildes hat auch Metsu gestaltet. In Auffassung und
Anordnung nah verwandte Darstellungen von der Hand des
Terborch sind bekannt. Eine Vergleichung der Gemälde lässt
erkennen, inwiefern und mit welchen Eigenschaften die Kunst
des Netscher doch schon den Abstieg von der Höhe der
holländischen Genrekunstmalerei bedeutet. Von Geburt ein
Deutscher, kam Caspar Netscher in jungen Jahren nach Holland
und lebte sich, mindestens als Künstler, in das neue Vaterland
so vollkommen ein, dass er mit Recht zur „holländischen
Schule" gezählt wird. Er hatte das Glück, bei Gerard Terborch
zu lernen und alle gesunden und starken Bestandteile seiner
Kunst verdankt er diesem Vorbild. Unser Gemälde ist voll bezeichnet
und von 1665 datiert, also eine relativ frühe und —
was bei einem Maler dieser Generation (von vornherein) danach
anzunehmen ist — vergleichsweise gute Arbeit. In späteren
Schöpfungen ist die Formensprache mehr maniriert, und die
Auffassung eher gefallsüchtig.

156. Botticelli: Weihnacht der Märtyrer. Die Engel oben
im Himmel singen Gloria; zum kreisenden Tanze verketten sie
schwanke Oelzweige, die sie zu zweien ergreifen, oder die vielmehr
unter ihren Händen aufzuspriessen scheinen als tröstliches
Friedenssymbol für die streitzerrissene Erde da unten: denn im
Stalle zu Bethlehem ist das Christkind geboren, vor dem die
Madonna kniet und das auch ehrfurchtsvolle Hirten und Könige
anbeten dürfen. Die Kränze aus Olivenlaub, die die Häupter
der Irdischen schmücken, die Oelzweige der Engel, die goldenen
Kronen, welche aus dem Reigen herabschweben zusammen mit
einer mystischen griechischen Inschrift offenbaren den besonderen
Sinn des Bildes. Botticelli stellte sich unter den drei
Männern, die (in der untersten Sphäre des Bildraumes) von
drei Engeln in leidenschaftlicher Umarmung bewillkommnet
werden wie längst erwartete Ankömmlinge nach langer beschwerlicher
Reise, Savonarola vor und seine beiden Ordensbrüder
, die, zur Seligkeit eingehend, die Krone des ewigen
Lebens, den Lohn der Märtyrer empfangen; ein weltfliehendes
Idealbild, gemalt in dem hoffnungslosen Wirrsal der Zeit im
Jahre i5oo.

157. 158. Reitergruppen vom Parthenonfries. Eine der
Platten des Ostfrieses, in dem die Götter dargestellt sind, wie
sie der herankommenden Prozession des Panathenaeenfestes
entgegensehen, ist in Band II, Tafel 5 wiedergegeben. Die hier
abgebildeten drei Platten gehören der Nordseite an und geben
Szenen aus dem Festzuge selbst. Dieser bewegt sich von der
Südwestecke der Tempelcella anhebend nach beiden Seiten
gleichmässig auf die Mitte der Ostseite zu; es ist geschildert,
wie sich die Reiter vorbereiten, dann wie sie aufsitzen, abreiten,
sich zu Glieder ordnen und in Parade hinsprengen. Weiterhin
ist der Zug der Wagen dargestellt, und diesen beiden grossen
Gruppen, den Wagen und Reitern, schreiten die Fussgänger
vorauf, die Beamten, die Prozessionsmusik, Jünglinge mit Opfer-
gefässen und mit den Opfertieren und wieder vor diesen, als
Spitze des Zuges, die Mädchen mit den Opfergeräten, empfangen
von älteren und jüngeren Männern, die in ruhigen Gruppen
zusammenstehend den Zug erwarten. Das glänzendste Bild in
der Prozession bot die Parade der Reiter; in ihr zeigte sich die
athenische Jugend dem Volke in ihrer Tüchtigkeit. Die Darstellung
dieses Schauspieles nimmt in dem Friese am Parthenon
den breitesten Raum ein und fesselt vor den übrigen Teilen
des Reliefs, eine so grosse Fülle von Schönheit sie auch in
sich enthalten, den Blick durch die lebendige, abwechselungsreiche
Schilderung. Jeder einzelne von den vielen Reitern, wie
er sein Pferd in der Gewalt hat und sich nicht von dem Tiere
tragen lässt, sondern wirklich reitet, ist wie ein Muster guter
Reitkunst; jeder erscheint in der besonderen Art, wie er sein
Pferd behandelt, je nach der Aktion, ihm nachgiebt oder es
zusammenhält, wie ein Bild für sich, und doch ist bei aller
Mannigfaltigkeit des Einzelnen und Persönlichen das Ganze in
einer grossen, wohlgeordneten Einheit zu ruhiger Wirkung
zusammengeschlossen.

159. Charles Le Brun: Der Kölner Kaufmann Everhard
Jabach mit seiner Familie. Im Jahre 1646 kehrte Le Brun
von Rom nach Paris zurück und bald danach muss er den
kunstsinnigen Kölner als Freund seines Hauses gemalt haben.
Dem von seinem König verwöhnten Akademiker war es zu
allen Glücksgütern gerade nicht gegeben, das Herz des Beschauers
zu treffen; diesmal aber ist ihm, wie auch seinen
akademischen Enkeln David und Ingres, im Porträt sein Bestes
gelungen. — Goethe bezeugt im vierzehnten Buch von Wahrheit
und Dichtung den schönen Eindruck, den das Bild in der
von Jabachs Erben über ein Jahrhundert hin pietätvoll bewahrten
alten Einrichtung des Zimmers machte. — Das Bild
ist in Paris entstanden, wo Jabach als Direktor der Ostindischen
Bank lebte. Der Kunstfreund, dessen Familie schon von Rubens
ein kostbares Werk, die Kreuzigung Petri, erlangt hatte, ist in
seinem Arbeitszimmer geschildert, mit allem, was ihm Glück
und Erholung gewährt. Das um die Bronzebüste der Minerva
angeordnete Stillleben deutet auf seine Sammlerleidenschaft.
Eine berühmte Kollektion von Zeichnungen trug und trägt noch
heute seinen Namen, viele seiner Lieblingsstücke, die Colbert
im Auftrage des Königs erwarb, schmücken den Louvre. —
Mit der Gruppe der sanften, teilnehmenden Mutter und der
Kinder schliesst sich der Kreis dessen, was das Leben reich
und glücklich gemacht hat. Der Mutter Anne Marie de Groot
sehen die Kleinen, bis auf das Mädchen vorn, ähnlich; so
klingt es ganz selbstverständlich, dass Johanna Schopenhauer in
der Familie der damaligen Besitzer, von Groote, noch dieselben
Züge wiederzufinden glaubte. Als Freund hat der Maler im
Spiegel sein eigenes Bildnis hinzugefügt. — Bis gegen die
dreissiger Jahre hin befand sich das Bild im alten Jabachschen
Edelhof zu Köln, 1866 ist es versteigert und im Jahre darauf
für Berlin erworben.

160. Haug: Die Preussen bei Möckern. Der schwäbische
Künstler liebt die Zeit der Befreiungskriege als Dichter um ihrer
tiefen Empfindung, als Maler um ihres Kostüms willen. Ob er
den Kampf der Massen oder das Geplänkel schildert, den Marsch
oder die Schwermut vor der Schlacht, immer zwingt er den
Beschauer in die Situation hinein, bald mit sanftem Zuge, bald
mächtig ergreifend, kräftig und zart zugleich. — Schon der
Massstab dieses Bildchens, seines reichsten Werkes, bezeugt, dass
er sich von aller offiziellen Schlachtenmalerei fern hält. Was
er hier von dem Entscheidungskampf des York'schen Korps vor
Leipzig schildert, ist nicht lodernde Begeisterung, sondern das
tiefe Gefühl einer Notwendigkeit, die diese Helden der schweren
Zeit ausharren lässt. Wie die Brandung gegen ein Bollwerk
tost der feindliche Angriff, dass man den betäubenden Lärm zu
hören meint. Ueber dem Reichtum an wahrem Ausdruck und
Bewegung vergisst man beinahe die unendliche Kunst des
Malers, die in kühner Verkürzung des Einzelnen und des Ganzen
eine Menge von Scenen zusammenschiebt und durch den Raum
hin verteilt; und zu dieser an sich schon malerischen Komposition
kommt das feinste Kolorit: im herbstlichen Morgennebel und
dem Pulverdampf die grauen Mäntel, schimmernde Gewehrläufe,
Kochgeschirre, und aus der feinen silbergrauen Harmonie leuchtet
hin und wieder das Gelb eines Kragens auf.

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