Augustinermuseum Freiburg i. Br., 1009/11
Das Museum: eine Anleitung zum Genuß der Werke bildender Kunst
Berlin, 11. Band.[1911]
Seite: 49
(PDF, 164 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/das_museum_11/0227
Dürer, Nürnberg.
Wasser- und Deckfarbenmalerei, h. 0.16, br. 0.34. Bremen, Kunsthalle.

Albrecht Dürer als Zeichner.

ZEICHNUNGEN sind diekünstlerischenUrkunden,
die uns über die Art des Schaffens der alten
Meister belehren, und die Gedankenwelt, in der sich
jene bewegten, näher erschliessen, als es die ausgeführten
Werke allein im stände sind.

Vollendete Arbeiten sind für die Allgemeinheit
bestimmt, Studien und Skizzen vergleichbar intimen
Tagebuchblättern, die uns eine bedeutsame Persönlichkeit
vergangener Zeiten menschlich näher rücken.
Freilich offenbart sich der Wert der Zeichnungen
nicht dem nur oberflächlich Betrachtenden; sie wollen
genauer gelesen, studiert sein, um richtig verstanden
zu werden; aber Kenner und feine Sammler haben
immer die Zeichnungen alter Meister als besondere
Schätze gesucht und gehütet.

Der Vorrat an alten Zeichnungen, den wir besitzen
, verteilt sich sehr ungleichmässig auf die verschiedenen
Künstler und Schulen. Von vielen der
Berühmtesten und Grössten kennen wir kaum ein
echtes Blatt, so von Velazquez und Frans Hals; bei
anderen lässt sich fast ihre ganze Thätigkeit und
Entwickelung auch in ihren Handzeichnungen verfolgen
, so bei Dürer und Rembrandt. Die Zeit und
der Unverstand der Menschen haben viele der unscheinbaren
Blätter vernichtet, aber geistige Eigenart
und Richtung Hessen den einen häufiger zum
Zeichenstift und zur Feder greifen als den anderen.
Am meisten haben wohl jene Erfindungsreichen gezeichnet
, deren rastlos thätige Phantasie immer neue
Entwürfe bereitete, die, von denen Dürer sagt:

„Ein guter Maler ist inwendig voller Figur, und
wenn es möglich wäre, dass er ewig lebte, müsste
er immer Neues hervorbringen".

Ein solcher war Dürer selbst; in seinen Malereien,
Kupferstichen und Holzschnitten ist nur ein Teil
der Ideen niedergelegt, mit denen er sich trug.
Viele seiner glücklichsten Kompositionen sind nur
als Zeichnungen entworfen, meistens als leichte
Skizzen, selten, wie die berühmte „Grüne Passion"
der Albertina, ins Einzelne durchgeführt. Der Quell
seiner Erfindungsgabe war unerschöpflich. Daneben
hat Dürer fortwährend eine Menge oft lebensgrosser
Porträtköpfe mit der Kohle gezeichnet und auf seinen
Reisen Landschaften und Bauwerke skizziert mit
der Feder, mit Wasserfarben, oder mit dem Silberstift
.

Ist mehr als eine Zeichnung Dürers — wie die
Blätter der „Grünen Passion" — nicht Studie, nicht
Entwurf, sondern ein innerlich und äusserlich, den
Schöpfer und etwa den Auftraggeber befriedigendes,
abgeschlossenes Ganze, so reizte es den Meister zuweilen
mit dem zeichnenden Pinsel und mit virtuoser
Anwendung der Weisshöhung, an die Grenzen des
Erreichbaren gehend, geradezu gemäldeartige
Wirkungen, wenigstens, was die Illusion des Plastischen
angeht, zu erzielen. Das berühmteste Beispiel
solcher Bemühung ist das Diptychon, das anscheinend
als Hausaltärchen einem Freunde der Dürerschen
Zeichenkunst geschaffen, an Schärfe, Feinheit und
Gleichmässigkeit der Durchführung als ein äusserstes

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