Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 5. Band.1902
Seite: 76
(PDF, 174 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0094
-sr4^). DER WIENER HAGENBUND -C^=^

den ersten der Welt gehört, fordert konzentrierte
Aufmerksamkeit.

Aber für das hohe Niveau der Kunst in
Oesterreich, resp. in Wien, spricht die Ausstellung
des Hagenbundes mehr als die andere.
Die Kunst ist nämlich bei uns nicht erst in den
letzten Jahren entdeckt worden; der „östliche
Winkel" hat früher als mancher westlicher gelegene
Kunstpfleger und Künstler besessen. Die
Habsburger, die Familien Liechtenstein, Harrach
, Lanckoronski, Wilczek etc. haben stets
Fühlung mit den Talenten gehabt. Die mächtigen
Impulse, welche die österreichische Kunst
durch den Import von Klinger, Khnopff, Ryssel-
berghe u.a.erhalten hat, wären gar nicht denkbar
ohne eine bereits vorhandene Entwicklung.

Die Hagenbündler nun sind zumeist Talente
von echt heimischem Gepräge. Es ist kein
Ausländer unter ihnen, auch die auswärtigen
Mitglieder sind geborene Oesterreicher. Man
darf annehmen, dass diese strenge Abschlies-
sung auf die Dauer nicht durchführbar sein
wird, aber der Versuch an sich ist interessant
und ein gesunder Rückschlag gegenüber der
allzustarken Verherrlichung alles Fremden.
Die Landschafter sind in der Mehrheit. Das

GUSTAV BAMBERGER

(Wiener Hagenbund)

ist gleichfalls charakteristisch und wichtig.
Lange bevor mit dem Schlagwort „paysage
intime" die Landschaftskunst der Franzosen
hier bekannt wurde, haben unsere Landsleute
das Bedürfnis gefühlt, sich in die Schönheit
der Natur zu vertiefen, das freie Licht auf
Bäumen und Blüten spielen zu lassen, und
für ihre schön bewegten Gemüter Symbole
in der Natur zu suchen. Sie sind modern
gewesen, ohne es zu wissen. Von den Landschaftern
des Hagenbundes sind in erster
Linie Gustav Bamberger, Suppantschitsch
und Hans Wilt, von jüngeren Kräften Hans
Ranzoni und der hochbegabte Fritz von
Radler zu nennen, der eben, mit dem Staatsreisestipendium
belohnt, die Akademie verlassen
hat. Einen eigenen Platz unter den
Landschaftern beansprucht Eduard Kasparides
. Ich will versuchen, die einzelnen Persönlichkeiten
abzugrenzen, ohne die Grenzen
für unverrückbar zu erklären. Suppantschitsch
ist der Lyriker, der in seinen ruhigen ernsten
friedlichen Baumgruppen eine innige Empfindung
ausspricht. Bamberger und Ranzoni sind
die Naturwanderer, die mit frischem Blick
irgend ein farbiges Motiv aufgreifen; der erstere
arbeitet mit keckem Pinsel in die
Farbe hinein, der andere ist mehr
auf eine bildmässig abgerundete Wirkung
, auf effektvolle Luftstimmung
bedacht. Wilt hängt noch stark an
der alten „Scenerie", ein Schloss
oder ein Kirchlein im See oder an
der Berglehne, die schöne Vedute
schweben ihm vor. Kasparides endlich
ist der Pathetiker, er tritt immer
das Stimmungspedal, die Töne hallen
nach, verbreiten eine alle scharfen
Konturen einlullende glatte Dämmerung
von feierlicher Grösse über die
Landschaftsmotive. Hohe dunkle
Bäume spiegeln sich in glatten stillen
Wassern, rote Abendwolken ballen
sich über sattem Aehrenfeld. Er versucht
es auch, Figuren ins Bild zu
setzen, etwa ein nacktes Menschenpaar
, oder einen Zug von andächtigen
Kindern; doch gelingt es ihm
dann schwerer, die Stimmung einheitlich
durchzuführen. Radler ist
der modernste von allen, er ist virtuos
in der Technik, bringt Licht
und Schatten in Gruppen oder verwischt
mit Nebelluft das Bild, dass
alles Detail verschwindet. Er wird
wohl nicht bei der Landschaft
bachufer bleiben; Menschenmengen von geschlossener
Form, am liebsten nackte

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