http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0246
-sr-s^). VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <^W~
WIEN. Für die »Moderne Galerie« wurde aus
Berliner Privatbesitz Arnold Böcklin's
»Meeresidylle«, wie es heisst um den Preis von
100000 M., erworben.
V/1 ÜNCHEN. Nachlassausstellungen Faber du Faurs
undStaeblis. In der Galerie Heinemann war, wie
bereits kurz erwähnt, der Nachlass Faber du Faur's,
des glänzenden Meisters des Pferde-und Reiterbildes,
des brillanten Koloristen und geistreichen Technikers
ausgestellt. Faber du Faur gehörte nicht zu den Berühmtheiten
im landläufigen Sinne. Seine Sachen, so
bestechend sie mitunter auch für das Laienauge vermöge
des Glanzes seiner Palette sein mögen, sind ersichtlich
nichts weniger als zum Verkaufe gemalt.
Rasch concipiert und fertig gemacht, haben selbst seine
grösseren Kompositionen etwas von der Ursprünglichkeit
einer geistreichen Farbenskizze. Den prickelnden
Reiz einer höchst individuellen Malweise, einer kühnen
Spachteltechnik zu bewahren, scheint dem Autor
selbst zumeist die Hauptaufgabe gewesen zu sein.
Diese reizvolle Subjektivität der malerischen Ausdrucksmittel
verlieh auch den späten Arbeiten des
Siebzigers den Charakter des Modernen, Fortschrittlichen
, und bis zuletzt hat der alte Herr, sei es auf
den Ausstellungen der Secession oder der Luitpoldgruppe
, mit den jungen gleichen Schritt gehalten.
Auch im Publikum nannte man seine Kunst
»secessionistisch« und als er starb, war man erstaunt
, sein Alter zu erfahren; weder seiner Person
noch seiner Kunst hätte man die Zweiundsiebzig
angesehen. Otto von Faber war kein akademisch
geschulter »Kunstmaler«. Erst spät, in den dreis-
siger Jahren seines Lebens, hat er sich endgültig
der Malerei zugewandt. Vorher stand er als Dragoneroffizier
in württembergischen Diensten und
den alten schneidigen Rittmeister sah man ihm sein
Leben an, bis zu einem gewissen Grad sogar auch
seinen Bildern. Als Maler und Schilderer des
Reiterlebens sucht er seinesgleichen. Er war indes
so wenig Militärmaler in dem unkünstlerischen
Sinne eines Uniformenzeichners, wie Historien- oder
Kostümmaler überhaupt. Die koloristische Qualität,
der malerische Effekt, der Farbenfleck war ihm alles.
So darf man in einem gewissen Sinn von ihm behaupten
, dass seine Kunst impressionistisch war;
impressionistisch nicht in dem modernen Sinne
einer möglichst objektiven Naturwiedergabe, sondern
im Geist des geborenen Koloristen, der am
farbigen Abglanz das Leben hat. Glänzende Revuen,
prächtige Reiterattacken, farbenprächtige Reiterscenen
aus dem Orient waren seine Lieblingsgegenstände.
Die Freude an der sinnlichen Schönheit der Farbe,
an prunkvollen Accorden und rauschenden Symphonien
von ungebrochnen Farbtönen war bei ihm
gewiss ein glückliches Erbteil der Natur. Künstlerisch
ausgebildet wurde dieser Sinn vorwiegend
unter dem Eindruck des französischen Kolorismus,
den er auf einer Studienreise nach Paris in den
sechziger Jahren zu studieren Gelegenheit hatte. Nach
Deutschland zurückgekehrt, malte er im Meisteratelier
Piloty's ohne wesentlichen Gewinn. Für eine akademische
Schulung im strengen Sinn war der Kunstjünger
zu alt, und um sich vom Geist der Pilotyschule
beeinflussen zu lassen, glücklicherweise schon zu
selbständig. Sein eigentlicher Lehrer, obwohl er,
so viel uns bekannt, niemals bei ihm in die Schule
gegangen ist, heisst Delacroix. Ferner hat er im
Verlauf seiner Entwicklung Fortuny seinen Tribut
gezollt und auch Makart ist nicht spurlos an ihm
vorübergegangen; aber im wesentlichen war Art
und Gegenstand seiner Darstellung sein unbestreitbares
Eigentum. Nennen wir die Hauptstücke der
Nachlassausstellung, die »Parade der Garden vor
Napoleon dem Grossen«, dessen gespenstische Silhouette
ein Lieblingsmotiv des Künstlers war, die
in hellen Tönen gehaltenen »Rückzugsscene aus dem
russischen Feldzug«, den »Flussübergang tscher-
kessischer Reiter«, so erinnern wir damit an Werke,
die jedem Kunstfreund von den Münchener Ausstellungen
her bekannt sind. Dazu kamen zahlreiche
mehr oder weniger fertige Atelierstücke,
glänzende Farbenstudien aus dem Orient: Früchte
einer Studienreise in Spanien und an der nordafrikanischen
Küste, und nicht zuletzt die herrlichen
Wüstenscenen mit berittenen Beduinen im Sandsturm
und farbenprächtige Kavalkaden arabischer
Krieger. Seine besondere Liebe waren die lang-
mähnigen Berberrosse, die unter der glühenden
afrikanischen Sonne in allen Farben, bald metallischschimmernd
, bald zart leuchtend in magischer Transparenz
erstrahlen. Besonders glücklich war Fabers
leichte Hand auch in den Techniken der Pastell-
und Gouache-Malerei. Zahlreiche, spielend hingeworfene
Blätter dieser Art vervollständigen die interessante
und dankenswerte Ausstellung. — Neben der
aristokratischen Erscheinung Otto von Fabers wirkt
die schlichte Figur Adolf Staebli's, des zu früh
verstorbenen Landschafters, auf den ersten Blick
fast ein wenig schwerfällig. Ein biederer Schweizer
wie er war, wusste er nichts aus sich zu machen,
und sein Name ist, zumal in letzterer Zeit, kaum
über seinen Freundeskreis hinausgedrungen. Nun
haben pietätvolle Freunde sich seines Nachlasses
angenommen und, was an Bildern und Skizzenblättern
in dem verlassenen Studio umherlag und
hing, ward zu einer bei näherem Zusehen geradezu
ergreifend anmutenden Ausstellung im Münchener
Kunstverein zusammengebracht. So suchten treue
Freunde gut zu machen, was das Leben an diesem
echten Künstler, der Jahre hindurch mit bitterster
Not zu kämpfen hatte, gefehlt hat. Ein wahrer Poet,
der er war, ein Dichter, von seltenem Naturgefühl
beseelt, hat auch er eigentlich nur für sich gemalt,
nur dem inneren Drange folgend. Ein fabelhaftes
Temperament spricht aus diesen, mit fliegender
Hast hingeworfenen Skizzen, ein Feuer und Ungestüm
, das den Natureindruck in seiner ganzen Unmittelbarkeit
festzubannen sucht. War doch auch
die bewegte Landschaft, sturmgeschüttelte Eichen,
rauschende Wässer und schwankende Birkenhaine
seine eigentliche Domäne. Auch er war, wenn man
will, ein Impressionist, nicht mit Pinsel und Spachtel,
sondern mit dem Zeichenstifte. Mit erstaunlich
wenigen Mitteln verstand Staebli es, die Formen in
ihrer charakteristischen Eigenart wiederzugeben, indem
er sie in verblüffender Weise vereinfachte.
Dabei war seine Zeichenkunst frei von aller Manier,
und jeder neue Vorwurf scheint ihm, der auf Technik
keinen Wert legte, neue Ausdrucksmittel zu
liefern. So werden diese höchst eigenartigen Blätter,
die äusserlich so geringfügig, ja nachlässig anmuten,
ein Zeugnis bleiben, dass in unserer Zeit der malerischen
Auflösung alles Gegenständlichen in Luft-
und Lichtphänomene unerkannt von den meisten
seiner Zeitgenossen ein Zeichner von lebendigstem
Gefühl für Form und Linie lebte und — zu Grunde
ging. Wie sich in diesem Dichtergeist Skizze und
Erinnerungsbild zum grossen Bild gestalteten, davon
gab die Ausstellung interessante Beispiele. Staebli
schulmeisterte die Natur nicht, aber, da er sie be-
sass, kommandierte er sie. Es ist erstaunlich, wie
er zerstreute Motive unter einem Gesichtspunkte zu
einem neuen herrlichen Ganzen, zu einer grossen
Gesamtwirkung zusammenzufassen versteht, wie er
der poetischen Idee bei aller Treue gegen die Natur
212
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_05_1902/0246